Rütlischwur
behalten«, sagte Hösli.
»In diesen Regionen finden Kriege und bewaffnete Konflikte statt«, ergänzte Zimmer. »Die Waffen produzierenden Regierungen halten sich da in der Regel zurück … Embargos und Bestimmungen, das alte Lied. Meist tun sie es aber aufgrund ihres außenpolitischen Renommees.«
»Die Versorgung geht hier über den Zwischenhandel«, ergänzte Hösli. Er sah zu Judith. »Als Ökonomin sind Ihnen diese Mechanismen ja bekannt.«
Judith war irritiert. Man hatte sie zu dieser Sitzung wegen einer Assistentenstelle bei der Banque Duprey gebeten, die sie abgelehnt hatte. Das war schon merkwürdig. Und nun bot man ihr Bilder von Kindersoldaten und einen Vortrag über internationale Krisenherde und Waffenhandel. Alles, was sie darüber wusste, war, dass viele der Transaktionen durch Rohstoffe gedeckt wurden. Insbesondere der Diamantenhandel spielte eine Rolle. Sie zuckte die Schultern. »Ich weiß noch immer nicht, was Sie von mir wollen.«
»Wir waren vielleicht etwas zu umständlich«, begann der schwarze König und schürzte die Lippen. »Die ganze Sache ist ziemlich komplex.«
»Ich bin nicht blöd«, sagte Judith. »Wenn die Banque Duprey da mit drinsteckt, warum leiten Sie keine Untersuchung ein? Nehmen Sie die Bank doch hoch. Verhaften Sie die entsprechenden Leute … Es ist keine gute Idee, mich da vorzuschicken. Ich habe nämlich keine Ahnung von dem ganzen Zeug, das Sie hier erzählen.«
»Das ist nicht so einfach«, sagte Hösli. »Und was Sie betrifft, so wissen wir sehr gut, wovon Sie eine Ahnung haben und wovon nicht. Es ist auch nicht die Rede davon, dass Sie Dinge tun, die Sie nicht können. Wir brauchen Informationen, das ist alles.«
Zimmer überlegte kurz. »Wir haben normalerweise einen guten Überblick über die Art und Weise, wie dieser Zwischenhandel … dieses cash and carry funktioniert. Die Seriennummern der sichergestellten Waffen sagen uns, wer was wohin geliefert hat. Wir kennen die Konten der beteiligten Personen und können die Zahlungsströme einschätzen. Auch wenn sich der Handel schrecklich bemüht … Es gibt Leute, die uns diese Informationen zutragen. Für Geld – oder für ein Geschäft. Wie Sie gesehen haben, profitieren alle davon.«
»Es ist wie Poker.« Hösli grinste. »Jeder rechnet sich aus, welche Karten der andere hat – außer dass natürlich keiner das Blatt am Ende ganz auf den Tisch legt.«
»Und wir – das sind die Geheimdienste, nehme ich an.« Judith sah fragend zu Zimmer.
»Oder die Regierungen, das ist ja dasselbe.« Der Mann vom SND dachte einen Moment nach, als prüfte er den Satz auf seinen Wahrheitsgehalt. »Und hie und da gelingt es uns, eine Karte zu tauschen. Es ist normalerweise ein sehr übersichtliches Spiel, vorausgesetzt, es halten sich alle an die Regeln.«
»Und Duprey … Wie spielen die da mit?«, wollte Judith wissen.
»Genau wissen wir das nicht. Aber in den letzten Jahren haben sich die Dinge verändert. Gewisse Spuren wurden verwischt. Genauer gesagt, sie verliefen plötzlich im Sand. Wir finden zwar noch immer die Waffen … Aber von einem Teil des Geldes fehlt jede Spur … Als ob es plötzlich unsichtbar wäre.«
»Geld, das bis dahin bei der Banque Duprey war«, präzisierte Hösli.
»Zahlungsströme sind immer sichtbar«, sagte Judith. »Schauen Sie sich die Bewegungen in den internationalen Clearingsystemen an … Da finden Sie jeden transferierten Franken.«
»Haben wir alles geprüft«, sagte Paul Zimmer geduldig. »SIX, SIC … das ganze Programm. Wir kommen nicht mit leeren Händen, Frau Bill.«
»Da ist nichts«, sagte Hösli und warf theatralisch die Arme hoch. »Und damit läuft alles aus dem Ruder.«
»Wir sind sogar noch einen Schritt weiter gegangen.« Paul Zimmer sah zu Adrian Horlacher, der die ganze Zeit über wortlos an seinem Laptop gesessen hatte. »Zeigen Sie unseren Mann.«
Auf der Leinwand löste sich die Weltkarte mit den Krisenherden langsam auf.
»Ich muss ihn erst suchen«, sagte der Assistent.
»War auch nicht abgemacht, dass wir den zeigen.« Hösli rümpfte die Nase. »Aber bitte: Unsere Lady will alles ganz genau wissen.«
Judith sagte nichts. Sie hielt ihren Blick auf die Leinwand gerichtet und beobachtete, wie nun dort der Bildschirm von Horlachers PC erschien. Der Assistent öffnete Verzeichnisse und Unterverzeichnisse, manövrierte den Pfeil seiner Maus durch Listen von Dateien. Zweimal öffnete und schloss er eine falsche Akte.
Judith las die
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