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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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nicht. Und auch ganz sicher nicht an George. Eine kluge Frau würde die Polizei hinzuziehen, doch der Name Hartnett machte dieses Vorgehen undenkbar. Die Polizeiinspektoren würden ihr Fragen über seine Beziehung zu Papa stellen. Und jetzt, wo er tot war, bestand die einzige Verbindung zwischen den beiden aus den fünf Fälschungen, die sich in ihrem Ankleidezimmer befanden. Wie sollte sie ihnen das erklären? Schließlich hatte sie nicht einmal selbst eine Erklärung dafür.
    Vielleicht konnte die Verfasserin des Briefes ihr Erklärungen liefern.
    Sie beäugte Sanburne kritisch. Ihre Instinkte, die wie Schulmädchen danach verlangten, näher an ihn heranzutreten, ließ sie außer Acht. Wenn es um Männer ging, waren sie einfältig. Doch ihr logisches Denken stimmte zu, dass sie sich auf ihn verlassen könnte. Von einer der Fälschungen hatte er sowieso bereits Kenntnis. Und nach eigener Aussage fand er sie amüsant. Wenn sie in Bezug auf den Viscount bisher zu irgendeiner Gewissheit gelangt war, dann war es die, dass er seine Vergnügungen schätzte. So lange sie ihm Unterhaltung bot, könnte er bereit sein, ein Geheimnis für sich zu behalten.
    »In Ordnung«, sagte sie langsam. »Aber nicht hier. Wenn uns jemand zusammen sieht, entsteht noch Gerede.«
    Ein überraschter Ausdruck huschte über sein Gesicht. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie zustimmen würde. Während sie noch eine absurde Freude darüber unterdrückte, ihn überrascht zu haben, beugte er sich vor und sprach so leise wie sie. »Das stimmt allerdings. Wer weiß, was die Leute davon halten würden?« Er riss entsetzt die Augen auf. »Vielleicht würden sie davon ausgehen, dass ich mich für Sie interessiere.«
    »Genau«, stimmte sie zu. »Das ginge ganz und gar nicht.«
    Er lachte leise. »Sind Sie beschränkt, Miss Boyce? Oder nur beklagenswert naiv?«
    Oh, sie verstand ihn nur allzu gut. »Weder noch«, gab sie leicht errötend zurück, machte auf dem Absatz kehrt und lief zum Ausgang.
    Lydia führte Sanburne aus dem Lesesaal hinaus in den langen Korridor, wo die Ägyptische Sammlung anfing. Es war der beste Ort, den sie kannte, um ein diskretes Gespräch zu führen: stets voll, aber nie überfüllt. Sie lief an der Besuchergruppe um den Stein von Rosette vorbei und machte Halt an einer Bank vor der kleinen Statue der Göttin Isis mit ihrem Gemahl Osiris.
    Während sie sich setzte, fasste sie die bisherigen Ereignisse kurz für ihn zusammen. »Es ist unmöglich festzustellen, wann die Fälschungen eingeschmuggelt werden konnten«, schloss sie. »In Port Said, wo sie normalerweise für die Seereise in Kisten verpackt werden, in den Häfen von Malta und Gibraltar oder gar in Southampton, wo sie auf die Schienen umgeladen und mit der Eisenbahn nach London transportiert werden.« Sie blickte wieder auf die Mitteilung, die sie noch fest in der Hand hielt. Sie faltete sie zusammen und schob sie in ihr Ridikül. »Ich kann mir nicht vorstellen, was diese Frau von mir will. Aber vielleicht weiß sie etwas.«
    Mit untypisch nachdenklicher Miene nahm er neben ihr Platz. »Warum wenden Sie sich mit der Sache nicht an die Polizei?«
    Sie nickte. »Erstens ist Southerton ein lautstarker Kritiker von Scotland Yard. Er hat in diesem Monat nichts anderes getan als im Parlament wegen ihres Unvermögens, diesen Bombenangriff zu verhindern, gegen sie zu wettern. Wenn die Polizei davon Wind bekäme, dass sein Schwiegervater – und sei es nur indirekt – in einen Kunstbetrug verwickelt ist, nun, dann würde sie es mit Freuden an die große Glocke hängen. Nein, das ist ausgeschlossen. Aber vielleicht … « Sie spürte selbst, dass sie rot wurde, und wandte sich ab. Sie konzentrierte sich auf die schwarze Granitstatue. Die Besucher, von goldenen Sarkophagen und berühmten Hieroglyphen geblendet, beachteten sie nur selten. Sie hingegen hatte ein Faible dafür. Heidentum kam nur selten so deutlich zum Ausdruck wie in dieser Statue. Die Göttin war zweimal so groß wie ihr Gemahl.
    Sanburnes Augen waren ihrem Blick gefolgt. »Sie ist sehr grimmig, nicht? Erinnert mich sehr an Ihren Gesichtsausdruck im Institut.« Er zog eine Grimasse – die Mundwinkel nach unten, die Augen zu Schlitzen verengt.
    Beleidigt versteifte sie sich. »Verzeihung, Sir. Ich sah ganz und gar nicht so aus. Und der Statue ähnelt es auch nicht im Geringsten. Sie ist ernst, durchaus, aber nicht hässlich.«
    »Hässlich? Da haben Sie recht; ich habe es nicht richtig gemacht. Vielleicht eher

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