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Ruegen Ranen Rachedurst

Ruegen Ranen Rachedurst

Titel: Ruegen Ranen Rachedurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Baeumer
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seine Frau eigentlich gehofft hatte, er würde ihn im Wagen lassen.
    „ Nur kurz die Mails checken“, meinte er fast schon entschuldigend zu seiner Frau. „Kann ja sein, dass noch jemand sich auf meine Aktion hin gemeldet hat.“
    Das war tatsächlich der Fall. Acht zum Teil recht umfangreiche Mails waren in Beneckes Posteingang verzeichnet. Und dazu kam noch eine Nachfrage von Herrn Störens, ob denn inzwischen Fortschritte in der Sache erzielt wurden und was von der Verhaftung einer gewissen Gerlinde Grasmück zu halten sei, von der man im Rundfunk hörte.
    Die anderen Mails überflog Benecke nur.
    „ Habe ich übrigens schon erzählt, dass ich gestern beinahe abgestürzt wäre?“, fragte Lydia.
    „ Abgestürzt?“, fragte George reflexartig.
    Lydia fuhr ungerührt fort: „Ja, ich bin doch gestern den Hochuferweg von Sassnitz zum Nationalpark-Zentrum Königsstuhl gewandert, und dabei bin ich doch auch an den Wissower Klinken vorbeigekommen! Später habe ich gehört, dass wieder ein Stück Felsen von der Steilküste abgerutscht ist und man noch nicht weiß, ob es da vielleicht sogar Vermisste gibt. Es waren nämlich Touristen in der Nähe …“
    Sie sah zu Mark Benecke hinüber, der noch immer in seine Mails vertieft war und verdrehte die Augen. „Eigentlich hatte ich gedacht, dass ich wenigstens dann seine Aufmerksamkeit erregen könnte, wenn er hört, dass seine Frau nur durch Zufall einer Lebensgefahr entronnen ist. Aber das scheint wohl ein Irrtum gewesen zu sein!“
    George zwinkerte Lydia zu und sagte dann in gespieltem Ernst: „Herr Benecke, jetzt zeigen Sie mal ein bisschen mehr Betroffenheit!“
    „ Ich bin ja total betroffen“, erwiderte Benecke ruhig, „und zwar in allererster Linie von dem, was ich hier gerade lese. Hat mit unserem Fall zu tun!“
    „ Dann mal raus mit der Sprache!“, sagte George wissbegierig. „Sonst verärgern Sie nicht nur Ihre Frau, sondern auch noch mich!“
    Benecke blickte auf und meinte dann versöhnlich: „Entschuldige Lydia! Ich habe einfach noch etwas herumgegoogelt. Vor zehn Jahren gab es schon einmal einen Fall, bei dem ein Käfer im Halsstumpf eines Geköpften platziert wurde! Ich habe sogar die Sorte feststellen können – kommt nur in Nordamerika vor.“
    „ Dann haben wir ja käfermäßig bald alle Erdteile vollzählig!“, meinte George sofort.
    „ Wenn es derselbe Täter ist, ja!“, stimmte Benecke zu.
    „ Wieso ist die Polizei darauf nicht gekommen?“, fragte Lydia.
    „ Aus demselben Grund, weshalb auch ich erst nicht drauf gekommen bin: Man hat nicht nachgesehen! Diese ältere Sache hat sich im niedersächsischen Osnabrück zugetragen. Manchmal ist es eben wirklich wie in der Geschichte vom entwendeten Brief von Edgar Allen Poe, in der der Brief die ganze Zeit vor allen liegt und niemand ihn sieht …“
    „ Das muss Hauptkommissar Jensen wissen“, stellte George klar.
    „ Aber heute wird daraus nichts mehr“, fuhr Lydia dazwischen. „Und eins sag ich euch, wenn dieser Tote, den du da aus dem Netz gefischt hast, schon zehn Jahre geruht hat, dann werden wir hier wohl noch unser Essen einigermaßen gemütlich beenden können, oder?“

    ***

    Es war mitten in der Nacht, als der VW-Kastenwagen die Straßengabelung im großen Waldgebiet der Stubnitz erreichte.
    Der Fahrer entschied sich für die Straße Richtung Stubbenkammer, worunter die nur mit wenigen Häusern besiedelte Umgebung in unmittelbarer Nähe des markanten Kreidefelsens Königsstuhl zu verstehen war. In der Nähe befanden sich der kleine Herthasee und die slawische Herthaburg aus dem 10. Jahrhundert sowie zwei besondere Steine, die immer wieder Kristallisationspunkte von Sagen, Märchen und der verschütteten Erinnerung an düstere Rituale gewesen waren: der Opferstein und der Sagenstein.
    Genau die richtigen Orte für das, was ich vorhabe, dachte der Fahrer.
    Er parkte an einer nicht einsehbaren Stelle am Straßenrand. Selbst wenn hier um diese Zeit jemand vorbeikäme, würde niemand die auffällige Bemalung des VW-Kastenwagens mit den bunten Käfern bemerken oder sich daran später erinnern können.
    Und wenn doch?
    Dann soll es so ein, dachte er. Aber es war ohnehin wichtiger, alles zu einem Ende zu bringen, was er vor langer Zeit begonnen hatte. Ihn beschlich das Gefühl, dass ihm dafür nicht mehr genug Zeit blieb.
    Benecke! Warum ausgerechnet dieser Benecke?
    Diese Wald- und Wiesenpolizisten aus der Gegend, so glaubte er, hätte er noch länger an der Nase herumführen

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