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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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sagen wollte.
    Ihm würde sie sich anvertrauen. Wieder und wieder, so lange sie wollte, bis sie sich nicht mehr fürchtete, aufrichtig von sich selbst zu sprechen. Die Entscheidung kristallisierte sich in ihm heraus und brachte eine tiefe Befriedigung mit sich, als wäre eine Frage, über die er lange gegrübelt hatte, endlich geklärt.
    Vorerst jedoch lächelte er nur. »Dann sollten Sie es mit Gartenarbeit versuchen. Hinaus ins Gewitter zu laufen ist eindeutig fehl am Platz.«
    Eine Augenbraue schoss nach oben. »Viscount«, sagte sie, so bieder wie ein schimpfendes Kindermädchen. »Wollen Sie mir etwa Lektionen in Benimm erteilen? Dabei dachte ich, Sie machten sich nichts daraus.«
    Armes Mädchen. Sie wusste es noch nicht, aber das Spiel war aus. Ihre Förmlichkeit konnte ihn nicht länger täuschen. »Miss Boyce«, antwortete er und ahmte ihren Tonfall nach. »Ich weiß, dass Sie Gefallen daran finden, meinen Lebenswandel herabzuwürdigen, aber vergessen wir nicht, dass Sie diejenige waren, die sich entschieden hat, in ein Unwetter hinauszurennen.«
    Sie betrachtete ihn ruhig. »Ich habe Sie nicht gebeten, mir nachzulaufen. Ich nehme an, Sophie hat Sie darum gebeten?«
    Sein Lächeln wurde spöttisch. »Richtigstellung. Sie fragen sich, ob sie überhaupt weiß, dass Sie hier draußen sind. Allein mit mir. Und ob es überhaupt jemand weiß.«
    »Ich war schon öfter allein mit Ihnen.«
    »Oh ja«, sagte er leise. »Diese Male zählen zu meinen schönsten Erinnerungen.«
    In dieser Stimmung ließ sie sich nicht so leicht in Verlegenheit bringen. »Wie furchterregend Sie sind!« Um ihre Mundwinkel zuckte es belustigt. »Vermutlich sollte ich zurück in den Sturm rennen, um Ihnen zu entkommen.«
    Er dachte darüber nach. »Einen Versuch wäre es wert.« Man musste die Gunst der Stunde nutzen. »Es könnte amüsant werden.«
    Ihr Lächeln erstarb. Sie wich seinem Blick aus. Ihm ging ein Licht auf: die Vorstellung, von ihm verfolgt zu werden, erregte sie.
    Auch er selbst atmete nicht mehr ganz gleichmäßig. Er sah es förmlich vor sich. Wie ihre Haare sich lösten und hinter ihr herwehten, während sie durchs Gras rannte. »Hat das noch nie jemand getan?«
    »Wie bitte?«
    Langsam setzte sich das Puzzle in seinem Kopf zusammen. Ein Bild hatte sich zusammengefügt, und bisher hatte er nur eine Vorstellung von seinen Umrissen. Doch in wenigen Momenten würde es in großer Deutlichkeit zum Vorschein kommen. Bald hatte er sie ergründet. Aufgesteckt und an die Wand genagelt. Als Wissenschaftlerin wüsste sie seine Gründlichkeit zu schätzen. »Ist Ihnen noch nie jemand nachgejagt, Lydia?«
    Sie lachte, und der Blick, den sie ihm zuwarf, war so offen, so direkt, dass ihm der Atem stockte. »Doch«, sagte sie, »es scheint so. Die Frage ist nur, warum. Warum sind Sie hier, Sanburne?«
    »James«, murmelte er. Sie hatte beschlossen, in die Offensive zu gehen. Schön für sie. »Ist es denn so seltsam, dass ich hier bin?«
    »Das hier ist nicht gerade Ihr Umgang, Sanburne .«
    »Vielleicht sehne ich mich nach Umgang auf dem Lande?«
    »Ha! Das glaube ich nicht. Viel zu prosaisch für einen Mann Ihres Schlages.«
    »Kluges Mädchen«, sagte er. »Was glauben Sie denn, warum ich hier bin?«
    »Vielleicht aus Langeweile.«
    »Sie wissen genau, dass ich nicht im Entferntesten gelangweilt bin.«
    »Oh«, sagte sie und zog das Wort in die Länge, sodass es spöttisch klang. »Und jetzt soll ich mich geschmeichelt fühlen.«
    »Sind Sie es denn?«
    »Lassen Sie mich überlegen.«
    Ihr boshafter Ton überraschte ihn. Doch dann entzückte er ihn genauso schnell. Das sarkastische, kratzbürstige kleine Ding!
    Ein weiterer Blitz, der den Himmel spaltete. Seine Bewegung auf sie zu deutete sie fälschlicherweise als Furcht. Ein belustigter Ausdruck huschte über ihr Gesicht. »Erschrocken? Haben Sie Angst, dass wir getroffen werden?«
    »Oh, das werden wir auf jeden Fall«, sagte er, griff nach ihrer Hand und zog sie an sich.

12
    Lydia brauchte sich nicht von ihm ziehen zu lassen, denn das Unwetter hatte in ihr einen elektrischen Impuls ausgelöst, der sie dazu brachte, den Schritt zu ihm aus freien Stücken zu machen. Seine durchnässte Jacke fühlte sich kalt an. Das gefiel ihr nicht. Sie musste weg. Lydia schob die Hände unter das Revers, um sie ihm vom Körper zu ziehen. Das nasse, laute Klatschen, mit dem sie zu Boden fiel, befriedigte sie. Ihre Aggression befriedigte sie. Sie machte sie schwindlig und berauschte sie. Sie

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