Ruf der Dunkelheit
die Frontscheibe und stellte fest, dass wir den Ort schon fast verlassen hatten. Ich wollte schon einen ungehaltenen Kommentar in Darias Richtung abgeben, da tauchte hinter ein paar spärlich belaubten Bäumen ein Friedhof zu unserer Rechten auf.
„Hier muss es sein.“ Daria starrte an uns vorbei, auf den Totenacker der sich über eine relativ große Fläche erstreckte. Zwischen den Gräbern ragten die nackten Äste der umstehenden Bäume in den stahlgrauen Himmel. Es dämmerte bereits und bald schon würde sich die Dunkelheit über diesen unheilvollen Ort legen.
Julian stellte den Wagen auf einem geschotterten Parkplatz ab und wandte sich nach hinten um. „Und wo genau vermutest du Max hier?“ Daria biss sich betreten auf die Unterlippe. „Ich … ich weiß es nicht genau – nur zwei von ihren treuesten Untergebenen wissen, wo genau sie ihn hingebracht hat.“
„Was macht dich dann so sicher, dass er überhaupt hier ist?!“, fuhr ich sie ungehalten an. Michael hob abwehrend die Hände. „Bitte Tamara! Ich weiß, es fällt dir schwer, ihr zu vertrauen – das verstehe ich. Aber bitte, können wir damit aufhören, uns gegenseitig anzufeinden?“ Seine gutmütigen, stahlblauen Augen ruhten flehend auf mir und ich sog geräuschvoll Luft ein. „Okay – also“ Ich wandte mich erneut an Daria, doch diesmal sprach ich sie in einem neutralen Ton an. „Woher weißt du, dass er hier ist?“
Michael warf mir einen dankbaren Blick zu und ich nickte leicht. Daria hingegen, sog zischend Luft in ihre Lungen und sah einen Moment lang auf ihre Hände, die gefaltet in ihrem Schoß lagen. „Margaretha hat mir erzählt, sie bringt ihn nach Hause. Er sollte bei seiner verblichenen Familie auf sie warten, bis sie alles aus seinem bisherigen Dasein ausgelöscht hätte.“ Sie blickte jedem von uns ins Gesicht und wir wussten, was ihre Worte zu bedeuten hatten. Margaretha hatte vor, seine bisherige Vergangenheit durch unseren Tod zu vernichten. Ich sah, wie Valentinas Nasenflügel begannen zu beben. „Seit sie mich an ihre Seite geholt hat, war ich gezwungen, sie bei ihrem Rachefeldzug zu unterstützen. Es begann hier … in der Nacht, in der sie zurückkehrte und die halbe Stadt tötete. Und es zog sich wie ein blutiger Faden bis zum heutigen Tag. Margaretha hatte alles bis ins kleinste Detail geplant.“ Ihr Blick fiel auf mich. „Deine Entführung durch Damian … das Mädchen, das sie schickte, um Julian zu vergiften, euer Zusammentreffen mit Ethan – alles sollte dazu dienen, Max von euch zu trennen und dafür zu sorgen, dass am Ende niemand mehr von euch übrig ist. Nur du Tamara, solltest die letzte sein, die stirbt. Margaretha wollte unbedingt so sein wie du … sie wollte alle Macht, die sie bekommen konnte und sie war ihrem Ziel so nah, wie nie. Es … es tut mir leid – wirklich…ich wollte nie, dass jemand ernsthaft verletzt wird … aber … ich hatte keine andere Wahl…Mir ist klar, dass das alles nicht mehr gut zu machen ist …“ Darias Stimme wurde zu einem leisen Flüstern, ehe sie verstummte und es kaum wagte, aufzublicken. Einen Moment herrschte komplette Stille. Es schien, als hätte sich eine lähmende Starre über uns gelegt.
Valentina war die erste, die das eisige Schweigen brach. „Wir sollten nicht länger warten, falls noch die Chance besteht, dass wir ihn lebend finden!“, erklärte sie knapp und öffnete mit einem Ruck die Tür.
Mein Blick fiel auf den schwarzen Van, mit den verdächtig dunklen Scheiben, der wenige Meter vor uns parkte. Ich hörte, wie Daria Michael aufgeregt etwas zuflüsterte. „Das sind bestimmt David und Ethan … sie sind die Gefährlichsten aus Margarethas Gefolge. Ich musste damals einen Zauber für sie entwickeln, der sie nahezu unverwundbar macht – zwar ist es mir nicht gelungen, sie so zu verwandeln, wie das mit Tamara geschehen ist, aber sie sind dennoch nicht zu unterschätzen.“ Ich konnte beobachten, wie nach Darias Worten fast zeitgleich Julians und Valentinas Köpfe herumschnellten.
„Was soll das heißen, sie sind gefährlich?!“ Julian hob eine Augebraue und spießte Daria mit seinen Blicken auf. „Könntest du das bitte ein wenig konkreter Ausdrücken?“
„Sie sind eben nicht so leicht zu verletzen – und sie heilen sehr schnell“, murmelnd starrte Daria auf die Kieselsteine zu ihren Schuhen, ehe sie den Kopf hob. „Aber ihr habt Tamara und mein Zauber hatte keine Auswirkungen auf ihre Sinne oder ihre Schnelligkeit – darin sind
Weitere Kostenlose Bücher