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Ruf der Dunkelheit

Ruf der Dunkelheit

Titel: Ruf der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Rauch
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die apathische Hexe vor mir, die sich mittlerweile leicht zu ihrem Sprechgesang hin und her wiegte. Es waren nur minimale Bewegungen, mit dem menschlichen Auge wahrscheinlich nicht zu erkennen, doch mir blieben sie nicht verborgen. Ich lauschte dem monotonen Gemurmel und bekam mit einem Mal das Gefühl, dass unser kleiner Kreis von einer Art Nebel eingehüllt würde. Dampfend erhob sich der weiße Schleier langsam aus dem feuchten Waldboden und bildete eine wabernde Hülle um uns. Olivias Lider öffneten sich langsam; ihre Augen hatten einen fremdartigen Glanz bekommen. Sie wandte den Kopf und sah sich um – ich wagte es nicht, sie anzusprechen. Schließlich wollte ich nichts falsch machen, denn der Zauber war nicht so einfach zu wiederholen. Wir hatten also nur diese eine Chance.
    „Gib mir deine Hände.“ Olivia sprach mich mit rauem, flüsterndem Unterton an, der nichts mit ihrer vertrauten hellen Stimme gemeinsam hatte. Ich schluckte hart gegen das drückende Gefühl in meiner Kehle an und streckte zögernd meine Arme aus. Als sich unsere Handflächen berührten, zuckte ich kurz zusammen. Ein leichter elektrischer Impuls schien durch unsere Haut zu fahren, während Olivia die Finger um meine Hände schloss. Es kam mir fast so vor, als wäre die Energie, die sich um uns herum aufgebaut hatte, fühlbar - wie ein leichter, seidener Vorhang. „Schließ deine Augen“, befahl Olivia knapp und ich gehorchte. Während sich meine Lider senkten und ich nur noch das tanzende Licht der Kerzen als gedämpften Schein vor meinen geschlossenen Augen wahrnahm, begann Olivia erneut, für mich unverständliche Worte zu raunen. Immer schneller, bewegte sich ihre Zunge, bis das Gesagte zu einem zischenden Wispern überging. Meine Finger kribbelten und meine Umgebung rückte in weite Ferne. Mein Kopf war gefüllt, mit flüsternden Stimmen, jedoch verstand ich nicht ein einziges Wort. Das Flüstern wurde zu einem Rauschen. Wie ein Strudel, der mich mitriss und immer tiefer mit sich fort zog. Fort von der Realität, von meinem Platz auf dem Waldboden, hinein in einen Wirbel aus Formen und Farben, die vor meinen Augen tanzten. Ich vergaß völlig, woher ich kam und wohin ich eigentlich wollte – sah nur noch eins vor mir, das Licht am Ende des tosenden Strudels aus Bildern, die an mir vorbeirauschten.
    Ich schien zu fallen, unaufhaltsam, während das blitzende Konfetti aus Momentaufnahmen fremder Leben um mich herumwirbelte. Ich versuchte vergeblich, einzelne Bildfetzen festzuhalten, doch sie entglitten mir alle sofort wieder. Nur das grell scheinende Loch unter mir, kam immer näher. 
    Er schmerzte in meinen Augen, blendete mich – dieser gleißende Lichtstrahl, der sich unerbittlich durch meine Iris fraß. Ich schrie auf und riss die Arme hoch, um meine Augen zu bedecken, da war es plötzlich dunkel. Nur für den Bruchteil einer Sekunde, dann bewegten sich verschwommene Umrisse vor meinen Augen und ich ließ die Hände wieder sinken. Blinzelnd versuchte ich, meinen Blick zu schärfen und aus den verwaschenen Farbtupfern formte sich langsam ein Bild.
    Wo war ich? 
    Es dauerte eine Weile, bis sich meine Sinne so weit schärften, dass ich in der Lage war, meine Umgebung zu erkennen. Leise Musik drang an meine Ohren. Es schien sich um ein modernes Lied zu handeln, das gerade lief, denn es kam mir bekannt vor. Ich blinzelte erneut und sah nach oben. Ich lag in einem Bett, dessen Himmel mit weißem, leicht durchscheinendem Stoff verziert war. Neben mir bewegte sich die Matratze und ich wandte den Kopf. Ein blonder Schopf hob sich … Haare, wie gesponnene Goldfäden, die den Duft einer blühenden Blumenwiese verströmten. Ich sog begierig den betörenden Geruch ein und spürte, wie jede einzelne meiner Zellen von einer tröstenden Wärme durchflutet wurde. Zarte, feingliedrige Finger gruben sich leicht in meine Haut, zeichneten die hervortretenden Adern meiner Unterarme nach und verflochten sich mit meiner Hand. Ich seufzte wohlig, als sich erneut der Kopf neben mir hob und sich mir zuwandte. Alles in mir zog sich kurz zusammen und ich begriff, dass nicht ich dort lag, nicht ich dort handelte, sondern dass ich nur Zuschauer war – ich sah durch fremde Augen und als ich erkannte, was oder vielmehr, wen ich durch diese Augen sah, wollte ich nur eines – so schnell wie möglich zurück! Wo immer das auch war!
    „Ach Liebster, wie sehr habe ich mir diesen Moment herbeigesehnt …“, wisperte die liebliche Stimme des Engels neben

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