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Ruf der Drachen (German Edition)

Ruf der Drachen (German Edition)

Titel: Ruf der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yalda Lewin
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erkannt zu haben?«
    Thiel musterte mich so interessiert, als wäre ich ein seltenes Insekt, das zufällig den Weg in sein Büro gefunden hatte, und zugleich so kühl, dass ich nicht einordnen konnte, ob das jetzt eher positiv oder negativ war. Ich rutschte auf dem viel zu weichen Stuhl herum und verfluchte mich insgeheim dafür, Hades auch nur ein einziges Wort verraten zu haben. Ich hätte meine Vermutung für mich behalten sollen! Issac Heims Geist hatte recht gehabt: Es war gut, den Mund halten zu können. Leider war es dafür jetzt zu spät …
    »Das habe ich James Reilly doch schon mitgeteilt«, sagte ich knapp. Ich hatte wenig Lust, alles noch einmal zu erzählen.
    Hades beugte sich zu Thiel hinüber und instruierte ihn in kurzen Sätzen über unser Gespräch im Keller. Meine Ungeduld stieg. Wenn ohnehin alle hier von den Wasserspeiern wussten und wenn diese ein lange erprobtes Mittel zur Auffindung möglicher Akademieanwärter waren, wieso war dann meine Entdeckung einer möglicherweise direkt bevorstehenden Revolution niemandem bekannt? Das konnte doch überhaupt nicht sein!
    Ich räusperte mich. Sofort unterbrachen Thiel und Hades ihr Geflüster und blickten mich an.
    »Passen Sie auf«, sagte ich möglichst ruhig. »Ich erzähle Ihnen alles, was ich über die Wasserspeier weiß. Aber erst, nachdem Sie mir haarklein erklärt haben, warum das für Sie wichtig ist.«
    Thiel lächelte grimmig. »Soll das eine Erpressung werden?«
    Ich verstand erst nach einigen Sekunden, weshalb seine Antwort so seltsam ausfiel. Und wieso er und Hades überhaupt so misstrauisch auf die Erwähnung einer Botschaft in den Wasserspeiern reagiert hatten. Doch dann traf es mich wie ein Blitz: Nahmen die beiden etwa an, ich hätte irgendwelche brisanten Informationen, die der Akademie eventuell schaden könnten?
    Mein Herz begann wie rasend zu schlagen. So absurd es klang, aber diese Vermutung war vielleicht meine einzige Chance, hier heil wieder rauszukommen! Ich musste sie in dem Glauben lassen, dass ich etwas wusste. Etwas, was beide in gewaltige Schwierigkeiten bringen könnte!
    »Vielleicht«, entgegnete ich, die Stimme ein wenig heiser vor Aufregung.
    Meine Gedanken überschlugen sich. Was, wenn ich tatsächlich einer Sache auf die Spur gekommen war, die eigentlich Geheimdienste beschäftigte? Was, wenn diese merkwürdige Akademie selbst Teil des Geheimdienstes war – für welches Land auch immer?
    Mir wurde übel. Es war wie ein Trapezakt ohne Sicherung und doppelten Boden. Vielleicht brachte mich die Vortäuschung falscher Tatsachen erst recht in Teufels Küche? Wer sagte denn, dass die mich nicht einfach umlegen würden, sobald ich unbequem wurde?
    Die Situation war – gelinde gesagt – unschön. Mehr als unschön. Aber mir blieb nur, mich nicht einschüchtern zu lassen und ein Pokerface aufzusetzen. Und genau das tat ich.
    Thiel baute sich vor mir auf und musterte mich eisig. Herausfordernd hob ich das Kinn und hielt seinem Blick stand.
    Schließlich trat er einen Schritt zurück und nickte finster. »Also gut. Ich erkläre Ihnen, warum es wichtig ist. Aber zuerst erzählen Sie mir alles über Maren Unger.«
    Ich schüttelte irritiert den Kopf.
    »Was haben Sie denn nur immer mit Maren? Sie ist eine Studentin, mehr nicht! Ich kann Ihnen auch nichts weiter dazu sagen.«
    Thiel lachte so schallend auf, dass sich mir die Nackenhaare aufstellten.
    »So, Sie können nichts darüber sagen? Ja? Dann wissen Sie wohl auch nicht, dass Ihre Freundin verschwunden ist? Und wo sie steckt?«
    In Sekundenbruchteilen wurde mir der Boden unter den Füßen weggezogen. Alles, was ich bisher für sicher gehalten hatte, geriet ins Schlingern. Fassungslos starrte ich Thiel an.
    »Verschwunden? Was ist mit Maren?«
    Thiel kratzte sich über die Bartstoppeln, die sein Kinn wie ein feiner Schatten überzogen. Erst jetzt fiel mir auf, dass er müde aussah.
    Er öffnete eine Akte und schob sie mir kommentarlos zu. Ich blicke hinein – und musste schlucken.
    Es waren Fotos. Überwachungsbilder. Maren vor ihrem Haus, Maren in der Uni, Maren bei einem Klavierabend auf der Bühne. Als ich zu den letzten Bildern kam, zuckte ich zusammen. Sie zeigten Maren – und mich.
    Ungläubig sah ich zu Thiel auf.
    »Sie haben uns überwachen lassen? Aber warum?«
    Hades räusperte sich.
    »Jakob, sind Sie sicher, dass Sie keine Ahnung haben, was hier los ist?«, fragte er förmlich. »Es wäre jetzt wirklich ein guter Zeitpunkt, einzulenken.«
    »Nein, zur

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