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Rückwärtsleben: Roman (German Edition)

Rückwärtsleben: Roman (German Edition)

Titel: Rückwärtsleben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Watson
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Beerdigung seines Bruders Tom, die er ebenfalls hatte organisieren müssen.
    »Ich erwarte auch einige Verwandte deiner Mutter als Trauergäste«, bemerkte er. »Leute, die du nicht kennst.«
    »Also, wenn ich dir irgendwie behilflich sein kann …« Ich fragte mich, worauf er hinauswollte, aber ich hatte keine Ahnung.
    »Na ja, da gibt es ein paar Sachen, von denen sicher die Rede sein wird und die bis jetzt nicht rausgekommen sind.« Dads Schwenk aufs Gebiet des romantischen Thrillers kam ziemlich unerwartet. Doch wie die Schlüssel zu einer guten Krimihandlung waren diese »Sachen«, diese verborgenen Fakten, kaum aus dem Sack, als sie auch schon so grell erstrahlten, dass ich das Gefühl hatte, ich hätte sie schon vor einigen Werbepausen erraten müssen. Allerdings war ich wohl einfach zu nah dran gewesen: Dekorative Details hatten mir den Blick verstellt und mir keine Möglichkeit gelassen, mich auf das größere Bild zu konzentrieren. Der Mann im Turm, der vom Blitz getroffen wird, ist der Einzige, der es nicht sieht. Das ist meine Verteidigung gegen selbstgefällige Leser, die bereits ihre Schlüsse gezogen haben:
Mum wuchs in Lincoln auf.
Sie war die Unbekannte, die am Abend des 27. Dezember 1949 mit Richard Hirst schlief.
Sie war es, die schützend die Bettdecke hochzog und entsetzt beobachtete, wie Richards Bruder Nicholas, der überraschend zurückgekehrt war, das Zimmer betrat, fast amüsiert die Szenerie erfasste, ein geladenes Gewehr auf sie beide richtete und dann, nachdem er seinen flehenden Zwillingsbruder niedergebrüllt hatte, die Waffe zurückriss, sie sich in den Mund steckte und abdrückte.

    An diesem Abend schrillte der Schrei meiner Mutter durch Richards und Nicholas Wohnung in Cambridge und setzte sich als Widerhall in ihrem Kopf fest, der zwar allmählich schwächer wurde, doch nie ganz verschwand. Jahrzehntelang wurde sie durch lebhafte Erinnerungen aus dem Schlaf gerissen und konnte jederzeit durch laute Geräusche (real oder eingebildet), Geschichten über Liebe und Hass zwischen Brüdern, Gewalt, plötzlichen Tod empfindlich in ihrem Seelenfrieden gestört werden – ein Wirbel von Zeichen, der sich zu einer endlosen Wiederholung verdichtete, zu einem unaufhörlichen Kommentar über den einzigen Fehltritt ihres Lebens.
    Und während sie in schuldbeladener Lust zusammenlagen, ohne zu ahnen, dass Richards Bruder und lebenslanger Gefährte in einer Stunde tot sein würde; während sie sich losriss und Richard zusammenzuckte, als hätte der Schuss seinen Kopf getroffen, entfaltete sich – als einer jener kunstvollen, zeitlich perfekt abgestimmten Scherze der Götter – bereits eine winzige Nebenhandlung, die die Frucht ihrer kurzen Vereinigung wachsen ließ. In einem dringend erforderlichen Umschlag vom Tragischen ins Lächerliche erhielt das Kind – Symbol der schrecklichsten und bedeutsamsten Nacht im Leben meiner Mutter – den völlig undämonischen Namen Peter.
    Und Richard mit seiner eindringlichen Hauptrolle in der alten Erzählung des Fluchs von Witching, die durch meine Hilfe an den Tag gekommen war, war Dad. Nein, Richard Hirst war mein Vater, aber er war nicht der Mann, den ich seit jeher als Dad liebte. Robert Kristal, der jetzt von diesen bizarren Ereignissen berichtete und dabei mit festem Blick zum Fenster hinausblickte, als sähe er dort eine Rekonstruktion der ganzen Geschichte, hatte sich kurz vor meiner Geburt mit meiner Mutter angefreundet. Sie hatte alle Träume von einer Karriere als Sängerin aufgegeben und war nach Witching gezogen, um den tief erschütterten alten Mr. Hirst zu betreuen. Robert verliebte sich in Mum und akzeptierte den Platz als Ersatzvater, und alle nahmen an, ich sei sein Kind, obwohl ich im Grunde das Kind von niemandem war. Mehr an Vaterschaft war ihm nicht vergönnt: Sie wurde nie wieder schwanger.
    »Ich hätte mir nur gewünscht, dass wir darüber schon vor langer Zeit geredet hätten«, schloss Dad, »als wir noch … zu dritt waren. Aber für Mum gab es einfach nie einen günstigen Zeitpunkt, und je mehr wir vielleicht bereit gewesen wären, es dir zu sagen, desto weniger haben wir dich gesehen, und … irgendwie kam es uns auch nicht mehr so wichtig vor. Für mich warst du immer mein Sohn, nur das hat gezählt.« Robert Kristal studierte die Hand, mit der er vor vierzig Jahren den Ring an Mums schlanken Finger gesteckt hatte.
    »Nun, ich weiß nicht, ob du mich jetzt noch so ansehen kannst wie früher. Vielleicht hast du nicht mehr das

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