Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33
gebutterter Milch.
Wieder hob der Kaufmann fragend die Brauen, aber Sophie wurde ganz kleinmütig. „Hugues, auch die sind viel zu teuer“, wandte sie ein, doch als er sie an sich zog, als wären sie ein Liebespaar, verlor sie sich ganz und gar. Und während er sich ihr zuneigte, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern, wurde ihr ohne jeden Zweifel klar, dass er sich am Ende doch durchsetzen würde. Denn sie konnte nicht einmal mehr klar genug denken, um sich mit ihm zu streiten.
„Probier sie doch einmal an“, murmelte er ihr ins Haar, und als Sophie aufschaute, sah sie, wie auch der Kaufmann ihr aufmunternd zulächelte. In diesem Moment glitt Hugues’ Daumen so auffordernd über ihren Rücken, dass sie gar nicht mehr Nein sagen konnte und ohne weiter zu überlegen nach den Handschuhen griff.
„Mit Eichhörnchenfell gefüttert“, erklärte der Händler mit einer Stimme, als sei der Handel schon beschlossene Sache. Sophie streifte den herrlich weichen Handschuh über die Finger und zeigte Hugues ihre Hand, um den Sitz zu demonstrieren. Der Kaufmann nickte stolz. „Das Zuschneiden besorgt meine bessere Hälfte“, hob er hervor. „Ihr seht gewiss, welch gutes Auge sie für derlei Dinge hat.“
„Aye, das kann man wohl sagen“, unterstrich Hugues, und als er nochmals mit seinem Daumen über Sophies Rücken fuhr, zog sie auch den anderen Handschuh an.
„Passen wie angegossen“, bemerkte der Kaufmann, da Sophie nichts sagte.
„Stimmt“, bestätigte Hugues, und als er sich zu ihr neigte, konnte sie an nichts anderes mehr denken als daran, ihn zu küssen. „Gefallen sie dir?“, murmelte er, das Gesicht dabei so nahe an dem ihren, dass ihrer beider Nasen sich fast berührten. Ehe sie sich Einhalt gebieten konnte, blickte Sophie ihm auf die Lippen, schlug dann aber bestürzt den Blick zu Boden.
„Wunderschön sind sie“, bekräftigte sie atemlos, obwohl sie nicht die Handschuhe meinte. Hugues lächelte glücklich und feilschte noch ein wenig um den Preis. Nachdem die beiden Männer sich handelseinig geworden waren, tauschten sie ein paar Höflichkeiten aus, während Sophie schon einige Schritte weiterging und sich einzureden versuchte, der kalte Schweiß auf ihrer Handfläche rühre von den warmen Fäustlingen her.
Hugues holte sie ein und bot ihr jetzt, da er sein Ziel erreicht hatte, galant den Arm. Obwohl sie den Kopf schüttelte, hakte sie sich bei ihm unter und merkte, wie schön es war, ihn einfach nur so erfreut zu sehen.
Wie sollte sie bloß jemals von diesem Mann lassen?
Im Dunkel der Nacht suchte der Traum Sophie schon wieder heim, und obwohl sie damit gerechnet hatte, versuchte sie doch verzweifelt, sich seinem Griff zu entwinden. Als es sie dann aufs Neue unwiderstehlich zu den Hünensteinen zog, wehrte sie sich vergebens gegen die Fesseln des Schlafs. Hilflos fröstelnd in der von den Felsen ausgehenden Kälte, vernahm sie ihr eigenes Stöhnen, als ihr das heruntergebrannte Feuer erschien. Nur einen Augenblick noch, dann würde sie ihnen abermals gegenüberstehen – entweder der verhüllten Gestalt oder dem öden, verlassenen Platz, wo sie eigentlich hätte stehen müssen. Noch einmal kämpfte sie gegen den Albtraum an.
„Sophie!“ Ein eindringliches Flüstern holte sie in die Wirklichkeit zurück. Schlagartig riss sie die Augen auf.
Als sie trotz des Halbdunkels die Balken unter der Decke erkannte, atmete sie erleichtert auf und streckte, ehe sie überhaupt nachdenken konnte, die Hand nach der schattenhaften Gestalt aus, die an ihrem Bett saß. Hugues! Im nächsten Augenblick brach sie in Tränen aus und war so erleichtert, dass sie gar nicht merkte, wie er sie an sich schmiegte, oder welche Worte er ihr ins Haar murmelte.
Sie war, das wurde ihr nun klar, dem Traum entronnen und sicher vor dem entsetzlichen Anblick. Hugues drückte sie an seine Brust und wiegte sie sacht, und allmählich fühlte sie, wie ihr jagender Herzschlag ruhiger ging. Dafür aber erweckte das gleichmäßige Pochen dicht unter ihrem Ohr etwas ganz anderes in ihr.
„Besser?“, fragte Hugues leise und löste sich leicht von ihr – viel zu schnell für Sophies Geschmack. Sie nickte und spürte, wie er sie musterte, während seine Fingerspitze sanft dem Schwung ihres Halses folgte und dabei ihr Haar sacht beiseitestreifte.
„Hast du oft Albträume?“, fragte er mit ruhiger Stimme.
Sophie bejahte abermals und versuchte mit fahrigen Bewegungen, sich die Tränenspuren von der Wange zu wischen. „Ja“,
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