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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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verloren«, sagte sie zögernd.
    »Nein. Ich hatte die volle Absicht, ihn zu würgen.«
    »Aber doch nicht zu erwürgen!«
    Sein Lachen klang nicht angenehm. Sie wusste nicht, was es ausgelöst hatte, doch sie erkannte die dazugehörige Atmosphäre: ein abgedunkelter Raum, Einsamkeit, Winter. »Soll ich wirklich darauf antworten?«
    »Ja«, flüsterte sie.
    Er lehnte sich an die Wand und legte den Kopf in den Nacken, um die Decke einer eingehenden Musterung zu unterziehen. »Vielleicht«, sagte er schließlich. »Ich weiß nicht.« Er wandte den Kopf zu ihr. »Ich hätte ihn umbringen sollen«, fügte er im Plauderton hinzu.
    Sie hörte einem Mann dabei zu, wie er ganz beiläufig von Mord sprach. Von seinem Wunsch, ihn zu begehen. Warum rannte sie nicht davon? Warum neigte sich alles in ihr ihm zu, in Anteilnahme, mit dem Wunsch, ihn zu trösten ? »Sagen Sie das nicht«, murmelte sie. »Sie meinen das nicht so.«
    »Ach nein?« Er zuckte mit den Achseln. »Es ist sein Leben oder ihres. Wenn sie bei ihm bleibt, und das wird sie tun, wird er sie umbringen. Sie wird im Sarg herausgetragen, lange bevor ihre Zeit gekommen ist.«
    »Das können Sie doch gar nicht wissen!«
    »Doch«, sagte er kategorisch. »Das kann ich.«
    »Aber … « Sie schluckte. »Sie wollte Ihre Hilfe nicht.«
    Seine Miene war verschlossen. »Nein. Das tun sie nie.«
    »Vielleicht geht sie doch noch eines Tages aus freien Stücken.«
    »Sie hat regelrecht um ihn gewinselt. Nachdem er ihr ein blaues Auge geschlagen hatte. Ist Ihnen das entgangen, Miss Boyce?«
    Sein ungläubiger Ton sollte sie verhöhnen, und vielleicht auch die Frau unterm Dach. Letztere Möglichkeit brachte sie in Rage. Er hatte diese Dachkammer doch gesehen. Er wusste so gut wie sie, dass vor dem Haus keine vornehme Kutsche wartete, um Mrs Ogilvie in Sicherheit zu bringen. »Jeder ist eben auf seine Art mutig. Sie können es den Leuten nicht vorwerfen, wenn sie nicht in Ihr Schema passen.«
    Einige Herzschläge lang sah er sie nur an. »Sie sind so unglaublich naiv«, sagte er dann leise.
    Da erwachte in ihr eine Erinnerung. Während Lady Bolands Prozess hatte es Gerüchte um mögliches Fehlverhalten ihres Ehemanns gegeben. »Liegt es an Ihrer Schwester?«, fragte sie langsam. »Ist es deshalb?«
    Die Frage wirkte belebend auf ihn. Er blinzelte, wich ihrem Blick aus, und als er ihr das Gesicht wieder zuwandte, trug er wieder seine alte Maske aus heiterem Amüsement. »Was für ein kluges Mädchen. Sie sind ja eine echte Athene, was?«
    Sie versteifte sich. Er schlug um sich, genau wie Sophie manchmal, wenn man sie mit einer schwierigen Wahrheit konfrontierte. Es war kindisch, doch das machte es für sie nicht weniger verletzend. Hilflos sah sie zu, wie er sich anschickte, weiter die Treppe hinabzusteigen. »Warten Sie«, rief sie und lief ihm nach. Mit für ihn untypisch steifer Haltung blieb er drei Stufen unter ihr stehen. Sie fasste sich ein Herz. »Ihre Sorge um die Frau ist berechtigt«, sagte sie. »Sie ehrt Sie. Aber es gibt andere Möglichkeiten, jemandem zu helfen. Sie können nicht einfach irgendwelche Männer angreifen … «
    Er drehte sich so jäh zu ihr um, dass sie zusammenzuckte. »Ich weiß ganz genau«, sagte er mit rauer Stimme, »was ich kann und was ich nicht kann. Ich lebe jeden Tag damit, Miss Boyce. Wie Ihnen bereits aufgefallen ist, leide ich nicht darunter. Unterbeschäftigt und durch und durch nutzlos: Das ist ein herrliches Leben, wenn man das entsprechende Bankkonto hat. Also sparen Sie sich Ihre gottverdammten Predigten für jemanden, der Verwendung für sie hat. Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar.«
    Sie stand nur da und blinzelte blind an die Wand. Kurz darauf ertönten die Schritte seiner Stiefel wieder, die jedoch beim beschämten Hämmern ihres Herzens nur noch gedämpft zu hören waren. Er entfernte sich von ihr. Er war fertig mit ihr. Mein Gott, ich lerne es nie.
    Sie musste ihm nach. Sie hatte keine Wahl. Das wusste sie, doch ihre Füße gehorchten ihr nicht. Sie atmete tief durch und nickte entschlossen. Straff die Schultern und beweg dich . Ihre Füße stiegen die Stufen hinab und traten hinaus an die abkühlende Luft und in das dämmerige Licht. Als sie zu ihm trat, setzte ein dünner Regen ein, der sich durch einen Tropfen auf ihrer Nase ankündigte, und durch einen weiteren, erschreckend kalten auf ihrem Handgelenk. »Ich wollte Sie nicht kränken«, sagte sie leise.
    »Das haben Sie nicht.« Er klang erschöpft. »Aber Sie haben

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