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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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seine Nase merkwürdig schief – zweifellos gebrochen. »Hören Sie auf, Sanburne.« Ihre Kehle war wie zugeschnürt. »Lassen Sie ihn los!« Sie legte ihm die Hand auf den Arm.
    Bei ihrer Berührung winkelte er urplötzlich den Ellbogen an, wie ein umgeknickter Draht, worauf sein Gegner dumpf zu Boden schlug. Mrs Ogilvie stürmte an ihr vorbei und fiel neben ihrem Mann auf die Knie. Als ein Würgen aus seiner Kehle brach, schrie sie Lydia an: »Er ist verrückt! Verrückt! Ich hab ihm doch gesagt, ich brauche keine Hilfe!«
    »Er hat Sie geschlagen«, sagte der Viscount tonlos.
    »Und was geht Sie das an?«, rief die Frau außer sich. »Scheren Sie sich aus meiner Wohnung!« Sie schlang die Arme um Reggies Oberkörper und zog ihn mit dem Rücken an ihre Brust.
    Sanburnes Mundwinkel zuckten, als sähe er sich mit dem Beweis seiner zynischsten Prophezeiungen konfrontiert. Er atmete tief durch, und seine Nasenlöcher blähten sich. Lydia war wie betäubt. Wie hatte sie ihn je für oberflächlich halten können? Ein Mann mit zwei Gesichtern konnte kein Dummkopf sein. Im Gegenteil, es war das klassische Merkmal eines Bösewichts.
    Jetzt richtete er seine Aufmerksamkeit auf sie. Was immer er sah, veranlasste jenes befremdende Lächeln, sich zu verändern. Der Zug um seinen Mund nahm etwas Gehässiges an. »Sprachlos«, stellte er fest. »Das ist ja etwas ganz Neues. Jetzt haben Sie ein bisschen Mitleid mit Moreland, stimmt’s?«
    Aus seinem Ton war jede Freundlichkeit gewichen. Er sprach, als gäbe er ihr die Schuld. Übelkeit stieg in ihr auf. Dabei hatte er sie so sanft berührt. Er hatte mit ihr gesprochen, als verstünde er sie, schätzte er sie. Ein paar Minuten lang war sie überzeugt gewesen, dass ihr Instinkt in Bezug auf ihn richtig war …
    Sanburne machte auf dem Absatz kehrt. »Kommen Sie«, sagte er über die Schulter zu ihr, als riefe er einen Hund bei Fuß. Einen Springer Spaniel. Gegen ihre zunehmende Beschämung kämpfend, folgte sie ihm durch die Tür nach draußen. Ich habe mich ihm nicht offenbart. Oder etwa doch? Nein. Sie hatte ihm nicht gebeichtet, wie entzückt sie von seinen Aufmerksamkeiten war. Und wenn er es selbst gemerkt hatte – was ganz sicher der Fall war –, was war schon dabei? Ihr Fleisch war nur stumme Materie. Ihre körperliche Reaktion hatte sie nicht unter Kontrolle.
    Er stieg die Treppe hinab. Das Geländer fühlte sich rau unter ihrer Hand an. Ein Splitter bohrte sich in ihren Finger und sie hob die Hand an den Mund und lutschte gedankenverloren daran. Ihr schwirrte der Kopf. Er war gar kein Schmetterling, sondern mehr wie ein Raubtier. Seine prächtigen Farben, sein Lachen und seine Koketterie waren nur leere Fassade. Wieder war sie zum Narren gehalten worden, aber von einem noch ruchloseren Mann. Und als hätte sie nicht Grund genug, es besser zu wissen, war sie auch noch mit ihm durch die Stadt gezogen!
    Sie ließen den vierten Treppenabsatz hinter sich, und dann den dritten. Eine der Holzdielen war weggebrochen und lieferte einen Blick aus der Vogelperspektive in die Wohnung darunter. Ein Topf Suppe kochte auf dem Herd, und der Geruch von Zwiebeln ließ ihr die Galle in den Mund steigen. Konnte sie sich so sehr in ihm getäuscht haben?
    »Sanburne.« Sein Name platzte aus ihr heraus. »Warten Sie.«
    Er drehte sich auf dem Absatz um. »Was ist?«
    Die geblaffte Erwiderung ließ sie einen Schritt zurückweichen. Urplötzlich verwandelte sich seine Miene, und sein gesunder Menschenverstand kehrte zurück. Verwirrt fasste er sich an die Stirn und schloss kurz die Augen. »Verzeihen Sie. Herrgott, ich … « Er fuhr sich durch die Haare. Seine Fingerknöchel waren wund, einer blutete sogar. Die Nase des Mannes! Gütiger Himmel. »Lydia«, sagte er leise. »Sehen Sie mich nicht so an. Ich würde Ihnen nicht weh tun. Das müssen Sie doch wissen.«
    Sie hatte ihn schon einmal so ramponiert erlebt. Da hatte er behauptet, die Schmerzen seien Sinn und Zweck des Ganzen. Was für ein Mann verlangte nach Schmerzen? »Natürlich nicht«, sagte sie. Doch sehr überzeugend klang das nicht.
    Er ließ die Hand wieder sinken und atmete tief durch. »Nein«, sagte er. »Sie haben ganz recht, mir zu misstrauen. Insbesondere nach diesem Vorfall. Natürlich misstrauen Sie mir. Ich kann es Ihnen nicht verübeln.«
    Sie war ein Dummkopf. Denn bei diesem Eingeständnis erhoben sich ihre Instinkte zum Protest. Sie forderten lautstark, Entschuldigungen für ihn zu finden. »Sie haben den Kopf

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