Ruf der Dunkelheit
sie euch nicht überlegen!“, erklärte sie mit Nachdruck.
Ich stieß einen undefinierbaren Laut aus. „Dann lasst uns mal keine weitere keine Zeit verplempern – hoffentlich kommen wir noch rechtzeitig!“ Julian und Valentina folgten mir durch das eiserne Tor, das ich so leise wie möglich aufdrückte, um uns nicht zu verraten.
„Am besten wir teilen uns auf!“, schlug Julian flüsternd vor und Val und ich nickten nur stumm. Ich gab Daria und Michael ein Zeichen, dass sie den beiden folgen sollten – nachdem was wir gerade erfahren hatten, war es sicher nicht verkehrt, wenn jeder von ihnen Unterstützung an ihrer Seite hatte. Ich wollte mich allein umsehen, denn Dank meiner Sinne würde ich früh genug gewarnt sein, sollte ich auf David und Ethan stoßen.
Ich lief aufmerksam zwischen den Grabsteinen entlang und nahm am Rande die Namen der Verstorbenen wahr, die man in die massiven Steine gemeißelt hatte. Plötzlich durchzuckte es mich, wie ein Stromstoß und ein Gedanke ergriff Besitz von mir, der mich die Gräber aufmerksamer betrachten ließ.
Laut Darias Erzählungen, sollte Max bei seiner toten Familie auf Margaretha warten. Fieberhaft streifte ich durch die Reihen, auf der Suche nach dem Namen Neumann – so lautete Max´ früherer Nachname, den er nach seiner Verwandlung abgelegt hatte. Der Friedhof war größer als vermutet und ich legte noch mehr an Tempo zu, als ich, von fremden Stimmen alarmiert, ruckartig stehen blieb und mich umwandte.
Hinter mir erstreckte sich ein länglicher Betonklotz, in dem die Urnen aufbewahrt wurden. Leise schlich ich an dem kühlen Stein entlang, bis die Stimmen lauter wurden. Ich presste mich gegen die Wand, verlangsamte meine Atmung und lauschte. „Warum müssen wir eigentlich immer noch ihre Drecksarbeit machen – sie ist längst tot!“, maulte eine der Stimmen barsch und ich hörte, wie Metall gegen Stein geschleudert wurde. Eine Schaufel flog an meinem Blickfeld vorbei und ich zuckte zusammen. „Wir haben es ihr geschworen und jetzt reiß dich zusammen! Erledigen wir unseren Auftrag und dann verschwinden wir von hier!“, erklang ein ungehaltenes Zischen, dann ertönte ein schleifendes Geräusch von etwas Schwerem, das über den Boden gezogen wurde. Im nächsten Moment drang ein Schlag, gefolgt von einem hölzernen Ächzen an meine Ohren. Ich schob mich an der Betonwand entlang, wandte mich halb herum und warf einen vorsichtigen Blick um die Ecke.
Das Bild, das sich mir bot, bestätigte meine Vermutung von vorhin.
Vor mir gähnte der Abgrund eines offenen Grabes, auf dessen Stein
Maximilian Jeremias Neumann
stand. Ein eisiges Stechen schnürte mir den Brustkorb zu – sie hatte ihn tatsächlich lebendig vergraben! Dieses kranke Miststück!
Bebend schlossen sich meine Hände zu Fäusten, während ich beobachtete, wie Ethan, die Schaufel ein weiteres Mal gegen den Sargdeckel stemmte. Tausend Gedanken schossen mir in diesem Moment in Sekundenschnelle durch den Kopf und ohne zu zögern stürmte ich auf die beiden zu, als der Deckel zu Max´ Gefängnis nachgab und einen halben Meter durch die Luft geschleudert wurde.
Ich griff nach der Schaufel zu meinen Füßen, während die Köpfe der beiden Vampire herumfuhren, als sie mich bemerkten. Ich holte aus, während Ethan ebenfalls schaufelschwingend auf mich zusprang, und schlug David im Vorbeilaufen mit einem einzigen Hieb den Kopf von den Schultern. Sein Haupt flog meterweit durch die Luft, während sein Körper augenblicklich kraftlos zusammensackte.
Da war es nur noch einer!
Mit einem Knacken zerbarsten die Holzstiele, als sie mit einer ungeheuren Kraft aufeinandertrafen. Splitter flogen und am Ende hielten Ethan und ich nur noch die spitzen Stumpen der Stiele in der Hand. Ethan knurrte, entblößte seine Zähne und schrie mich geifernd an: „Was hast du hier verloren?! Du solltest gar nicht mehr am Leben sein!“
„Ich hole Max zurück!“, knurrte ich nur und kniff herausfordernd die Augen zusammen. Argwöhnisch flog Ethans Blick über den Totenacker, offenbar hatte er Angst, dass ich nicht allein gekommen war. Doch von Julian und Valentina war nichts zu sehen – noch nicht. Doch der Lärm würde sie sicher bald in unsere Richtung lotsen.
Lässig schwang Ethan den Pfahl mit einer Hand, ehe er damit auf mich zustürzte. Blitzschnell griff ich nach seinem Arm, schloss meine Finger um sein Handgelenk und drückte so fest zu, dass meine Knöchel schmerzten. Ein leises Knacken zog sich durch
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