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Rücksichtslos

Rücksichtslos

Titel: Rücksichtslos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Slottke
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in den Park hineinging, desto mehr nahm das ungute Gefühl zu. Mit hellwachen Sinnen setzte sie ihren Weg langsam fort. Die geladene Pistole in ihrem Gürtelholster drückte unter der Jacke beruhigend gegen ihre Hüfte. Plötzlich hörte sie Schritte hinter sich, die durch den Schnee gedämpft wurden. Sie wandte sich kurz um. Eine junge Frau ging hinter ihr her. War sie das? Katharina ging weiter, hielt unbewusst den Atem an. Doch die Person lief mit raschen Schritten an ihr vorbei und warf ihr nur einen prüfenden Blick zu. Der Rücken der Frau sah seltsam ausgebeult aus, doch Katharina machte sich darüber keine weiteren Gedanken. Sie wartete noch immer darauf, angesprochen zu werden. Die Zeit verrann und so langsam wurde sie ungeduldig. Da kam die Frau ihr wieder entgegen.
    „ Kommen Sie mit“, murmelte sie im Vorbeigehen.
    Katharinas Herz machte einen Satz. Also doch! Die Frau ging gemächlich weiter. Von Weitem musste es so aussehen, als wären sie zufällig ins Gespräch gekommen.
    „ Sie sind … ?“, fragte sie.
    „ Kommissarin Katharina Bergen.“
    „ Gut.“ Sie blickte sich ängstlich um. „Die toten Frauen“, flüsterte sie, „ich weiß, wer sie umbringen lässt.“
    Katharinas Herz machte einen Satz. „ Wer?“
    „ Der Gönner … ein großer kräftiger Mann … dort sind noch mehr Frauen … der Pro … “
    Sie stockte, es kam nur noch ein unverständliches Gebrabbel über ihre Lippen. Katharina blickte sie verwundert an. Das zarte Gesicht der jungen Frau war schmerzverzerrt, die Augen ungläubig auf gerissen. Ihre Hände pressten sich auf den Bauch.
    „Mein Baby … “, stammelte sie kaum hörbar.
    Im nächsten Moment vernahm Katharina ein leises Ploppen, und auf der Stirn der Frau erschien ein runder Kreis. Darauf hin brach sie vor ihren Augen zusammen. Katharina warf sich instinktiv in den Schnee und dreht sich um ihre eigene Achse. Direkt neben ihr schlug eine Kugel in den Boden ein. Schnee stob zur Seite. Rasch sprang sie wieder auf und rannte so schnell sie konnte im Zickzack auf den nächsten Baum zu. Eine Kugel zischte an ihrem Kopf vorbei und schlug im Gebüsch vor ihr ein. Schnee wirbelte in alle Richtungen von den wackelnden Ästen. Endlich erreichte sie die Baumgruppe, warf sich mit einem Hechtsprung dahinter und kauerte sich schwer atmend in Deckung. Vorsichtig spähte sie hinter dem Stamm hervor in die Richtung, aus welcher der Schuss gekommen sein musste. Doch Katharina konnte niemanden sehen. Der Grüneburgpark war gespenstisch leer. Benommen starrte sie zu der Frau, die keine fünfzig Meter von ihr entfernt seltsam verzerrt auf der Seite lag. Gleichzeitig nahm sie wahr, dass vier Männer vom Parkeingang her losrannten.
    Keine Minute später stand Thomas mit drei Kollegen neben der Frau. Sie hielten ihre Waffen schussbereit. Nach einem kurzen Rundumblick rannten die Kollegen ohne Thomas weiter. Dieser bückte sich zu der Frau hinunter, hielt die Finger an deren Hals und telefonierte, ohne dabei die Umgebung aus den Augen zu lassen. Anschließend gab er Katharina ein Zeichen, und sie verließ ihre Deckung. Wie in einem Tunnel wankte sie auf ihren Kollegen und die am Bod en liegende Frau zu. Deren tote Augen starrten sie scheinbar anklagend an. Das Gesicht war auch im Tod noch schmerzverzerrt. Unter ihrem Körper hatte sich im weißen Schnee eine rote Lache ausgebreitet. Im nächsten Moment schien die Sonne durch die Wolkendecke und verlieh der Szenerie etwas Irrationales. Einige der Schneekristalle, die das Blut aufgesaugt hatten, leuchteten rot auf. Das sich reflektierende Licht wäre schön gewesen, wenn nicht Blut diese Verwandlung hervorgerufen hätte. Katharina konnte kaum den Blick von der Frau abwenden. Schon wieder war ein junges Leben viel zu früh gewaltsam ausgelöscht worden. Sie fühlte sich schrecklich und eine ungewohnte Trauer nahm von ihr Besitz. Dann vernahm Katharina ein leises Wimmern. Es schien von der Toten zu kommen, und eine eisige Klaue legte sich um Katharinas Herz. Sie fühlte sich wie gelähmt. Im nächsten Moment wurde aus dem Gewimmer das Schreien eines Kindes, und sie wusste, was der ausgebeulte Rücken verborgen hatte.
    Beinahe gleichzeitig bückten sich Katharina und Thomas zu der Toten hinab und öffneten deren Winterjacke. Direkt neben dem Reißverschluss sahen sie ein Einschussloch. Die Kleidung darunter war blutdurchtränkt. Das Kind befand sie in einem auf den Rücken der Toten gebundenen Tuch. Katharina öffnete mit zittrigen Händen

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