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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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leider völlig abging.
    Leider Gottes sah Ana nun ebenfalls ihre Chance gekommen, Beifall zu ernten. Sie beugte sich vor und sagte: »Aber das sind nicht die Wilden, die meine Schwester studieren möchte. Sie träumt davon, nach Kanada zu gehen, um indianische Stämme zu erforschen. Können Sie sich das vorstellen?«
    »Indianer!« Mit deutlichem Entsetzen stellte die Countess ihr Weinglas ab.
    »Das war nur so eine Idee«, sagte Lydia hastig. Die sie nur ein einziges Mal, ganz beiläufig, an einem verregneten Nachmittag in Gegenwart ihrer verflixten geschwätzigen Schwester geäußert hatte! »Das wäre nichts sehr Außergewöhnliches«, fügte sie hinzu, als sich das Gesicht der Countess weiter verfinsterte. »Viele Wissenschaftler interessieren sich für indianische Rituale. Wussten Sie zum Beispiel, dass bestimmte Stämme ein Ritual namens Potlatch praktizieren, bei dem sie ganz bewusst die wertvollsten Gegenstände verschenken, die sie besitzen? Denken Sie nur – was für ein großes Mysterium! Mit seinen Schätzen umzugehen wie mit wertlosem Müll.«
    Sanburne lachte.
    Ich sollte ihn ignorieren, dachte sie, und sah sich in Erwartung der nächsten Reaktion am Tisch um.
    Alle Blicke waren auf sie gerichtet – außer Sophies, die lächelnd auf ihren Teller hinuntersah.
    Lydia rutschte unbehaglich hin und her. Hatte sie etwas Falsches gesagt? Ihrer Meinung nach nicht. Der Spitzenbesatz ihres Halsausschnitts kratzte; sie verspürte den heftigen Drang, daran zu ziehen.
    Das Schweigen zog sich in die Länge. Die anderen Gäste würden ihr kein Pardon geben; sie wollten etwas geboten bekommen. »Na schön«, sagte sie seufzend. »Sie finden die Vorstellung amüsant, Viscount?«
    Er blickte auf. Ein Dreijähriger, der beim Spielen im Matsch erwischt worden war, hätte nicht engelsgleicher aussehen können. »Oh nein, Miss Boyce. Ich dachte nur, dass Sie Ihre Meinung über primitiven Müll bereits kundgetan haben – noch dazu in einer öffentlicheren Situation als dieser hier. Ich wundere mich nur, warum Sie das Thema so fasziniert, dass Sie nicht davon lassen können.«
    Sie lächelte ihn kühl an. »Aber natürlich. Müll spielt im Alltag eine wichtige Rolle. Er liefert uns einen Schlüssel, um die Muster unserer weltlichen Existenz zu erschließen. Obwohl … « Sie zog eine Augenbraue hoch. »Ich gebe zu, dass es in Bezug auf manche Menschen aufschlussreicher ist als bei anderen.«
    »Tatsächlich?« Sanburne riss die Augen weit auf, um Verwirrung zu mimen. »Aber ich kann Ihnen nicht ganz folgen. Muster, sagen Sie?«
    Natürlich lenkte er sie durch seine Suggestivfragen. Selbst schuld. »Nehmen wir einmal Sie selbst, Viscount.« Der auf sie gerichteten Blicke nur allzu bewusst, zwang sie sich zu einem Lächeln. »Sie sind berühmt für Ihre Narreteien. Doch selbst von Ihnen könnte man behaupten, dass Sie einem Muster folgen – einem rätselhaften Plan, den nicht Sie selbst ersonnen haben, sondern die Gesellschaft. Ich behaupte nicht, dass dieses Muster auf Vernunft basiert, oh nein. Aber es besitzt sicherlich seine eigene Logik. Wie kommt es, dass Sie mit solchen Späßen ungestraft davonkommen, während andere dafür geschnitten würden? Wie kommt es, dass Sie eine Stellung innehaben, in der auf Ihre Taten keine echten Konsequenzen folgen? Das Studium verschiedenster Kulturen könnte uns helfen, auf die Grundlage dieses Privilegs zurückzuschließen – eine Art Plan zu erstellen, der zu einem besseren Verständnis dessen führt, wie sich unsere Gesellschaft zu diesem Stadium entwickelt hat.«
    Alle Aufmerksamkeit schwenkte nun auf Sanburne. Er prostete ihr zu. »Müll«, sagte er milde.
    Zu spät bemerkte sie, was er mit seinem Tonfall bezweckte: Er ließ Zweifel daran, ob er ihrer Meinung zustimmte oder einen abwertenden Kommentar dazu abgab. Er sah genau, wann es bei ihr Klick machte – ihr verflixtes Erröten verriet sie –, und blinzelte ihr spöttisch zu.
    Mrs Fillmore regte sich auf ihrem Stuhl. »Sie meinen doch gewiss nicht den Plan der Gesellschaft, Miss Boyce, sondern den unseres himmlischen Vaters, nicht wahr? Die Gesellschaft selbst hat weder Verstand noch Seele, mit denen sie unsere Handlungen bestimmen kann!«
    Lydia wandte nur mit Mühe den Blick von Sanburne. Ihr Herz schlug um vieles schneller als nötig. Dieser Filou – ihr zuzublinzeln, als würden sie miteinander flirten! »Natürlich nicht«, beteuerte sie. »Es war nicht meine Absicht, die Gesellschaft als Schöpfer zu bezeichnen. Ich

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