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Rückkehr von den Sternen

Rückkehr von den Sternen

Titel: Rückkehr von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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so?« fragte er leise.
    Â»Weil es einen Unterschied zwischen dem Heldentum und der Notwendigkeit gibt. Ich tat das, was jeder tun würde. Doktor, um das zu verstehen, muß man dort sein. Der Mensch ist so eine flüssige Blase. Es genügt ein defokalisierter Schub oder entmagnetisierte Felder, dann entsteht eine Vibration, und im Nu gerinnt das Blut. Beachten Sie bitte: Ich spreche nicht über die äußeren Ursachen, wie Meteore, sondern nur über die Folgen von Defekten. Irgendeine kleine Sauerei, irgendein durchgebrannter Draht im Funk genügt schon – und dann kommt es. Sollten bei derartigen Expeditionen unter solchen Umständen auch noch die Menschen versagen, so wäre das Ganze reiner Selbstmord gewesen, begreifen Sie?« Für eine Sekunde, schloß ich die Augen. »Doktor – fliegen die hier jetzt nicht mehr? Wie ist das möglich?«
    Â»Würden Sie wieder fliegen?«
    Â»Nein.«
    Â»Warum?«
    Â»Das sage ich Ihnen. Keiner von uns wäre geflogen, hätte er gewußt, wie es dort ist. Das weiß eben niemand. Niemand, der nicht dort gewesen ist. Wir waren ein Haufen zu Tode erschrockener, verzweifelter Tiere.«
    Â»Wie vereinbaren Sie das mit dem, was Sie vor einer Weile gesagt haben?«
    Â»Ich vereinbare es nicht miteinander. So war es. Wir hatten Angst. Doktor, als ich auf Arder wartete – da um diese Sonne kreisend –, habe ich mir verschiedene Personen ausgedacht und mit ihnen gesprochen, für sie und für mich selbst, und am Ende glaubte ich, daß sie mit mir flögen. Jeder rettete sich, wie er konnte. Denken Sie bloß mal nach, Doktor. Ich sitze hier, vor Ihnen, habe mir eine Villa gemietet, ein altes Auto gekauft, will lernen, lesen, schwimmen … aber all das habe ich in mir. Das steckt in mir, dieser Raum, diese Stille, und wie Venturi um Hilfe schrie und ich, statt ihn zu retten, vollen Schub nach rückwärts gegeben habe.«
    Â»Warum?«
    Â»Ich führte den ›Prometheus‹, Ennessons Reaktor fiel aus. Der konnte uns alle zersprengen. Er explodierte aber nicht; würde uns also nicht vernichten. Vielleicht hätten wir noch Zeit gehabt, ihn herauszuziehen, aber ich hatte kein Recht, alles zu riskieren. Damals, mit Arder, war es umgekehrt. Ich wollte ihn retten, und Gimma rief mich, weil er Angst hatte, daß wir beide umkämen.«
    Â»Bregg… sagen Sie mir, was habt ihr von uns erwartet? Von der Erde?«
    Â»Keine Ahnung. Habe nie darüber nachgedacht. Es war, als ob einer über das Leben nach dem Tode oder über das Paradies sprechen würde. Keiner konnte es sich vorstellen. Sprechen wir nicht mehr davon. Ich wollte Ihnen eine Frage stellen: Wie ist es mit dieser … Betrisierung?«
    Â»Was wissen Sie darüber?«
    Ich sagte es ihm – aber kein Wort davon, unter welchen Umständen und von wem ich es erfahren hatte.
    Â»Ja«, sagte er. »Ungefähr … der Durchschnitt stellt sich das so vor.«
    Â»Und ich?«
    Â»Das Gesetz sieht für euch eine Ausnahme vor, da die Betrisierung von Erwachsenen ein für die Gesundheit nicht unschädlicher, sogar gefährlicher Eingriff ist. Ansonsten meint man – wohl auch nicht ohne Grund –, daß ihr die Probe einer moralischen Haltung … bestanden habt. Übrigens seid ihr … nicht viele.«
    Â»Noch eins, Doktor. Sie sprachen von den Frauen. Warum haben Sie mir das gesagt? Aber vielleicht nehme ich Ihre Zeit zu lange in Anspruch?«
    Â»Nein. Keineswegs. Warum ich es gesagt habe? Welche nahestehenden Menschen kann einer wohl haben, Bregg? Eltern. Kinder. Freunde. Frauen. Eltern oder Kinder haben Sie nicht. Freunde können Sie keine haben.«
    Â»Warum?«
    Â»Ich denke dabei nicht an Ihre Gefährten, obwohl ich nicht weiß, ob Sie ständig in ihrem Kreise verweilen möchten, sich erinnern …«
    Â»Großer Gott, nein!«
    Â»Na – also? Sie kennen zwei Zeitalter. Im vergangenen verbrachten Sie Ihre Jugend, und das jetzige werden Sie bald kennen. Zählt man die zehn Jahre hinzu, so ist Ihre Erfahrung kaum mit der von Gleichaltrigen vergleichbar. Also können sie auch keine gleichwertigen Partner sein. Wollen Sie unter Greisen leben? Was Ihnen bleibt, sind die Frauen. Nur die Frauen.«
    Â»Eher wohl nur eine«, murmelte ich.
    Â»Eine ist heute schwer zu finden.«
    Â»Wieso?«
    Â»Es ist ein Zeitalter des Wohlstands, was – in die

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