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Ruf der Dunkelheit

Ruf der Dunkelheit

Titel: Ruf der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Rauch
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Worte hören konnte. Ich griff nach dem Block, neben Olivias Unterarm, auf dem sie sich einige Notizen gemacht hatte und begann ein paar Zeilen zu schreiben.
    Ich hatte soeben einen Entschluss gefasst. Doch Julian durfte davon nichts erfahren. Zu oft hatte er sich meinetwegen schon in Gefahr begeben und beim letzten Mal hatte er das fast mit seinem Leben bezahlt. Ich wollte sicher gehen, dass ihm nichts geschah, auch wenn das bedeutete, dass er wahrscheinlich ziemlich wütend auf mich sein würde, wenn er davon erfuhr.
    Eilig ließ ich den Kugelschreiber über das Papier tanzen, während sich Olivias Miene verfinsterte. Ich schob ihr den Block zu und nickte stumm. Während sie meine Zeilen überflog, konnte ich ihr genau ansehen, dass ihr nicht gefiel, was dort stand. Behutsam legte sie den Block auf den Tisch, riss die Seite heraus und schob sie in ihre Hosentasche. Sie kaute die ganze Zeit über nachdenklich auf ihrer Unterlippe. Meine Augen folgten jeder ihrer Bewegungen und als sich unsere Blicke begegneten, hoffte ich, dass sie meinem stummen Flehen nachgeben würde. „Ich finde aber, wir sollten nichts überstürzen“, erklärte Olivia schließlich, mit lauter, fester Stimme und nickte mir fast unmerklich zu. Ich formte mit meinen Lippen ein tonloses
Danke
, das sie mit einem Augenrollen quittierte. Ich konnte verstehen, dass ihr nicht wohl dabei war; umso dankbarer war ich, dass sie mir dennoch helfen würde.
     
    Später saß ich neben Julian an unserem Platz am Ufer des Sees und sah der langsam, aber stetig aufsteigenden Herbstsonne zu, die die Wasseroberfläche schimmern ließ. „Bist du mit Olivia weitergekommen?“, wollte Julian wissen und durchbrach die Stille, die uns die letzte Stunde umgeben hatte. Er schien zu ahnen, dass Olivia den ungefähren Aufenthaltsort von Margaretha und somit auch von Max kannte. Trotzdem wartete er geduldig ab, bis ich bereit war, ihm etwas zu erzählen. Wenn ich ihn so sah, kamen mir die letzten beiden Jahre, in denen er von Gier, Wut und Selbsthass beherrscht wurde, fast schon unwirklich vor. Ich lehnte mich an seine Schulter und sofort umfing mich die pulsierende Wärme, die von ihm ausging.
    „Sie denkt, sie weiß wo die beiden zu finden sind“, erwiderte ich zögernd.
    „Und? Werden wir etwas unternehmen?“, bohrte er weiter. Ich atmete tief aus, ehe ich antwortete. „Sie möchte nicht übereilt handeln. Deshalb hat sie mir den genauen Ort auch nicht verraten.“ Ich war mir meiner Lüge bewusst, aber es musste so sein. Ich wollte Julian da raus halten.  Er schwieg einen Moment lang nachdenklich und ich war mir nicht sicher, ob er meinen Worten Glauben schenkte. „Und Valentina? Wisst ihr, wo sie jetzt ist?“ Seine Frage ließ ein mulmiges Gefühl in mir aufkeimen.
    Ja, ich hatte versucht sie zu sehen – aber genau wie bei Max, war es mir seit ihrem Verschwinden vor zwei Tagen nicht mehr möglich, eine Verbindung zu ihr herzustellen. Ich schloss seufzend die Augen und schüttelte den Kopf. „Nein. Es ist wie mit Max – ich sehe sie nicht mehr.“
    Julian schlang tröstend einen Arm um mich und zog mich noch dichter an sich heran. „Es wird ihr schon nichts passiert sein“, flüsterte er und seine Stimme klang, als ob er uns beiden Mut machen wollte. Ich wandte meinen Kopf und sah in seine Augen, die durch das Sonnenlicht einen wahren Farbwirbel reflektierten. „Irgendwie kann ich Val mittlerweile verstehen – an ihrer Stelle hätte ich wahrscheinlich genauso gehandelt, und wenn es noch so unvernünftig gewesen wäre“, murmelte ich leise und ließ meinen Blick über das funkelnde Wasser schweifen. Ich spürte, wie Julian neben mir nickte, während er meine Hand nahm und unsere Finger betrachtete. „Glaub mir, niemand kann ihr diese Verwirrung, die Wut und auch die unglaubliche Sehnsucht besser nachfühlen, als ich“, erwiderte Julian spröde. „Als Damian dich damals gefangen hielt, hätte ich alles dafür gegeben, dich zurückzubekommen. Und auch ich wurde von meinen Gefühlen überwältigt und habe mich dazu hinreißen lassen, etwas Dummes und Leichtfertiges zu tun.“ Er neigte den Kopf und sah mich an. „Aber ich würde jederzeit wieder so handeln.“ Seine Stimme war nur ein Wispern, als sich sein Gesicht meinem näherte und sich unsere Lippen sanft berührten.
    Seine zarten Küsse wurden fordernder, er drängte sich fest an mich, verbiss sich in meiner Unterlippe und umklammerte mich, wie ein Ertrinkender. Ich begrüßte seine stürmische

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