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Rückkehr von den Sternen

Rückkehr von den Sternen

Titel: Rückkehr von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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konnte schweigend wiederholen: »Ich bin wirklich, ja, wirklich dort gewesen« – aber diese Bestätigung schwächte mein uferloses Staunen durchaus nicht ab. Eri zuckte zusammen. Ich wollte weiterrücken, ihr mehr Platz verschaffen, aber plötzlich spürte ich ihren Blick.
    Â»Schläfst du nicht?« flüsterte ich. Ich beugte mich über sie, wollte mit meinem Mund den ihrigen berühren, aber sie legte die Fingerspitzen auf meine Lippen. So hielt sie sie eine Weile, glitt dann damit über mein Schlüsselbein bis zur Brust, fuhr um eine harte Vertiefung zwischen den Rippen herum und drückte ihre Handfläche daran.
    Â»Was ist das?« flüsterte sie.
    Â»Eine Narbe.«
    Â»Was war denn das?«
    Â»Ich hatte einen Unfall.«
    Sie verstummte. Ich spürte, daß sie mich ansah. Sie hob den Kopf. Ihre Augen waren nur Dunkelheit, ohne Licht, ich sah kaum den Umriß ihres Armes, atmend und weiß.
    Â»Warum sagst du nichts?« flüsterte sie.
    Â»Eri …«
    Â»Warum willst du nicht sprechen?«
    Â»Von den Sternen?« verstand ich plötzlich. Sie schwieg. Ich wußte nicht, was ich sagen sollte.
    Â»Meinst du, ich würde es nicht verstehen?«
    Ich sah sie so nahe an, durch die Dunkelheit, durch das Rauschen des Ozeans, das das Zimmer füllte und wieder verließ, und wußte nicht, wie ich es ihr erklären sollte.
    Â»Eri …«
    Ich wollte sie in die Arme nehmen. Sie löste sich aber und setzte sich im Bett auf.
    Â»Du brauchst nicht zu sprechen, wenn du nicht willst. Aber sag, warum.«
    Â»Weißt du es nicht? Wirklich?«
    Â»Jetzt weiß ich es bereits. Du wolltest mich … schonen?«
    Â»Nein. Ich habe ganz einfach Angst.«
    Â»Wovor?«
    Â»Das weiß ich selber nicht so recht. Ich will das alles nicht aufwühlen. Ich verschweige dir nichts. Es wäre auch ganz unmöglich. Aber sprechen – würde – so scheint mir – bedeuten – sich in all dem einzuschließen. Vor allem vor dem, was es gibt… jetzt…«
    Â»Ich verstehe«, sagte sie leise. Der weiße Flecken ihres Gesichts verschwand, sie ließ den Kopf hängen. »Du meinst, ich halte es für nichts Beson …«
    Â»Nein, nein«, versuchte ich sie zu unterbrechen.
    Â»Warte, jetzt rede ich. Was ich über die Astronautik denke, und auch die Tatsache, daß ich selbst die Erde nie verlassen werde, das ist eine Sache. Dies hat aber mit dir und mir nichts zu tun. Oder eigentlich schon: denn wir sind ja zusammen. Anders – wären wir es nicht, niemals. Sie ist für mich – du. Daher möchte ich so sehr … aber du mußt nicht. Wenn es so ist, wie du sagst. Wenn du es so empfindest.«
    Â»Ich werde sprechen.«
    Â»Aber nicht heute.«
    Â»Heute.«
    Â»Lege dich bitte hin.«
    Ich fiel auf die Kissen. Sie ging auf den Zehenspitzen, weiß in der Dunkelheit. Sie zog die Gardine zu. Die Sterne verschwanden, nur das langgezogene, mit einer toten Hartnäckigkeit wiederkehrende Rauschen des Pazifiks blieb. Ich sah schon fast nichts mehr. Ein Lufthauch verriet ihre Schritte, das Bett gab nach. »Hast du schon einmal ein Raumschiff von der Klasse des ›Prometheus‹ gesehen?«
    Â»Nein.«
    Â»Es ist sehr groß. Auf Erden würde es ein Gewicht von über dreihunderttausend Tonnen haben.«
    Â»Und ihr wart nur so wenige?«
    Â»Zwölf. Tom Arder, Olaf, Arne, Thomas – die Piloten. Na, und dann ich. Und sieben Wissenschaftler. Aber wenn du meinst, es wäre dort leer gewesen, dann irrst du. Neun Zehntel der Masse – war der Antrieb. Die Photoaggregate. Die Lager, die Vorräte, die Reservevorrichtungen – der Wohnteil ist dort nicht groß. Jeder von uns hatte seine Kabine, ohne noch die gemeinsamen Räume mitzuzählen. In der Rumpfmitte – die Zentrale und kleine Landungsraketen und Sonden, noch kleiner, zur Entnahme von Koronaproben…«
    Â»Warst du über Arkturus – in einer solchen Sonde?«
    Â»Ja. Mit Arder.«
    Â»Warum seid ihr nicht zusammen geflogen?«
    Â»In einer Rakete? Weil das die Chance verringert.«
    Â»Wieso?«
    Â»Die Sonde ist die Kühlung, weißt du. Sie ist wie – wie ein fliegender Kühlschrank. Soviel Platz nur, daß man sitzen kann. Man steckt in einem Eispanzer. Dieses Eis taut von außen her und erstarrt wieder auf den Röhren. Die Kompressoren können

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