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Rückwärtsleben: Roman (German Edition)

Rückwärtsleben: Roman (German Edition)

Titel: Rückwärtsleben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Watson
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nun, von …« Plötzlich hatte ich eine Eingebung, was meinem schwerfälligen Verstand nicht oft passierte. »Aus welcher Gegend von England stammt deine Familie?«
    »Aus London«, antwortete sie. »Aber die Verwandten meines Vaters sitzen alle in East Anglia. Was hat das mit den Träumen zu tun?«
    »Ich überlege gerade …« Mit einem Schlag war ich ganz aufgeregt. »Vielleicht hast du diese Erinnerungen … sozusagen … von einer Vorfahrin geerbt.« Das Gefühl, von der Inspiration getragen zu werden, war berauschend: Welche unausgeformte Vermutung kam mir wohl als Nächstes über die Lippen?
    »Was, über meine Gene , meinst du?«
    »Ja. Es gibt viele Dinge in der Genetik, die uns noch nicht bekannt sind. Zum Beispiel die Übertragung von Informationen und Persönlichkeit.« Ich redete mich allmählich in Fahrt – ein Psychiater, selbst ein verbissen rational denkender, fühlt sich immer dann besonders fest im Sattel, wenn er darüber spricht, wie wenig wir wissen. »Es gibt belegte Fälle, in denen Menschen unter Hypnose Informationen mitgeteilt haben, die sie gar nicht besitzen konnten, außer … jemand hatte sie ihnen vermacht.«
    Eine geheimnisvolle Vorfahrin in Witching, ein im Verborgenen weitergereichtes Schamgefühl, das unerkannt in den Verliesen aufeinanderfolgender Ripley-Gehirne geschlummert hatte und jetzt zufällig geweckt worden war? Sicherlich glaubhafter als die Idee eines Fluchs, aber dennoch ein Gebräu aus Fakten, Fiktionen und Annahmen, das fast so beliebig war wie ein Volksmärchen.
    Da Lily jedoch ein wenig versöhnt wirkte, fuhr ich fort: »Probier es doch noch einmal. Mach den Auftritt heute Abend. Vielleicht fällt es dir leichter, weil du das Wissen um den Fluch an den Tag gebracht hast.«
    Ihre Finger umklammerten noch immer den Hörer, doch mit geringerer Entschlossenheit.
    »Außerdem brauchst du Zeit, um dir die Sache durch den Kopf gehen zu lassen … dieses ganze …« Ich deutete auf das Diktaphon und im weiteren Sinn auf den verwirrten Geist, der sich dahinter verbarg. »Treffen wir uns nach der Vorstellung. Ich werde mir untertags eine Behandlung überlegen, und wenn du dann immer noch der Meinung bist, dass du was Drastisches unternehmen musst, dann können wir …«
    Ich ließ den Satz unvollendet als Blankoscheck, den sie mit der Verheißung irgendeiner für sie tröstlichen spirituellen Lösung ausfüllen konnte. Lange umarmten wir uns, und sie drückte mir dankbar die Hand. Ich blickte in ihre Augen und fragte mich, ob ich je begreifen würde, was dahinterlag. Noch hielt ich das für möglich, aber ich musste einen Weg finden, um sie davon zu überzeugen, dass man das scheinbar Übernatürliche wissenschaftlich erklären konnte. Allerdings musste ich davor erst einmal mit mir selbst ins Reine kommen.
    Heute könnte ich alles Wissenswerte über den Stammbaum der Familie Ripley im Internet erfahren und würde dafür nicht einmal so lange brauchen wie für das Tippen dieses Satzes. Aber Mitte der Achtziger war das Fahnden nach einem bestimmten Namen im Schlickhaufen der gesammelten Welttrivialitäten wie die Suche nach einer Kontaktlinse am Strand. Die Fullman Library verfügte über Tausende von englischen Gemeindeurkunden auf Mikrofilm, und ich hatte nicht annähernd genug Zeit, um all diese Informationen zu sichten. Wenn ich die körnigen Bilder nach Spuren von Lilys Erbe durchforstete, glich das nicht nur einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen – ich war mir obendrein nicht einmal sicher, wo sich der Heuhaufen befand. Inzwischen war es bereits zwei Uhr: Lilys entscheidender Termin mit den Filmleuten stand bevor, und in achtundvierzig Stunden flog ich nach Hause.
    Mehrmals musste ich mich aus dem Dilemma befreien, dass ich mit Sorgen wegen der knappen Zeit Zeit verschwendete. Doch meine Aufmerksamkeit wurde wenigstens teilweise belohnt. In einem Wust von uninteressanten Hexenzeugnissen stieß ich auf mehrere Berichte über den Witching-Prozess. Zwar beschränkten sich die meisten davon auf wenige Absätze (wie ich schon immer befürchtet hatte, war der Ort so unbedeutend, dass er nicht einmal auf dem Gebiet, dem er seinen Namen verdankte, eine Attraktion darstellte), und einige zentrale Fakten waren umstritten, aber drei Quellen nannten eine Frau namens Rebecca Pelley oder Pulley als eine der hingerichteten Personen. Nirgendwo war Lilys Erzählung über die niedergebrannte Scheune belegt. Die Urkunden verrieten lediglich, dass die Frauen »dem Tode auf dem

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