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Rügensommer

Rügensommer

Titel: Rügensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Zufriedenheit, als sie über die Schaabe zur Halbinsel Wittow fuhren.
    »Vielleicht können wir auf dem Rückweg hier anhalten und kurz ins Meer hüpfen. Hier auf der Nehrung sollen die schönsten Strände der Insel sein.«
    »Ich habe gar keine Badesachen dabei. Außerdem müssen wir uns nachher schönmachen für das Maibowlen-Fest.«
    Deike rollte mit den Augen. »Das hatte ich ganz vergessen.«
    »Verdrängt«, korrigierte Natty schmunzelnd.
    »Das Wetter soll gut bleiben. Wir können morgen einen Strandtag machen.«
    »Musst du nicht arbeiten?«
    »Nein, ich kann mir ein bisschen freinehmen, solange du hier bist. Die Redaktionsleiterin Andrea, meine Vorgängerin, ist noch ein paar Tage im Büro, bevor sie in den Mutterschutz geht. Da lässt sich das schon mal einrichten.«
    »Toll!«
    Norbert lotste sie auf einen riesigen Parkplatz, der ahnen ließ, wie viele Touristen es hier hoch an den nördlichsten Punkt Rügens zog.
    »Eine Tschutschu-Bahn«, juchzte Natty. »Oder nehmen wir die Kutsche?«
    »Von wegen, wir laufen«, bestimmte Deike. »Die Bahn ist eher was für die Fußkranken aus deiner Klinik.«
    »Erinnere mich bloß nicht daran. Ich habe jetzt Ferien.« Sie warf schwungvoll den Zopf nach hinten. »Außerdem war das nicht ernstgemeint, ich will auf jeden Fall laufen. Dann mal los.«
    Sie gingen eine schmale kopfsteingepflasterte Straße entlang.
    Der Wind spielte mit Nattys Zopf. »Hannes hat mir erzählt, dass die Ecke hier Windland genannt wird, weil immer eine frische Brise weht.«
    »Aha.« Natty gegenüber schien der sonst eher wortkarge Nachbar tatsächlich in Plauderlaune gewesen zu sein. »Nach Vitt geht es da entlang.«
    Sie bogen ab und folgten dem einfachen Holzpfeil.
    Plötzlich blieb Natty stehen. »Mein Gott, ist das schön hier!«
    Deike ließ ihren Blick ebenfalls über die Landschaft wandern. Vor ihnen lagen knallgelbe Rapsfelder. Die Blüte war früh dran in diesem Jahr. In der Ferne glitzerte die Ostsee.
    »Ich kapiere wirklich nicht, warum du unbedingt nach Ibiza willst.« Deike fiel im Moment auch keine Antwort darauf ein. »Schöner als hier kannst du doch gar nicht leben. Wenn ich so einen Job hätte wie du, würde ich mich auf der Stelle hier niederlassen.«
    Die beiden Schwestern setzten sich wieder in Bewegung.
    »Ist das dein Ernst?«
    »Klar!«
    »Dann guck dich doch gleich mal ein bisschen um, während du hier bist. Bestimmt gibt es jede Menge orthopädischer Kliniken. Du bewirbst dich, wir ekeln Hannes raus, und du ziehst in die andere Haushälfte.«
    »Kein übler Gedanke.«
    Jetzt blieb Deike abrupt stehen. »Du meinst das wirklich ernst, oder?«
    »Ich weiß nicht, kleine Schwester, ich habe ja nicht einmal eine Ahnung, ob es hier eine geeignete Klinik gibt und ob die jemanden suchen. Aber du weißt ja, dass ich in Bayern nie so richtig glücklich war. Ich gehöre einfach ans Meer.« Sie atmete tief ein. »Ich könnte mich ja mal erkundigen. Dann müsstest du allerdings versprechen, auch auf der Insel zu bleiben.«
     
    Oberhalb des Fischerortes lag die Vitter Kapelle, ein gedrungener achteckiger Bau, weiß gestrichen, mit einem dunklen Dach, das wie eine große breite Mütze auf den Mauern hockte. Hölzerne Läden rahmten die Kirchenfenster ein wie Engelsflügel. Schweigend betrachteten sie das Fresko an der Eingangswand. Es zeigte einfache Leute, vermutlich die Dorfbewohner, die voller Angst auf die stürmische See blickten, auf der ihre Fischerboote von den Wellen hin und her geworfen wurden. Auch das Altarbild zeigte mahnend die Macht von Sturm und Meer und erinnerte daran, wie sehr die Menschen hier diesen Kräften ausgeliefert waren. Deike fand das alles ein wenig zu düster. Ihre Gedanken waren ohnehin nicht bei der Malerei. Die Idee, Natty ständig in ihrer Nähe zu haben, auf Spanien zu verzichten und sich ausgerechnet hier langfristig niederzulassen, versetzte sie in Aufregung. Das war ein gutes Gefühl.
    »Ich habe mich da drinnen um mindestens hundert Jahre zurückversetzt gefühlt«, sagte Natty, als sie wieder hinaus in die Sonne traten. »Man kann sich gut vorstellen, wie hart und schlicht das Leben hier gewesen sein muss.«
    Die Häuser, von denen man zunächst nur die Schilfdächer sehen konnte, lagen eng aneinandergeschmiegt und von derLandseite gut geschützt in einer Uferschlucht. Deike befürchtete schon, dass sie es wieder mit steilen nicht enden wollenden Treppen zu tun bekäme, doch das blieb ihr erspart. Sie schlenderten zwischen den weißen

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