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Rückwärtsleben: Roman (German Edition)

Rückwärtsleben: Roman (German Edition)

Titel: Rückwärtsleben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Watson
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darauf, Patsys Ausrüstung und ihr kleines Gefolge aufzunehmen. Keine Menschenseele war zu sehen. Natürlich konnte man annehmen, dass Patsy mit ihren Leuten zusammen und dass alles in Ordnung war. Doch da ich nicht wusste, wo sich Neil herumtrieb, kam mir Stevens Gesicht in den Sinn, das zu einem charakteristischen Ausdruck des Argwohns und der, wie ich inzwischen glaubte, stillen Bitte um Gemeinschaft erstarrt war. Als die Tür beunruhigend leicht nachgab, fand ich mich in einem schmalen, schummrigen Korridor wieder, der nach vorn in den Club führte. Links und rechts befanden sich Türen; hinter einer von ihnen musste sich Patsy aufhalten. Als ich noch überlegte, welche die richtige war, schrillte der Schrei einer Frau durch den Gang.
    Während mein Magen in alle Richtungen gleichzeitig schlingerte, erreichte ich die linke Tür, und ein weiterer, leiserer, kläglicherer Schrei folgte dem ersten. Ich drückte dagegen, ohne Erfolg, und riss fast den Griff ab, ehe ich mich genug konzentrieren konnte, um ihn zu drehen. Die Tür öffnete sich, und meinen furchtsamen Augen bot sich ein bizarrer Anblick: drei Frauen in verschiedenen, aber fortgeschrittenen Stadien des Entkleidens lagen in einer Reihe auf dem Boden, jeweils halb begraben unter einer kräftigen Männergestalt. Als zwei von den Kerlen hochfuhren, erkannte ich die Countryband, die vor Patsy gespielt hatte. Der Schlagzeuger hatte den Kopf zwischen den Beinen der dünnsten Frau, die offenbar auch die Schreie ausgestoßen hatte; in der lastenden Stille, die eintrat, als ich meinen Irrtum bemerkte, gab sie weiter Laute irgendwo zwischen Kichern und Schluchzen von sich.
    »Scheiße, was …?«, fing der Bassist an, doch ich wich bereits schwitzend vor Verlegenheit zurück. Wie hatte ich nur die Geräusche einer Backstage-Orgie mit den Schreien eines Opfers verwechseln können? Vielleicht waren auch diese Frauen in gewisser Weise Opfer, allerdings schienen sie mehr als zufrieden mit ihrem Schicksal. Der Anblick hatte mich zwar angewidert, aber zu meiner Schande auch leicht erregt. So schnell wie möglich floh ich hinaus an die frische Luft und stieß direkt auf Neil. Schuldbewusst beäugten wir uns: zwei Eindringlinge.
    Um das Schweigen zu durchbrechen, kam nur eine Bemerkung über das Konzert infrage. »Ja, sie war nicht schlecht heute.« Mit seiner beiläufigen Zustimmung erhob Neil Anspruch auf überlegenes Wissen wie ein Kenner, der einen edlen Wein als mittelmäßig abtut.
    »Wollen Sie mit ihr reden?« Ich bemühte mich um einen möglichst unbedrohlichen Ton.
    »Vielleicht.« Er klang eher nachdenklich als ausweichend. »Bin mir nicht sicher, ob das gut ist. Nach einem Auftritt verschwindet sie meistens ziemlich schnell, also sehen wir uns oft gar nicht. Aber sie findet es einfach frustrierend, dass sie alles für sich behalten muss, wenn er da ist.« Wie Steven nannte Neil seinen Rivalen nicht beim Namen.
    »Für sich behalten …?«
    »Ja.« Neil musterte mein Gesicht, wie schon Steven es getan hatte, um meine Vertrauenswürdigkeit abzuschätzen. »Ich meine, beim Singen lässt sie es irgendwie raus, aber das dauert nur so kurz, und dann ist es wieder vorbei. Eigentlich können wir uns nur kleine Nachrichten und Sachen schicken. Sie muss ihre ganzen Gefühle für mich unterdrücken.«
    Die Wahnvorstellungen eines Patienten infrage zu stellen ist so gefährlich wie das Schütteln eines Schlafwandlers, aber die Aufrechterhaltung der Illusion kann noch gefährlicher sein: In Witching hatte sich einmal ein Junge beide Beine gebrochen, weil ihm seine abergläubische Mutter erlaubt hatte, im Schlaf aus dem Fenster zu steigen, statt ihn aufzuwecken.
    Ich beschloss, etwas zu riskieren. »Patsy schickt Ihnen keine Nachrichten. Sie will nicht, dass Sie ihr weiter schreiben. Sie liebt Sie nicht.«
    »Sie glauben mir nicht?« Er griff in die Jackentasche und zog ein sauber gefaltetes Blatt Papier heraus. Nachdem er es mir mit theatralischer Behutsamkeit in die Hand gelegt hatte wie eine unbezahlbare Reliquie, beobachtete er, wie sich mein Gesicht veränderte. Es war der Song »Night and Day« in Patsys eigener Handschrift, da war ich mir ziemlich sicher. Nachdem ich den Text, der hier und da Flecken und Ausstreichungen aufwies, genauer in Augenschein genommen hatte, hatte ich keinen Zweifel mehr, dass es sich tatsächlich um ein Original handelte: Noch vor Kurzem musste es in dem Stapel Notenblätter in Patsys Studio gelegen haben. Ich war völlig entgeistert. Mit

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