Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)
Informationen für mich sein, können Sie sie mir über Baron Southerton übermitteln.«
Seine Augen, von einem gleichmäßigen, unschuldigen Blau, blickten in ihre. »Ich glaube, Sie wissen, warum das am besten vertraulich bleibt.«
Ihr Herz, das sich bisher recht gut gehalten hatte, begann zu hämmern. »Nein. Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen.«
»Hören Sie, Miss!« Der Aufpasser, die buschigen Augenbrauen missbilligend zusammengezogen, tippte sie am Ellenbogen an. »Sie müssen mit den Registerbänden sorgfältiger umgehen! Dieser hier wird neu gebunden werden müssen, fürchte ich!«
»Es tut mir leid«, sagte sie atemlos. »Es war … ich habe mich erschreckt. Dieser Gentleman hat etwas sehr Schockierendes zu mir gesagt, und da ist mir das Buch entglitten.«
»Hmph. Hat er Sie etwa belästigt?«
Während sich ihr vor Angst die Nackenhaare sträubten, warf sie einen Blick hinter sich, doch der Fremde hatte den Rückzug angetreten und lief zielstrebig zum Ausgang.
»Ein derartiges Verhalten müssen Sie der Lesesaalaufsicht melden, Miss. Wir sind entschlossen, kein Rowdytum zu dulden.«
»Ja«, sagte sie schwach.
»Oh, Sie haben noch etwas fallen lassen.« Er machte Anstalten, sich zu bücken, doch sie kam ihm zuvor. Der Brief war immer noch warm vom Körper des anderen Mannes.
Zurück an ihrem Tisch zog sie die kleine Leseplattform an ihrem Ledergriff heraus und strich den Zettel glatt.
Ich muss mit Ihnen über Mr Hartnett sprechen. Ich belästige Sie nur ungern, aber ich verlange meinen Anteil.
Polly Marshall.
Es folgte eine Adresse in St. Giles.
Sie blickte auf. Durch eine optische Täuschung, die das durch die Kuppel fallende Licht verursachte, verdunkelte sich der Saal unvermittelt. Was um alles in der Welt hatte das zu bedeuten? Mr Hartnett war tot. Und wie konnte ein Gentleman wie er in Londons verrufenstem Elendsviertel Verbindungen geknüpft haben? Und selbst wenn, was ginge sie das an?
Eine Gänsehaut überzog ihre Arme. Es gab nur eine mögliche Verbindung: die Fälschungen. Doch von denen sollte niemand Kenntnis haben. Das war unmöglich!
Sie stand auf. Ich muss es Sophie sagen. Doch schon in der nächsten Sekunde setzte sie sich wieder. Herrjemine! Wenn die anderen Nachrichten Sophie schon in Unruhe versetzt hatten, würde sie von dieser Neuigkeit einen Anfall bekommen.
»Sie sehen heute reizend aus.«
Sie schnappte nach Luft und drehte sich auf ihrem Stuhl um. Hinter ihr stand Sanburne. »Sie!« War das wieder einer seiner Streiche? Gott allein wusste, dass er seine perverse Vorliebe für Vergnügungen bereits unter Beweis gestellt hatte. Ach, bitte, lass es ein Scherz sein. »Haben Sie mir das geschickt?«
Sein Blick schnellte zu dem Zettel in ihrer Hand, doch sein freundlicher Gesichtsausdruck blieb unverändert. »Kommt darauf an. Ist es ein Liebesbrief? In dem Fall übernehme ich bereitwillig die Verantwortung.«
»Nein.« Entmutigt senkte sie den Blick wieder auf die Mitteilung. Ich verlange meinen Anteil. Das ergab keinen Sinn.
»Trägt er keine Unterschrift?« Als sie den Kopf schüttelte, ging er in die Hocke, sodass sie sich nun auf gleicher Augenhöhe befanden. »Sie wirken bekümmert.« Auf ihr gleichgültiges Achselzucken hin sagte er langsam: »Ich gehe nicht davon aus, dass in diesem Brief etwas über Tränen, Flüche oder dergleichen steht.«
»Was? Nein, was für ein Unsinn. Es … ich muss schon sehr bitten!« Er hatte ihr den Zettel aus der Hand gerissen und strich ihn glatt. Sie sprang auf, um ihn sich zurückzuholen, doch er hielt ihn außer Reichweite.
»St. Giles, wie?« Ein leiser Pfiff verlieh seiner Verwunderung Ausdruck. »Nicht gerade Ihre Lieblingsgegend, würde ich wetten. Hartnett war also als Empfänger der Fälschung gedacht, ja?«
»Sprechen Sie leise!« Sie sah sich verstohlen um. Ein Meer von Köpfen, die emsig über Bücher und Zeitungen gebeugt waren. Im Allgemeinen war der Lesesaal ihre Zuflucht vor den kritischen Augen der Hautevolee. Doch wenn ausgerechnet Sanburne Gefallen daran gefunden hatte, hierherzukommen, konnte sie nicht sagen, wer sonst noch hier auftauchen würde.
Er musterte eingehend ihr Gesicht. »Ich habe also recht«, sagte er. »Wie mysteriös. Und wer ist Polly?«
Die Verlockung, ihm alles zu beichten, überraschte sie. Hatte sie den Verstand verloren? Sie konnte doch nicht ernsthaft in Betracht ziehen, diesem Mann ihre Geheimnisse anzuvertrauen.
Doch an wen sollte sie sich sonst wenden? An Sophie schon einmal
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