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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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James. »Doch dafür können Sie sicher auch nichts. Lady Southerton, wo ist Ihre Schwester?«
    Unsicher blickte sie von einem zum anderen. Ensley war ganz blass geworden. Das stand ihm wirklich sehr viel besser. »Ah … Das kann ich nicht sagen. Ich dachte, sie … aber nein, seit die Lichter ausgingen, habe ich sie nicht mehr gesehen. Vielleicht hat sie sich schon für die Nacht zurückgezogen?«
    Ensley schniefte. »Sie ist nach draußen gegangen.«
    Lydias Schwester warf einen Blick zu den Glaswänden des Gewächshauses. »Regen«, murmelte sie, als fiele ihr jetzt erst auf, dass das Wasser in Strömen an den Fensterscheiben herablief. »Ja, dann vielleicht.«
    Eine seltsame Reaktion. »Sie wollen damit sagen, dass sie bei diesem Unwetter nach draußen gegangen ist? Aber warum?«
    Ensley schnaubte verächtlich. »Wer weiß das schon?« Er klang nicht gerade begeistert von Lydia. »Weiß der Himmel, vielleicht hat sie sich irgendwo im Buschwerk verlaufen. Tut mir leid, Sophie, aber deine Schwester ist eine richtige Spielverderberin.«
    »Ja?« Lady Southerton lachte unsicher. »Vermutlich ja. Ziemlich ernst, unsere Lydia.«
    Ein Blitz erhellte die Welt außerhalb der Glasscheiben. Die Gäste schrien auf. Mit einem verächtlichen Schnauben wandte James sich ab. Er war stets für einen Spaß zu haben, aber wenn sie schon angesichts eines Blitzes aufschrien, strengten sie sich nicht genug an.
    Er begab sich zurück zur Vorhalle. Auf dem Weg dorthin stieß er auf Elizabeth, die ihre Frisur betastete und kokett in den Raum, den sie soeben verlassen hatte, hineinrief: »Dann musst du mich eben noch einmal fangen. Oh, James! Was tust du denn hier?«
    »Ich suche jemanden«, erklärte er. »Wenn du mich entschuldigst.«
    Ihre Miene verdüsterte sich, doch sie erhob keinerlei Einwände, als er weiterstiefelte.
    Draußen peitschte der Regen so heftig vom Himmel, dass es auf der Haut schmerzte. Zu allem Übel hatte sich auch noch ein Nebelschleier über den Rasen gelegt, was ein Vorwärtskommen tückisch machte. Als er über eine Baumwurzel stolperte, wäre er um ein Haar im Schlamm gelandet. Das war doch absurd. Was zum Teufel wollte sie hier draußen? Und warum machte er sich die Mühe, nach irgendeinem schwachköpfigen Blaustrumpf Ausschau zu halten, der eigentlich so schlau sein sollte, bei Gewitter nicht draußen herumzulaufen?
    Ein Blitzstrahl erhellte die Parklandschaft. Er brannte ihm die Szene ins Gehirn ein: ein wellengepeitschter See, zwei Boote, die an der Anlegestelle schaukelten – und die einsame Frauengestalt, die im weißen Kleid am Rande des Stegs stand. Oh Gott! Er beschleunigte seine Schritte. Wollte sie sich den Tod holen? Nur wenige Schritte hinter sich hätte sie Unterschlupf finden können, doch sie stand mit dem Gesicht zum Himmel gewandt. Der Regen prasselte so hart herab, dass es auf seiner Kopfhaut schmerzte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es ihr gefiel, wenn ihr die Tropfen ins Gesicht schlugen oder was über sie gekommen sein mochte, sich dieser Naturgewalt schutzlos auszusetzen. Vielleicht war sie vor Furcht wie gelähmt. Lizzie bekam gelegentlich solche Anfälle. Spinnen, Mäuse, Staubkörnchen: Es gab eine Vielzahl natürlicher Gräuel, die sie dazu brachten, zu erstarren oder zurückzuschrecken und davonzurennen wie ein verängstigtes Fohlen. Doch als er nahe genug herankam, um Lydias Gesicht zu sehen, gerieten seine Erwartung, einen weiteren Fall von Hysterie vor sich zu haben, und der wachsende Zorn, mit dem er stets darauf reagierte, ins Wanken. Denn ihre Lippen waren geöffnet, ihre Arme hingen entspannt herab, und sie wedelte mit den Fingern, als wollte sie den Regen herbeiwinken. Und als der Blitz erneut über den Himmel züngelte, sah er etwas wie … Euphorie in ihrem Gesicht.
    Der Donner krachte so laut, dass er in augenblicklicher Sorge einen Blick zum Bootshaus warf. Als er wieder zu ihr sah, hatte sie die Augen geöffnet und erwiderte seinen Blick. Auf ihrem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus.
    Ein Schauder huschte über seinen Rücken. Ihm sträubten sich die Nackenhaare. Was für ein befremdendes Lächeln: wissend, unnahbar, distanziert. Er konnte nicht sagen, was es in ihm auslöste, ob die Empfindung, die über seinen Rücken zuckte, Abscheu war (so weltentrückt und eigentümlich war der Ausdruck in ihrem Gesicht) oder eine neue Variante von Lust. Er holte tief Luft und wischte sich die nassen Haare aus der Stirn. »Was tun Sie hier draußen?«
    Sie lachte. Es

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