Ruf der Dunkelheit
kochte die Wut in mir hoch. Ich fühlte mich verraten und hintergangen; und das von denjenigen, die sich meine Freunde nannten – ich hatte ihnen blind vertraut. Aber das war jetzt vorbei!
„Aber – was?“, knurrte ich mit zusammengepresstem Kiefer. Ich sah, wie Tamara zurückzuckte. „Ähm … nichts … ich – bitte Val, bleib hier, bei uns und … wir reden darüber. Über die Vision und …“, stotterte sie unbeholfen, doch ich fuhr ihr dazwischen. „Reden? Darüber, was ihr mir verschwiegen habt?! Oder über was möchtest du gerne mit mir sprechen?!“, schrie ich ihr mitten ins Gesicht. „Über die Tatsache, dass ihr mich hintergangen habt?!“ Ich schnaubte verächtlich und konnte beobachten, wie die drei plötzlich betreten den Blick senkten oder unangenehm berührt von einem Bein aufs andere traten.
Ich wirbelte herum und riss die Tür nach draußen auf. Ohne mich umzudrehen, marschierte ich auf Max´ SUV zu, als die Luft um mich herum surrte und Tamara plötzlich vor mir stand. Ihr Blick war flehend, während sie meinen Arm berührte. „Valentina, bitte … wir wollten es dir doch sagen“ Sie presste kurz die Lippen aufeinander. „Aber … ich hatte Angst … wie du es aufnehmen würdest.“
Mein Blick fiel auf ihre Hand, die meinen Unterarm umklammerte, ehe ich zu ihr aufsah. Ich erschrak fast über den eisigen Unterton in meiner Stimme, der irgendwie fremd klang. „Ich glaube dir kein Wort mehr und jetzt … lass mich los“, knirschte ich und verengte die Augen. Doch Tamara machte keine Anstalten, ihren Griff zu lockern. „Jetzt hör mir doch zu …“, begann sie wieder und plötzlich tauchte Olivia an ihrer Seite auf. „Gib Tamara keine Schuld. Ich habe ihr dazu geraten, dir vorerst nichts zu erzählen …“, versuchte sie verzweifelt, die Situation zu entschärfen. Doch ich hörte schon gar nicht mehr richtig zu. Ich war es leid, mir ihre Ausflüchte und Lügengeschichten anzuhören. Mit einer schnellen Bewegung wand ich mich aus Tamaras Griff und schubste sie zur Seite. Offenbar wandte ich etwas zuviel Kraft an, denn sie flog rückwärts über den mit Laub bedeckten Boden. Der plötzliche Luftstoß wirbelte sämtliche Blätter in der direkten Umgebung auf, während Tamara gegen einen Baum knallte, dessen Stamm von einem lauten Knacken durchzogen wurde.
Ich beobachtete die Szene, wie durch fremde Augen, als mir bewusst wurde, was ich gerade getan hatte. Die fassungslosen Blicke von Julian und Olivia ruhten auf mir, während Tamara sich aufrappelte und einige lose Blätter von ihrem Pulli klopfte. „Sag mal, spinnst du?!“, schrie sie mir entgegen, während sie kopfschüttelnd auf mich zustapfte. „Ich kann ja verstehen, dass du wütend bist – aber was sollte das denn gerade?“
Wortlos riss ich die Beifahrertüre auf und warf meinen Koffer auf den Sitz. Kaum hatte ich die Tür wieder geschlossen, stand Tamara vor mir. Sie kniff die Augen zusammen und kaute auf ihrer Unterlippe. „Was ist wirklich los Val?“, zischte sie, während sie mich eingehend musterte. „Erträgst du es nicht, das Wissen, dass Max sie noch immer liebt?“ Ihre Worte erschütterten mich bis ins Mark und plötzlich sah ich ein wütendes Flackern in ihrer Iris. Ich ballte die Fäuste, mein Körper bebte, doch sie legte sofort nach. „Kann es vielleicht sein, dass du mir nicht gönnst, dass Julian und ich wieder vereint sind? Ich sage dir jetzt mal was – Max ist aus freien Stücken bei ihr geblieben. Ich weiß das, weil ich es gesehen und gespürt habe. Margaretha wollte ihn zurück und er ist bei ihr. Es ist also weder meine, noch Julians Schuld – ob dir das passt oder nicht!“ Ihre Stimme wurde zu einem bedrohenden Flüstern und in diesem Moment wurde ich von den Gefühlen, die in meinem Körper tobten, einfach überrollt.
Mit einem Aufschrei stürzte ich mich auf Tamara, packte sie an der Kehle und schleuderte sie so fest ich konnte, von mir weg. Völlig überrumpelt von meinem Angriff, blieb ihr noch nicht einmal Zeit, sich zu wehren. „Val – nicht!“, hörte ich Julians laute Stimme neben mir, doch ich wandte ihm nur kurz mein Gesicht zu, fletschte knurrend die Zähne und schrie: „Halt dich da raus!“, ehe ich meine Aufmerksamkeit wieder auf seine Gefährtin richtete. Die war inzwischen schon wieder auf den Beinen und bleckte wütend ihre Fangzähne, während sie sich langsam und geduckt auf mich zu bewegte.
„Ich sage es dir nur einmal, Val – es ist momentan keine gute Idee,
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