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Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33

Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33

Titel: Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delacroix Claire
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Beobachtungsposten, um von dort den Gang der Ereignisse zu verfolgen.
    „Hast du das Brot?“, fragte Sophie verwirrt.
    Gereizt schüttelte er den Kopf. „Nein“, erklärte er kurz angebunden. „Schick den Knaben!“
    Dass die Normannen die Stadt gleichsam stillschweigend unterwanderten, betrachtete Hugues als schlechtes Zeichen. Soweit er es beurteilen konnte, verlief das Treiben in den Straßen und Gassen normal. Offenbar sah man in den fremden Besatzungstruppen keinen Anlass zur Sorge.
    Das konnte nur eines bedeuten: Die Bürger von La Rochelle unterstützten die englische Krone. Einen anderen Grund für die passive Duldung dieser Besatzung konnte er sich nicht denken. An sich gehörte La Rochelle zum französischen Einflussbereich, doch die Tatsache, dass man Hugues bei seinen Treffen mit den Stadtoberen so lauwarm begrüßt hatte, bewies nun in Verbindung mit der Einnahme eindeutig, dass Herzen und Hirne der Menschen in La Rochelle einem anderen Herrscher gehörten.
    Dies aber machte Hugues als alleinigem Gesandten des französischen Herrscherhauses zu einem unwillkommenen Gast, der sich nun, gelinde gesagt, in einer recht prekären Lage wiederfand. Anscheinend war es ein Fehler gewesen, länger als ursprünglich geplant in La Rochelle zu bleiben, nur weil er unbedingt sicherstellen wollte, dass Sophie ihn weiter auf der Reise begleitete.
    Was nun? Von einem mulmigen Gefühl erfasst, beobachtete er von seiner hohen Warte, wie die fremden Ritter unten durch die Gassen spazierten. Da war es müßig, dass er sich sein Kettenhemd herbeiwünschte, denn das rostete zweifellos irgendwo auf dem Grund der See vor sich hin. Sicher, er besaß noch sein Schwert, seinen Verstand und einen recht ordentlichen Gaul. Trotzdem war er auf sich gestellt, da gab er sich keinen Illusionen hin.
    Halt, ganz allein war er nicht. Mit einem Seitenblick musterte er Sophie und seinen Knappen, dem gerade aufgetragen wurde, sich vom Bäcker kein altbackenes Brot andrehen zu lassen. Wie hatte er nur auf die Idee kommen können, den Burschen zum Bäcker zu schicken? Womöglich würde man von ihm wissen wollen, wer denn sein Herr und Meister sei!
    „Sage bloß niemandem, wem du dienst!“, befahl Hugues dem Knaben, worauf Luc zögernd auf der Türschwelle innehielt. Hugues spürte zwar Sophies Blick und ihre Verwirrung, sah sie jedoch nicht an, denn sie würde bestimmt eine Erklärung von ihm verlangen. Noch aber hatte er sich seinen Plan nicht ganz zurechtgelegt. Er brauchte noch ein Weilchen, um sich alles in Ruhe zu überlegen.
    „Was gibt’s denn, Milord?“, fragte Luc mit einer Stimme, die seine Jugend nur allzu deutlich verriet.
    „Die Normannen sind gelandet“, teilte Hugues ihm knapp mit; dass Sophie bei diesen Worten irritiert die Stirn runzelte, gefiel ihm ganz und gar nicht. „Wenn du unbedingt Brot holen sollst, dann spute dich.“ Luc zog den Kopf ein, nickte nur kurz und verschwand die Treppe hinunter.
    Ob Sophie sich wohl denken konnte, in welchen Schwierigkeiten sie steckten? Begriff sie, dass die Wahrscheinlichkeit, von den Normannen aufgegriffen und festgesetzt zu werden, mit zunehmender Aufenthaltsdauer immer größer wurde? Vor zwei Tagen schon, nach Fertigstellung von Sophies neuen Kleidern, hätte er gen Paris weiterziehen sollen. Zum Teufel mit seiner Gutgläubigkeit! Es war sogar durchaus möglich, dass seine Wirtin ihn bereits verraten hatte. Verstohlen blickte er über die Schulter, als fürchte er, sie könne jeden Moment mit einem Trupp normannischer Söldner anrücken.
    Er selbst war das Problem, das wusste er nur zu gut. Er hätte sich ohrfeigen können für seine Dummheit. Sophie hingegen brauchte nichts zu befürchten; sie stammte aus der Gascogne, was man allein schon an ihrem Dialekt überdeutlich heraushörte. Und Luc? Der war zu jung, um eine Bedrohung darzustellen. Allmählich gelangte Hugues zu der schmerzlichen Erkenntnis, dass er seine beiden Begleiter durch seine bloße Gegenwart in Gefahr brachte. Er sah durchs Fenster, wie Luc rasch durch die Gassen drunten eilte.
    Sollte er die beiden lieber sich selbst überlassen?
    Die Vorstellung entsetzte ihn über die Maßen, sodass er sich erstaunt fragte, warum ihn der Gedanke so erschreckte. Den Knappen musste er beschützen; das hatte er schließlich gelobt. Es konnte also durchaus sein, dass es ihn bedrückte, womöglich sein Versprechen brechen zu müssen. Sophie hatte er zwei Mal geholfen, und zwar aus freien Stücken. Jedoch wusste er ebenso gut

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