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Rügensommer

Rügensommer

Titel: Rügensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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hingen bei Schlabberhose und seinem Rennrad. Ja, sie würde auch wieder Sport treiben. Gleich morgen früh würde sie joggen!

5.
    Als sie wenige Tage später voller Vorfreude auf dem Weg zum Binzer Bahnhof war, um Natty abzuholen, musste sie eine Truppe Radfahrer überholen und dachte sofort wieder an ihren sportlichen Vorsatz, den sie bisher erfolgreich verdrängt hatte. Am Tag nach ihrem Ausflug zum Kreidefelsen hattenihre Waden einfach zu sehr weh getan. Und man sollte es doch auch nicht übertreiben, das hörte man immer wieder. Ihre Wanderung mit Bezwingung der Treppe war ein guter Anfang gewesen. Danach brauchte ihr Körper Zeit zum Regenerieren. Gerade neulich hatte sie erst von jemandem gelesen, der tot auf einer Marathonstrecke zusammengebrochen war. Das kam davon, wenn man es nicht langsam anging. So etwas würde ihr sicher nicht passieren. Vielleicht könnte sie mit Natty ein paar Runden drehen. Wie sehr sie sich auf ihre Schwester freute! Sie würden eine richtig schöne Woche zusammen haben.
    Deike fand einen Parkplatz, schnappte sich den Sanddornlikör, den sie als Begrüßungsgeschenk besorgt hatte, und lief zum Bahnsteig. Pünktlich rollte Nattys Zug ein. Menschen strömten aus den Abteilen. Deike hielt aufgeregt nach dem vertrauten Gesicht Ausschau. Endlich konnte sie ihre Schwester zwischen den Urlaubern, die den Ausgängen zustrebten, ausmachen. Natty sah gut aus wie immer. Sie trug eine schlichte Bluse und eine Leinenhose, die langen braunen Haare hatte sie geflochten. Sie musste in aller Frühe aufgestanden sein und hatte den ganzen Tag in stickigen Bahnwaggons verbracht und sah trotzdem strahlend hübsch aus, als hätte sie sich eben erst zurechtgemacht.
    »Natty!«
    »Hey, Schwesterchen!« Die beiden fielen sich in die Arme. Andere Reisende mussten einen Bogen um sie machen.
    »Hier, für dich!« Deike hielt ihr das sternförmige Fläschchen mit der knallig orangefarbenen Flüssigkeit hin und griff Nattys Reisetasche. »Damit kannst du die Erschöpfung nach dieser endlos langen Fahrt ertränken.«
    »Danke, wie lieb! Ach, das war halb so schlimm. Ich musste nur einmal umsteigen.«
    »Wirklich? Aber du bist doch sicher schon vor Sonnenaufgang losgefahren, stimmt’s?«
    »Ich konnte im Zug ja noch ein bisschen schlafen.«
    »Das ist gut. Du glaubst doch wohl nicht, dass du heute früh ins Bett kommst. Ich will die halbe Nacht mit dir quatschen.«
    »Oje!« Natty seufzte gespielt. »Denk bitte dran, dass ich beinahe drei Jahre älter bin als du. Ich brauche meinen Schönheitsschlaf.«
    Die beiden lachten und schnatterten wie immer, wenn sie sich sahen.
    »Da sind wir schon«, verkündete Deike.
    »Und das ist also der Zankapfel?«
    »Bitte?« Sie verstand nicht.
    »Der Parkplatz!«
    »Ach so, ja, einer der Zankäpfel sozusagen.«
    »Das Haus ist aber zauberhaft«, schwärmte Natty, als sie vor dem reetgedeckten Gebäude stand. »Da hat unser alter Herr mal wieder einen Glücksgriff getan, oder?«
    »Allerdings. Für Immobilien hat er einfach ein Händchen.«
    »Hallo, Frollein«, rief es von weitem.
    Ohne hinzusehen, presste Deike zwischen den Zähnen hervor: »Für die Nachbarschaft gilt das leider nicht.« Sie setzte ein liebenswürdiges Lächeln auf. »Ah, Frau Duschel.«
    »Sie müssen sich meinen Blumenhartriejel ansehen. Der blüht dieses Jahr, das ist eine Wucht! Oh, haben Sie Besuch? Jode Dach!« Die Duschel schüttelte Natty die Hand.
    »Servus!«, erwiderte die und grinste.
    »Meine Schwester Nathalie, meine Nachbarin Frau Duschel«, machte Deike die beiden bekannt. »Aus Düsseldorf«, ergänzte sie und rollte dezent mit den Augen.
    »Hach, die Schwester, das ist aber schön. Na, dann kommen Sie mal beide mit und sehen sich unser Prachtstück an.«
    »Meine Schwester hat über zehn Stunden im Zug gesessen. Sie will erst mal in Ruhe ankommen.«
    »Ach was, ein bisschen frische Luft ist genau richtig. Wo steht denn das gute Stück?« Natty marschierte gutgelaunt hinter der Duschel her. Deike musste lächeln. Ihre Schwester hatte die Fähigkeit, in jeder Situation etwas Positives zu sehen, aus allem etwas Gutes zu machen. Sie ging offen und optimistisch auf die Menschen zu und konnte sie innerhalb kürzester Zeit für sich gewinnen. Um diese Gabe beneidete Deike sie wirklich.
     
    »Also dieser Hartriejel war aber auch zu und zu schön«, ahmte Natty den Duschel-Tonfall nach, als sie endlich in Deikes vier Wänden waren.
    »Warte, bis du die rheinesche Zupp probeere musst!«
    »Dein

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