Rügensommer
Dialekt ist schon richtig gut. Dann musst du den nächsten Job wohl in Düsseldorf annehmen.«
»Das fehlt mir noch. Wenn ich das nächste Mal umziehe, dann nur nach Spanien.«
»Das solltest du dir noch mal überlegen. Immerhin kann ich dich dann nicht mal so eben besuchen. Außerdem: Jetzt bist du erst mal hier zu Hause.«
»Stimmt! Und du bist Gott sei Dank auch hier.« Sie drückte ihre Schwester noch einmal fest an sich. »Zur Feier des Tages werde ich dich bekochen!«, verkündete sie, nachdem sie Natty wieder freigegeben hatte.
»Echt?«
Sie nickte eifrig.
»Hilfe, Frau Duschel!«, rief Natty.
»Dir ist wohl die muffige Zugluft zu Kopf gestiegen!«
»War doch nur ein Scherz. Ich find’s toll, dass meine kleine Schwester für mich kocht. Ich habe auch schon Bärenhunger.«
Deike zeigte ihr das Gästebett und den Schrank, in dem sie extra ein paar Fächer frei gemacht hatte.
»Richte dich in Ruhe ein. Das Bad ist gleich da drüben. Du findest mich dann in der Küche.«
Ihre Schwester würde Augen machen. Deike öffnete die Terrassentür und machte sich dann an die Arbeit. Sie hatte Orangennudeln mit Tomaten, Rauke und Riesengarnelen vorbereitet. Dazu würde sie einen gutgekühlten Weißwein anbieten. Und zum Nachtisch gab es Rosmarin-Panna cotta. Bei so einem erlesenen Menü konnte sich Frau Duschel warm anziehen. Fröhlich pfeifend rührte sie in der Soße und wendete die Garnelen. Es duftete herrlich nach Orange, Thymian und Basilikum. Das war etwas anderes als die Pizza, die sie sich sonst in den Ofen schob. Sie entkorkte die Flasche und holte den Weinkühler aus dem Gefrierfach. Hörte sie Stimmen? Hatte Schlabberhose womöglich Besuch? Das wäre ja mal ein Ereignis! Sie schenkte einen Schluck Weißwein in ihr Glas und probierte. Perfekt, der war genau richtig zu Meeresfrüchten. Das war doch die Stimme ihrer Schwester. Kein Zweifel.
»Natty?« Offenbar war sie mit dem Einräumen ihrer Sachen fertig und ein wenig hinaus in den Garten gegangen. Vermutlich hatte die Duschel sie augenblicklich wieder in die Fänge bekommen.
Deike trug Weinkühler und Flasche auf den Tisch, der dicht bei der offenen Terrassentür stand.
»Wie hieß der Ort, Vitt mit V?«, hörte sie Natty fragen.
»Richtig. Zum Kap Arkona fahrt ihr doch bestimmt sowieso. Dann solltet ihr unbedingt den Abstecher machen. Das ist wirklich ein hübscher kleiner Ort.«
Sie traute ihren Ohren nicht. Jede Wette, dass das Schlabberhoses Stimme war! Was zum …? Hatte er ihre Schwester gerade geduzt? Deike sauste um die Ecke.
»Hallo«, sagte er, als herrsche zwischen ihnen ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis.
»Hallo«, antwortete sie unterkühlt.
Er wandte sich wieder an Natty: »Morgen Abend ist übrigens Maibowlen-Fest in einem sehr netten Restaurant nicht weit von hier.«
»Ich weiß«, entgegnete Deike schnippisch, bevor ihre Schwester zu Wort kam, »ich habe eine Einladung – für zwei.«
»Der Besitzer ist ein Freund von mir. Wollen wir zusammen gehen?«
»Super Idee!« Natty strahlte ihn an.
»Okay. Schönen Abend noch.« Er lächelte. Kein Zweifel, er konnte wirklich lächeln! Und zwar ziemlich attraktiv.
»Bist du noch zu retten?«, zischte Deike. »Hallo, Erde an Natty, das war Schlabberhose!«
»DAS war Schlabberhose?« Sie guckte ihm noch immer nach, wie er über seine Terrasse ins Haus verschwand, riss jetzt aber die Augen auf.
»Allerdings! Hast du keinen Blick auf seine Beinkleider geworfen?«
»Nö. Aber ich habe einen Blick auf seine auffallend schönen Hände geworfen und in seine ziemlich ausdrucksvollen grauen Augen. Und hast du das kleine Grübchen auf dem Kinn entdeckt? Sehr niedlich!«
»Morgen Abend ist übrigens Maibowlen-Fest!«, äffte Deike ihn nach, ohne auf Natty einzugehen. »Das prickelt wie eingeschlafene Füße. Wenn es wenigstens eine Chillout-Party mit Happy Hour geben würde, das wäre cool.«
»Was ist denn mit dir los? Du hast dich doch sonst immer lustig gemacht über diese gequält modernen
Events
mit Hauptsache-Englisch-Namen.«
»Der Typ geht mir einfach auf die Nerven, das ist alles. Ich habe dir doch erzählt, was für ein Sturkopf der sein kann.«
»Komisch, ich habe mich ganz nett mit ihm unterhalten. Ich wäre nie darauf gekommen, dass das dein böser Nachbar sein soll.« Natty machte ein Unschuldsgesicht.
»Ist ja auch egal. Wir können uns für morgen noch eine Ausrede einfallen lassen. Jetzt wollen wir erst einmal essen. Setz dich doch.«
»Das duftet
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