Rügensommer
fuhren sie nach Hause. Deike scherte sich nicht darum, dass sie am nächsten Tag schrecklich müde sein würde. Sie hatte jede Minute genossen und wollte einfach nicht, dass der Abend überhaupt jemals endete. Zwar hatte Hannes sich auch weiterhin mit beiden unterhalten und auch mal mit anderen Gästen an dem langen Tisch geplaudert, aber sie hatte immer wieder das Gefühl gehabt, er suche ihren Blick. Oder hatte sie sich nur etwas eingebildet? Und wenn schon! Schön war es trotzdem.
Zuhause verabschiedete er sich ausgiebig von Natty, wünschte ihr eine gute Reise und ermunterte sie, bald wieder zu Besuch zu kommen. Deike wünschte er nur kurz eine gute Nacht. Aber wieder war da etwas in seinem Blick, das ihr weiche Knie bescherte.
»Ich habe überhaupt keine Lust, jetzt zu packen«, stöhnte Natty und streifte ihre Schuhe ab.
»Das kann ich mir vorstellen. Tja, wer nicht hören will … Du konntest ja nicht genug kriegen von unserer Kreide-Orgie. Apropos, du hast da etwas Weißes am Ohr.« Sie kicherte.
»Von wegen, du hast mich extra dick eingeschmiert, deshalb hat das so lange gedauert.«
»Soll ich dir schnell beim Packen helfen?«
»Nein, ich glaube, alleine bin ich schneller.«
»Wie du willst, dann gehe ich schon mal schlafen.« Deike reckte sich demonstrativ.
»Igitt, bist du gemein!« Natty schlug spielerisch mit ihrem Seidenschal, den sie gerade abgenommen hatte, nach ihrer Schwester.
»Okay, dann bereite ich das Frühstück vor. Besser?« Deike sah auf die Uhr. Schon nach drei. Sie müsste eigentlich todmüde sein, fühlte sich aber beschwingt und hellwach. Eilig deckte sie den Tisch und füllte Kaffee und Wasser in die Maschine. Wenn der Wecker ging, würde sie sich nicht mehr so frisch fühlen, dann war jede Minute kostbar. Als sie fertig war, warf sie einen Blick in Nattys Zimmer, die gerade sämtliche Bücher und Zeitschriften verstaute, die sie ungelesen wieder nach Hause schleppen würde. Deike hätte schon ins Bad gehen können, aber sie wollte noch einen kurzen Moment diesen himmlischen Abend nachwirken lassen. Also ging sie hinaus auf die Terrasse und in den stockdunklen Garten. Wie still es war! Und noch immer mild.
»Hallo.«
Sie fuhr herum. Hannes stand auf seiner Terrasse, an die Hauswand gelehnt. Ob er noch ein Glas Wein trank oder einfach – wie sie – noch nicht ins Bett wollte?
»Hallo. Es ist schon ganz schön spät. Musst du morgen nicht arbeiten?« Na toll, sie klang wie ihre eigene Mutter.
»Doch, muss ich. Wie du auch, nehme ich an.«
»Ja.« Sie nickte. »Das war ein schöner Abend. Danke noch mal.« Vorsichtig tastend setzte sie einen Fuß vor den anderen zurück in Richtung Terrasse.
»Ja, es war schön.« Seine Stimme klang näher, als ob auch er sich auf sie zu bewegte. Hätte sie nur die Schuhe im Haus ausgezogen. So bequem, wie sie im Laden behauptet hatte, waren die doch nicht.
»Ist Natty schon im Bett?« Die Stimme war noch näher gekommen. Sie konnte ihn jetzt besser sehen. Wenn sie den Arm ausstreckte, würde sie ihn sogar berühren.
»Nein, sie packt noch ihre Sachen.«
»Und was fangen wir mit dem angebrochenen Abend an?« Er machte einen Schritt auf sie zu, griff nach ihrer Hand und zog sie in seine Richtung. Deike blieb mit einem Absatz in der weichen Erde stecken, stolperte und fiel ihm regelrecht in die Arme.
»Ja, daran hatte ich auch gedacht.« Er hielt sie sehr eng umschlungen, seine Hände strichen sanft an ihrer Wirbelsäule hinauf. Sie musste schlucken, bekam eine Gänsehaut vor Wohlbehagen und war sicher, dass er das durch den dünnen Stoff ihres kurzen Kleidchens spürte. Deike hob ihm das Gesicht entgegen und versuchte, seine Augen in der Dunkelheit zu erkennen. Ohne zu zögern, legte er sehr zart seinen Mund auf ihren und küsste sie. Himmel, waren das weiche Lippen! Er schmeckte nach einem Hauch von Minze. Sie verschränkte die Hände hinter seinem Nacken, ihre Zunge machte sich selbständig, spielte mit diesen köstlichen Lippen, und sie drückte sich noch ein wenig näher an ihn. Er stöhnte leise, ließ seine Hände auf ihre Taille gleiten. Eine wanderte von dort zu ihrem Po, die andere aufwärts, zwischen ihren Körpern, und blieb auf ihrer Brust liegen. Das entlockte auch Deike ein verräterisches Seufzen. Ihr Atem ging schneller, seine Küsse wurden wilder. Ihre Zungen trafen sich, umkreisten sich und schlugen spielerisch aneinander.
Da hörte Deike Geräusche von drinnen. Natty! Sie erstarrte und löste sich von ihm.
»Wenn
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