Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33
doch alle wurden rasch wieder verworfen. Noch in Bordeaux verbleiben? Dann wären weitere Begegnungen mit dieser Frau wohl kaum wirksam zu verhindern. Ein Abmarsch durch eines der anderen Stadttore? Das würde einen meilenweiten Umweg zur Folge haben – eine hirnverbrannte Alternative, wenn man lediglich einem Weibsbild aus dem Weg gehen wollte.
Wenngleich der Ehemann dir sicherlich sämtliche Glieder einzeln ausreißen wird, sollte sie dich noch einmal auf diese entflammende Weise küssen.
Als er seinen Waffengurt anlegte, was ihm ansonsten flink und gewandt von der Hand ging, hatte Hugues erneut das Gefühl, als habe er heute zwei linke Hände. Er stöhnte auf, als ihm bewusst wurde, dass er genau zur Prim am Osttor ankommen würde, wenn er in diesem hektischen Tempo weitermachte. Als dann sein Knappe allmählich wach wurde und sich verschlafen die Augen rieb, konnte sich Hugues einen Seitenhieb nicht verkneifen.
„Wie freundlich von dir, dass du so zeitig munter wirst“, brummte er und sah zu seiner Genugtuung, wie Luc vor Schreck die Augen aufriss, als er die zarte Rötung des Morgenhimmels bemerkte.
„Ach, pardon, Milord“, rief er zerknirscht und rappelte sich hastig hoch, wobei er versuchte, sich Tunika und Beinlinge gleichzeitig überzustreifen. „Alles nur meine Schuld, wenn wir zu spät aufbrechen. Ihr hattet mir doch ausdrücklich aufgetragen, Euch vor den Laudes zu wecken.“ Er guckte dermaßen verzagt zwischen dem Fenster und seinem Herrn hin und her, dass Hugues sich kaum das Lachen verkneifen konnte.
„Jetzt ist es bestimmt schon kurz vor der Prim“, flüsterte er eingeschüchtert, was Hugues mit einem kurzen Nicken bestätigte.
„So ist es“, bekräftigte er. „Und nun hör auf mit deinem Geplapper und spute dich. In Kürze müssen wir Saint Macaire erreichen.“
„Jawohl, Milord.“ Mit einer eiligen Verbeugung trollte der Junge sich hastig aus der Kammer, an den Füßen nur einen Stiefel. Auf halbem Weg die Treppe hinunter hielt er inne und zog sich umständlich auch noch den zweiten Stiefel über.
Hugues verfolgte den Aufbruch seines Knappen mit nachsichtigem Schmunzeln. Dann nahm er den Kanten Brot, den sein Herbergsvater ihnen dagelassen hatte, und steckte ihn für den Fall, dass sein junger Zögling unterwegs Hunger verspüren sollte, in seinen Mantelsack. Der Bursche lernte schnell, und dabei waren sie erst knapp ein halbes Jahr zusammen. Hugues war überzeugt, dass der junge Luc eines Tages einen vortrefflichen Ritter abgeben würde. Entschlossen straffte er die Schultern und atmete tief durch, während er an seine morgendliche Zwangslage dachte. Was sollte er von einer einzelnen Frau wohl zu befürchten haben?
Auch wenn sie widerstandsfähig wirkte wie seine geliebten Trauerweiden.
Sophie wurde von dröhnendem Glockengeläut geweckt. Stöhnend drehte sie sich auf den Rücken; nach einer ruhelosen Nacht war sie wie zerschlagen und hundemüde. Als sie bemerkte, dass im Haus alles still war, öffnete sie behutsam die Augen und war sofort hellwach, denn strahlendes Sonnenlicht kroch schon durch die Schlitze in den Fensterläden.
Unmöglich! So lange konnte sie nicht geschlafen haben. Entsetzt schlug sie die Läden weit auf und stellte fest, dass die Glocken ganz offensichtlich zur Terz läuteten, denn unten in der Gasse herrschte schon munteres Treiben. Die Prim war demnach längst vorüber. Die gute alte Sonne stand hoch über den Dachfirsten und näherte sich schon ihrem Zenit. Da war es kein Wunder, dass sich in der Küche kein Mensch regte. Warum war sie gerade heute, an diesem Tag aller Tage, nicht rechtzeitig von ihrer Familie geweckt worden?
Vielleicht hat er ja gewartet!
Allein der Gedanke genügte, dass Sophie sich rasch ankleidete und dann die Treppe hinunterlief. In der Küche hielt sie gerade so lange inne, um schnell in ihre Lederstiefel zu schlüpfen und sich den Mantel über die Schultern zu werfen. Dann hastete sie zur Tür hinaus, um sich zum Osttor aufzumachen.
„Hoppla, Sophie!“
Vor der Haustür prallte sie mit Rustengo de Cambris zusammen. Sie wäre gestürzt, hätte er sie nicht blitzschnell bei den Schultern gepackt und festgehalten. Sophie fing sich jedoch schnell und entzog sich seinen massigen Händen. Als Rustengo aufmunternd lächelte, fielen Sophie wieder Gaillard und seine Pläne ein.
Da sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte, rang sie sich schnell ein „Guten Morgen“ ab, was er mit einem grüßenden Nicken quittierte.
„Euch
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