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Ruf der Toten

Ruf der Toten

Titel: Ruf der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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genannt.«
    »Was habe ich?«
    Sie verdrehte die Augen, als würde er sich unglaublich dumm anstellen. »Beatrice!«
    Entweder er träumte noch oder sie verulkte ihn. Aber Letzteres war undenkbar, nicht nach dem, was geschehen war. »Wer ist…?«
    Sie unterbrach ihn und nahm ihm damit jede Hoffnung, es handele sich nur um einen Scherz. »Du hast im Schlaf ihren Namen genannt.«
    Langsam wiederholt er den Namen, betont jede einzelne Silbe, als wäre es ein neues Wort, das er noch nie gehört hatte, und dessen Sinn sich ihm erst noch erschließen musste. In gewisser Weise war es auch so. »Be… a… trice.«
    »Wer ist sie?«, presste Chris hervor.
    Er verzog sein Gesicht. »Keine Ahnung. Ich kenne keine Beatrice.«
    »Und woher kommt der Name?«
    »Mein Gott, weiß ich doch nicht.«
    Der Traum verflüchtigte sich wie ein Hauch von Hasch, den man an einem lauen Sommerabend im Park ausatmete. Was immer er geträumt hatte, angenehm war es auf keinen Fall gewesen.
    Aufmerksam forschte Chris in seinem Gesicht nach einem Anzeichen dafür, dass er ihr die Unwahrheit sagte. Sie schien sich unschlüssig über das, was sie zwischen Stirn und Kinn vorfand, und zog die Decke bis an ihr Kinn, als wolle sie vermeiden, dass er auch nur den Ansatz ihrer Nacktheit sehen könnte. Das erinnerte ihn erneut an seinen Aussetzer von vor wenigen Stunden, weshalb ihre Frage ihn nun noch viel mehr traf: »Gibt es ein anderes Mädel?«
    »Da ist kein anderes Mädel«
    Ihr Tonfall veränderte sich. »Sei ehrlich!«
    »Verdammt, ich bin ehrlich!«
    »Und warum träumst du dann von einer Beatrice? Man nennt doch nicht einfach so einen fremden Namen im Schlaf…« Sie holte Luft. »… wenige Stunden, nachdem man seine Freundin verge…« Sie brach ab, schüttelte den Kopf. »Ich wüsste gerne, wie…«
    Die Türklingel kam ihm zur Hilfe. Es schellte dreimal kurz, und der Ton ließ sie beide zusammenzucken. Ihr entglitt die Decke, die bis auf den Bauch hinabrutschte. Philip entdeckte die Striemen, die er mit seinen Fingernägeln auf ihren Brüsten hinterlassen hatte. Betroffen wandte er den Kopf ab, doch da raffte Chris bereits die Decke wieder um den Hals. Sie machte keinerlei Anstalten aufzustehen.
    »Es hat geklingelt«, sagte er deshalb.
    »Ich hab’s gehört«, fuhr sie ihn an.
    »O.k. schon gut.«
    Wie auf Kommando klingelte es noch einmal. Obwohl das Geräusch sich nicht verändert haben konnte, klang es in Philips Ohren ungeduldiger als zuvor.
    Chris schnappte sich eine Wolldecke, schlang sie um ihren nackten Körper und verließ das Schlafzimmer. »Ja«, sagte sie in die Gegensprechanlage. Dann stellte sie eine Frage, bei der sich Philip die Nackenhaare aufgerichtet hätten, hätte er sie sich am Abend zuvor nicht abrasiert. »Die Polizei?«
    Natürlich. Die Bullen waren gestern in seiner Wohnung gewesen. Wahrscheinlich hatten sie auf der Suche nach einem Hinweis auf seinen Verbleib alles auf den Kopf gestellt, sofern das überhaupt noch möglich gewesen war. Eigentlich hatte er gehofft, das Chaos würde ihnen die Spurensuche erschweren. Aber früher oder später hatten sie auf Chris kommen müssen…
    Sie drückte den Offner. Philip wusste, fünf Stockwerke weiter unten ging gerade die Haustür auf. Chris kam zu ihm ins Schlafzimmer, warf die Decke aufs Bett und schlüpfte in Jeans und T-Shirt. Ihre Miene hatte sich verdüstert. Er spürte förmlich das Unwetter aufziehen, doch er gab den Ahnungslosen. Er war kein guter Schauspieler, aber er hoffte, dass es dieses eine Mal ausreichen würde.
    »Das ist die Polizei«, meinte seine Freundin sorgenvoll, als sie angekleidet vor ihm stand. »Wüsste gerne, was die von mir…«
    »Chris?«, unterbrach er sie.
    Sie sah ihn fragend an, schien bereits zu ahnen, dass die Polizei nicht zufällig bei ihr vor der Tür stand und dass er den Grund wusste.
    »Kannst du mir einen Gefallen tun?« Er drückte sich an ihr vorbei ins Wohnzimmer, packte seinen Rucksack, seine Schuhe und alles andere zusammen, was auf seine Anwesenheit hindeutete.
    Aufmerksam verfolgte sie sein Treiben. Sie klang gefasst, als sie sagte: »Kommt drauf an.«
    Er kam zurück ins Schlafzimmer. »Falls sie dich fragen sollten – kannst du ihnen sagen, ich sei nicht hier gewesen?«
    »Warum?«
    »Bitte!« Er wollte keine Szene, nicht jetzt, wenige Augenblicke, bevor das Verhängnis möglicherweise seinen Lauf nahm.
    Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Philip, was ist los?«
    »Bitte!«, wiederholte er flehentlich.

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