Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33
Tränenschleier hindurch und warf sich ungestüm in seine Arme. Hugues, der nicht wusste, wie er auf diesen Ansturm reagieren sollte, ließ ihren so unverhohlenen Gunstbeweis überrascht und hilflos über sich ergehen, einen Arm gegen die Wand des Durchgangs gestützt.
„Ach, Hugues, wie froh ich bin, hier auf Euch zu treffen“, hauchte sie, an seine Brust geschmiegt, was seine Verwirrung nur noch mehr steigerte. Dieselbe Verblüffung spiegelte sich auch auf den Mienen der drei Besatzungsmitglieder, die wie vom Donner gerührt dastanden.
„Kennt Ihr dies Weibsbild etwa?“, erkundigte sich einer der drei, ein untersetzter Dicker.
Hugues spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. „Aye, wir hatten bereits das Vergnügen“, erklärte er peinlich berührt, da er nicht unritterlich sein und die Frau nicht bloßstellen wollte. Nicht auszudenken, wie sie wohl reagiert hätte, hätte er dies geleugnet.
„Aber Hugues“, mahnte sie leise und wandte sich, nun wieder selbstbewusst lächelnd, an die drei Besatzungsmitglieder. „Wir sind füreinander bestimmt“, erklärte sie ihnen vergnügt, und als die drei verwirrt die Augenbrauen hoben, konnte Hugues nur mit Mühe ein Stöhnen unterdrücken.
„Füreinander bestimmt?“, wiederholte der dicke Seemann mit einem zweifelnden Blick auf Hugues, der nur entnervt den Kopf schüttelte. Es wäre unhöflich, sich vor den drei Beobachtern mit ihr herumzustreiten, sagte er sich zerknirscht. Gleichzeitig zerbrach er sich den Kopf, wie er sie dazu bringen konnte, nicht jedermann sofort ihre verrückten Hirngespinste auf die Nase zu binden.
„Jawohl, vom Schicksal“, unterstrich sie energisch, worauf Hugues sich bereits auf das Schlimmste gefasst machte. „Nur ziert sich der Ritter de Pontesse, diese schicksalhafte Fügung zu erkennen“, verkündete sie dem Matrosen, der ihr am nächsten stand. Dieser wiederum wechselte mit Hugues einen bedeutungsvollen Blick, welcher Bände sprach.
Plötzlich tauchte der Bootsmann hinter Hugues auf, der streng zu wissen verlangte, was da auf seinem Schiff vorgehe. Hugues wollte zur Seite treten, um ihm Platz zu machen, was allerdings nicht leicht war, da Sophie ihn weiter umklammert hielt.
„Wir haben einen blinden Passagier aufgegriffen“, meldete der dickleibige Seemann, der sich offenbar zum Sprecher des Trios aufschwang.
„Ein Weib!“, fügte der Schiffsjunge hinzu – überflüssigerweise, denn der Bootsmann, so schien es Hugues, musste sich ein Schmunzeln verkneifen.
„Das sehe ich“, brummte er, wobei er Sophie einer genauen Musterung unterzog – für Hugues’ Geschmack sogar etwas zu genau.
Er straffte sich und stellte zu seiner Befriedigung fest, dass er den Bootsführer um Haupteslänge überragte. Bewusst legte er Sophie die Hand in die Rückenbeuge. Bei dieser Geste schmiegte sie sich noch dichter an ihn, sodass Hugues erneut jenen Hauch in ihrem Haar bemerkte, jenen luftigen, sonnigen Duft. Dass sich dabei sofort etwas in seinen Lenden regte, registrierte er mit einigem Argwohn.
„So seid Ihr also miteinander bekannt?“, fragte der Schiffsführer, dem die vertrauliche Geste nicht entgangen war. Hugues antwortete mit einem Nicken, denn in seinen Augen enthielt die Frage eine mehr als angemessene Beschreibung der Umstände. Sophie hingegen erstarrte, worauf er ihr mit einem sanften Druck stumm davon abriet, die Vermutung des Kapitäns auf ihre Weise richtigzustellen.
Zu seinem Unmut schlug sie seine unausgesprochene Warnung jedoch in den Wind. „Es ist mehr als bloße Bekanntschaft“, erklärte sie dem verblüfften Bootsführer. „Denn das Schicksal hat uns füreinander bestimmt.“ Resigniert bemerkte Hugues den gleichen konsternierten Ausdruck auf den Zügen des Kapitäns, welcher bei anderen auch stets auf diese Bemerkung folgte.
„So?“, fragte der Bootsmann misstrauisch, worauf Sophie stillvergnügt nickte. „Nun, wie dem auch sei – es bringt allemal Unglück“, fuhr er leise, aber mit drohendem Unterton fort, „ein Weib an Bord zu haben, wenn es aufs offene Meer hinausgeht.“
„Wird man sie an Land setzen?“, erkundigte sich Hugues, obwohl er ahnte, dass dies wohl eine vergebliche Hoffnung war. Trotzdem konnte er sein Entsetzen kaum verbergen, als der Bootsführer verneinend den Kopf schüttelte.
„Für derlei Extrawürste haben wir keine Zeit“, bekundete er knapp. „Wir schmeißen sie über Bord. Geschieht einem blinden Passagier nur recht.“
„Das ist nicht Euer Ernst!“
Der
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