Ruf der Dunkelheit
fiel zurück auf die vergilbte Seite des Grimoires. „Wir brauchen allerdings noch ein paar Sachen, die ich nicht hier habe.“
„Und was heißt das?“, fragte Valentina argwöhnisch.
„Das heißt, dass Tamara und ich noch einen kleinen Ausflug machen müssen.“ Sie wandte sich an mich. „Du kannst schneller Auto fahren als ich und“ sie zog ihr Smartphone aus der Tasche und tippte darauf herum, „der nächste Laden in dem wir alles bekommen, ist drei Stunden von hier entfernt. Das bedeutet, wir brechen sofort auf.“
„Wieso soll gerade Tamara dich begleiten? Ich könnte dich auch fahren – oder Julian.“ Valentinas Augen wurden schmal. Olivia schenkte ihr daraufhin einen Blick, der keine Fragen offen ließ. „Weil ich Tamara einiges darüber erklären muss, wie so ein Zauber abläuft und funktioniert. Ich will nicht, dass sie mit einer falschen Äußerung oder Bewegung riskiert, dass wir scheitern.“
„Kommst du hier klar?“ Mein Blick fiel über Julians Schulter hinweg zu Valentina, die mit unterkühlter Miene etwas abseits stand. Es bestand kein Zweifel, sie war nicht überzeugt, von Olivias Vorhaben. Aber da es im Moment unsere einzige Chance darstellte, herauszufinden wo man Max hingebracht hatte, schwieg sie. Julian nickte und ein Grinsen zuckte um seine Mundwinkel. „Mach dir keine Sorgen, ihr seid ja bald zurück.“ Er strich mit seinen Fingern über meine Wange, umschloss mein Kinn mit zwei Fingern und hob es an. Mit seinen weichen Lippen drückte er mir einen Kuss auf den Mund. „Bis später!“, raunte er, ehe ich in den Wagen stieg, in dem Olivia schon auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte.
Ich startete den Motor und lenkte den Geländewagen eilig durch die schmalen Waldwege. Während der Fahrt blätterte Olivia in verschiedenen Büchern und schrieb eine Liste, mit den Utensilien, die sie für das Ritual benötigte.
„Wir sind da – hier ist es.“ Olivia sah aus dem Fenster und deutete auf eine Ladenzeile, direkt an der Straße. Ich stellte das Auto direkt auf dem Seitenstreifen ab und folgte ihr zum Eingang des vorletzten Geschäfts, dessen Schaufenster verdunkelt waren. Es war fast unmöglich, durch die Scheibe etwas zu erkennen, selbst für meine Augen.
Olivia drückte die Türklinke hinunter und öffnete die geschwärzte Glastür mit einem leisen Quietschen. Sie trat ein und auch ich wollte einen Fuß über die Schwelle setzen, doch in diesem Moment schien ich gegen eine unsichtbare Wand zu laufen. Ich versuchte erneut, durch die Tür zu treten, doch wieder hinderte mich etwas daran, das sich wie ein unsichtbarer Vorhang anfühlte.
„Halt! Keinen Schritt weiter!“ Eine aufgebrachte Stimme ertönte und ich sah, wie Olivia aprubt stehen blieb und beschwichtigend die Arme nach oben riss. „Wer sind Sie? Und was wollen Sie – oder vielmehr, was will die Kreatur da draußen?!“, rief die Stimme, die zu einer Frau gehörte. Doch noch hatte ich sie nicht zu Gesicht bekommen, denn in das kleine Geschäft drang nahezu kein Tageslicht. Der Schein der geöffneten Tür zeigte nur Olivia, die begonnen hatte, beruhigend auf die Ladenbesitzerin einzureden. „Warum haben Sie sie mitgebracht?“, hörte ich die fremde Stimme fragen und plötzlich erschien ein Gesicht vor mir. Eine Hexe, die mit Sicherheit schon Tausend Jahre alt war. Ihre trüben Augen starrten mit einem beängstigenden Schimmer in mein Gesicht. „Du meine Güte…“ Ein Murmeln entfuhr ihren runzeligen Lippen. Ihr Blick blieb an meine Augen kleben und sie schüttelte die ganze Zeit über leicht den Kopf, so als könnte sie selbst nicht glauben, was sie da sah. „Was ist das?!“
Olivia trat hinter sie und zog fragend die Brauen zusammen. „Sie ist ein Vampir – ich weiß … die meisten Hexen meiden diese Kreaturen, aber ich kann Ihnen versichern …“ Die Alte riss die Hand hoch und fuchtelte drohend mit ihrem Zeigefinger vor mir herum, sodass Olivia verstummte. „Das soll ein Vampir sein? Was … sind das für Augen?“ Eine wütende Falte vertiefte sich zwischen ihren Brauen und sie wandte sich zu Olivia um. „Was haben Sie mit einem solchen Dämon zu schaffen?!“ Ihre Stimme wurde schrill.
Ich kam mir vor, wie in einem absurden Film. Die beiden redeten über mich, als wäre ich gar nicht anwesend. Also beschloss ich, mir Gehör zu verschaffen. „Entschuldigen Sie, aber es kann auch für sich selbst sprechen – wenn Sie erlauben.“ Sofort hatte ich ihre volle Aufmerksamkeit. Sie kniff
Weitere Kostenlose Bücher