Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rügensommer

Rügensommer

Titel: Rügensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
angenehmen Schatten. An einigen Stellen reckten sich weiße und violette Blüten aus dem Boden. Hügelgräber gab es und andere Hinweise auf frühe slawische Siedlungen. Und immer wieder standen Tafeln am Weg, die den Wanderer dazu aufforderten, Fragen beispielsweise zur Flora und Fauna zu beantworten.
    Andrea hatte sie gebeten, sich etwas zu überlegen, womit sich die Redaktion an der alljährlichen Ferienspaß-Aktion beteiligen konnte. Das war es! Eine Rallye durch den Wald mit verschiedenen Aufgaben. Deike holte ihren kleinen Notizblock hervor, den sie stets bei sich hatte, und kritzelte etwas darauf. Sie würde sich ein paar Rätsel ausdenken, die die Familien während des Spaziergangs zu lösen hatten. Deike notierte die Fragen sämtlicher Tafeln, um später im Büro eine Rallye ausarbeiten zu können. Ehe sie sich’s versah, hatte sie die rund drei Kilometer durch den Wald hinter sich gebracht und erreichte die Stubbenkammer. Hier also sollte man die berühmten Kreidefelsen von Rügen sehen können. Sie beschloss, der Ausschilderung zur Victoria-Sicht zu folgen.
    Nach einem netten Spaziergang hatte sie ihr Ziel erreicht.Was sie sah, waren vor allem Bäume mit saftig grünen Blättern. Die spektakulär weiß leuchtende Kreide konnte man höchstens zwischen den Zweigen hindurch ahnen. Vom Wasser aus mochten diese Felsen ein lohnender Anblick sein, aber so? Nein, Deikes Erwartungen wurden wieder einmal nicht erfüllt. Egal, ein schöner Spaziergang war es allemal. Sie machte sich auf den Rückweg.
     
    »Hallo, Deike!«
    Sie drehte sich um und entdeckte Udo Neuhaus, einen Anzeigenkunden, der eine kleine Pension betrieb, mit einer Gästegruppe.
    »Hallo!« Sie ging zu ihm herüber, um ihn zu begrüßen.
    »Wollen Sie sich die Felsen ansehen?«
    »Ich bin schon fertig. Ich meine, ich habe die Aussicht schon genossen. Wenn ich ehrlich bin, müsste man ein paar Zweige abschneiden, um besser sehen zu können, finde ich. Aber es ist schon nett.«
    »Sie haben doch nicht nur von oben geguckt?«
    »Wieso, was meinen Sie?«
    »Waren Sie denn nicht unten am Strand? Von dort hat man den besseren Blick.«
    »Nein, war ich nicht.«
    »Dann schließen Sie sich uns an, wenn Sie wollen.«
    »Gern, danke!« Da hatte sie ja wirklich Glück.
    »Die Treppe ist aber sehr lang und steil. Es geht bestimmt hundert Meter runter«, rief ein kleiner Mann mit runder Brille, zu dem die moderne Trekkinghose und das Funktionshemd irgendwie nicht passen wollten. Dabei starrte er auf ihre Schuhe, niedliche kleine Riemchensandalen, die ihre lackierten Zehennägel wunderbar zur Geltung brachten.
    Deike warf einen Blick auf die kleine Reisegruppe, deren Durchschnittsalter sie auf sechzig plus schätzte. Mit denen würde sie wohl gerade noch mithalten können, selbst wenn sie Stöckelschuhe trüge.
    »Vielleicht sind Sie ja so freundlich und warten auf mich, wenn ich etwas länger brauche«, sagte sie und lächelte den kleinen Mann mit den schweren Wanderschuhen gewinnend an.
    Was die Treppe anging, hatte der Mann im Profi-Wander-Outfit nicht übertrieben. Sie war steil, bestand zum Teil nur aus in den Sand gepressten Baumstämmen und wollte anscheinend kein Ende nehmen. Hatte man einen Absatz geschafft und bog um eine Kurve, lagen auch schon die nächsten Stufen vor einem. Deike spürte ihre Knie bei jedem Schritt mehr, was damit zusammenhängen musste, dass sie nicht beherzt auftrat, sondern ständig versuchte, die Sandalen irgendwie an ihre Füße zu saugen, um sie nicht zu verlieren. Ein entspannter flotter Gang war so kaum möglich. Endlich unten angekommen, nahm das Verhängnis seinen weiteren Lauf. Sie hatte auf feinen Sandstrand gehofft, hatte sich vorgestellt, wie sie, die Schuhe in der Hand, die Füße in den schon warmen Sand graben könnte. Weit gefehlt! Hier gab es nichts als Kies. Hatte sie die Herrschaften, die sich kaum beruhigen konnten vor lauter Begeisterung, oben noch bedauert, bei dem Wetter so festes Schuhwerk zu tragen, in dem die Socken doch qualmen mussten, beneidete Deike sie jetzt um den sicheren Halt.
    »Ist das schön!«, seufzte eine kleine Frau, deren Haarfarbe an Frau Duschel erinnerte.
    »So weiß!«, stimmte ihr Mann ihr zu.
    »Ob man damit richtig malen kann?« Eine hochgewachsene schlanke Frau mit ungeheuer faltigem Gesicht bückte sich undhob ein Stück Kreide auf. Es sah aus wie ein etwas zu groß geratenes Hühnerei.
    »Natürlich können Sie damit malen. Und Sie können es auch auf die Haut streichen. Das gibt

Weitere Kostenlose Bücher