Rücksichtslos
recherchieren. Zwei Stunden später fand Philipp sie hochkonzentriert und nur mit einem Schlafanzug bekleidet am Tisch sitzen.
„ Willst du wieder krank werden?“
Katharina zuckte zusammen. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie eiskalte Füße hatte. Ohne ein Wort zu sagen, sprang sie auf und zog sich etwas Wärmeres an.
Nachdenklich setzte sie sich wieder hin. Ihr Zukünftiger werkelte in der Küche. Kaffeeduft strömte zu ihr herüber.
Alles ist möglich. Was Katharina heute Morgen gelesen hatte, war zum einen faszinierend, andererseits erschreckte es sie zutiefst. Aber konnte das sein? Bevor sie nicht noch mehr wusste, waren es reine Vermutungen. Und sie musste Jürgen nochmals befragen. Nachdem sie ihr schweigsames Frühstück beendet hatten, stand sie auf. Philipp schaute sie verwundert an.
„ Ich muss heute in die Direktion. Und anschließend noch zu Jürgen Hagen.“
„ Was willst du von Jürgen?“
„ Ich muss ihm noch mal ein wenig auf den Zahn fühlen.“
„ Hältst du das für eine gute Idee? Er ist ziemlich sauer.“
„ So?“ Katharina fuhr ihn aufgebracht an. „Er ist sauer? Das ist mir egal. Wir finden eine Tote nach der anderen. Und eines sage ich dir, dein Jürgen weiß etwas.“
Mit diesen Worten drehte sie sich um und rauschte wütend davon.
Sie war noch immer aufgebracht, als sie die Tür zu ihrem Büro aufstieß.
„ Welche Laus ist dir über die Leber gelaufen?“, fragte Thomas, der schon in die Arbeit vertieft war. Sie erzählte ihm kurz vom heutigen Morgen. Doch sollte sie ihm auch ihre Überlegungen mitteilen?
„ Und was geht dir sonst noch durch den Kopf?“
„ Woher …?“
Thomas grinste sie an. „Ich kenne dich. Vergiss das nicht.“
„ Meine Idee ist noch ziemlich unausgegoren. Und ziemlich verrückt.“
„ Noch verrückter als damals?“
Katharina lächelte. Er spielte auf die Ereignisse an, als sie Philipp kennengelernt hatte.
„ Nein.“
„ Na. Dann schieß mal los.“
„ Nichts ist unmöglich“, meinte Thomas nachdenklich, als sie fertig war. „Aber wie sollen wir das konkretisieren?“
„ Ich werde Hagen ausquetschen.“ Sie zog bereits ihre Jacke an.
„ Allein?“ Thomas zog skeptisch die Augenbrauen hoch.
„ Warum nicht? Ich weiß, worauf ich mich einlasse.“ Mit diesen Worten hastete sie, von einem Gefühl der Unruhe gepackt, aus dem Büro.
Eine Viertelstunde später stand Katharina vor dem Haus der Hagens. Obwohl mitten am Tag, fand sie alle Rollläden her unter gelassen vor. Sie drückte dennoch auf den Klingelknopf. Wie erwartet, rührte sich nichts und niemand. Eine ältere Dame schob langsam ihren Rollator hinter ihr vorbei. Dabei musterte sie sie neugierig, bevor sie zwei Häuser weiter stehen blieb, um ihre Hausschlüssel aus einer abgegriffenen Leder handtasche zu holen. Katharina lief mit großen Schritten zu ihr.
„ Entschuldigung. Ich wollte die Hagens besuchen. Aber an scheinend sind sie nicht daheim.“
„ So?“
Die alte Dame musterte Katharina von oben bis unten, und sah ihr mit erstaunlich festem und prüfendem Blick lange in die Augen. Katharina hielt ihm stand, bis die Alte zum Haus der Hagens sah.
„ Das Haus sieht schon seit zwei Tagen so aus. Ich glaube, die sind weggefahren.“
„ Haben Sie sie wegfahren sehen?“
„ Nein.“ Sie überlegte. „Es ist bestimmt fast eine Woche her, dass ich einen der beiden zu Gesicht bekommen habe. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Mir wird kalt!“
Mit diesen Worten schloss sie ihre Haustür auf, bugsierte den Rollator in den Hauseingang und ließ die Tür polternd hinter sich zufallen.
Unschlüssig ging Katharina zurück. Sie zückte ihr Mobiltelefon und wählte zuerst Jürgen Hagens Festnetz- und anschließend seine Handynummer. Doch bei beiden Apparaten sprang nur der Anrufbeantworter an. Sie seufzte und stieg unzufrieden wieder ins Auto. Sollte sie zur Uni fahren? Aber wenn sie nicht sicher war, ihn dort zu finden, wäre das unsinnig. Wahrscheinlich wollte er nicht erreicht werden.
Einige Häuserblocks weiter fiel ihr eine Apotheke auf. Ha. Hier könnte sie sich einen Schwangerschaftstest besorgen. Dann wäre sie nicht mehr im Unklaren über ihren Zustand. Die Apotheke war jedoch geschlossen, und die, die am Neujahrstag Notdienst hatte, war zu weit weg. Als Katharina wieder zum Auto zurückging, sprang ihr das Straßenschild ins Auge. Kurzentschlossen und ohne weiter darüber nachzudenken, fuhr sie die Straße hinunter und bremste wenig später vor
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