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Ruf der Vergangenheit

Ruf der Vergangenheit

Titel: Ruf der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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schob sich ein Glas vor ihr Gesicht, sie nahm es und richtete sich langsam auf.
    „Trink“, befahl Dev, noch nie hatte sie eine solche Rücksichtslosigkeit in seinem Blick gesehen. „Das wird dich schneller wieder auf die Beine bringen.“
    Sie war dankbar für alles, was ihrem Zustand zu einer Besserung verhalf, denn sie hatte die Empfindung, als hätte ein Lastwagen sie überrollt. Nahm einen großen Schluck. Es schmeckte leicht süß und nach Medizin. Wahrscheinlich hatte er Vitamine im Wasser aufgelöst, sie stellte das leere Glas auf den Beistelltisch. „Von wem stammt das Blut?“, fragte sie.
    „Was glaubst du denn?“
    Sie schluckte und sah den gefährlichen Mann an, der ihr gegenübersaß und seinen linken Fuß lässig auf das andere Knie gelegt hatte. Wodurch er keinesfalls weniger einschüchternd wirkte. Er war so ruhig, dass sie meinte, ihren Herzschlag zu hören. Jede einzelne Zelle in ihr zitterte vor Angst, weil sie seinen Zorn spürte. „Dev.“
    Er ließ sie nicht zu Wort kommen. „Wann wolltest du mir eigentlich sagen, dass du telepathisch ein Gehirn ausknipsen kannst?“ Kalt, jede Silbe betonend und mit Augen, die sie zu durchbohren schienen.
    „Ich wusste es nicht.“ Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper, fühlte sich völlig ausgeliefert. „Ich schwöre dir, es ist mir erst bewusst geworden, als ich mit meiner Recherche begonnen hatte.“
    „Recherche?“ Er hob eine Augenbraue. „Aber lassen wir das erst einmal – für wie dumm hältst du mich eigentlich?“
    „Ich halte dich nicht –“
    „Hör auf.“ Ihr stockte der Atem. „Die Sache mit den Gedächtnislücken verfängt bei mir nicht mehr.“
    Ärger stieg in ihr auf. „Es ist aber die Wahrheit. Inzwischen erinnere ich mich an mehr, aber –“
    „Ist mir scheißegal.“ Gefährlich ruhig. „Mich interessieren die Befehle, die du hast.“
    „Kenne. Ich. Nicht.“ Ihre Glieder bebten, ihre Stimme zitterte. „Du kannst mich fragen, sooft du willst – ich kann erst etwas sagen, wenn die Erinnerungen zurückkommen. Vielleicht weiß ich es selbst dann nicht, das hängt ganz von der Programmierung ab.“
    „Das haben wir hinter uns – soweit es Shine betrifft, bist du eine voll funktionstüchtige Spionin.“
    Shine .
    Nicht etwa Dev.
    „Und für dich?“, fragte sie. „Was ist mit dir?“
    Ein kalter Blick, schärfer als je zuvor. „Ich habe mich wie ein Trottel verhalten.“ Er stand auf. „Aber man kann mir nicht nachsagen, dass ich nicht aus Fehlern lerne.“
    „Dev –“
    Er beugte sich vor und stützte sich auf den Armlehnen ihres Sessels auf, so dass sie sich kaum rühren konnte. „Versuch nicht noch einmal, hier in den Kopf von jemandem einzudringen. Ich habe Befehl gegeben, dich dann zu töten.“
    Als hätte man die Luft aus ihr herausgelassen. Ihr Herz wurde zu Stein. Aber sie wollte ihm das nicht zeigen, wollte ihm nicht die Genugtuung verschaffen, etwas zart Aufkeimendes in ihr zerstört zu haben. „Verstanden, Mr. Santos.“
    Kein Muskel in seinem Gesicht regte sich. „Gut so. Pass auf, dass du es nicht wieder vergisst.“

 
    22
    Noch lange, nachdem Dev gegangen war, starrte Katya auf die geschlossene Tür. Erst vor Kurzem hatte sie ihn gebeten, sie zu töten, wenn es notwendig werden sollte. Nun rebellierte alles in ihr, wollte überleben. Sie würde kämpfen – würde Devraj Santos schon zeigen, dass er sie nicht einfach abschieben konnte, wenn sie unbequem wurde. Sie war Katya Haas, ein Individuum. Und sie hatte dafür gebüßt und – überlebt!
    Mit kalter Wut griff sie nach dem Glas und warf es gegen die Tür. Der Knall, mit dem es zersplitterte, verschaffte ihr Befriedigung. Hoffentlich trug Dev keine Schuhe, wenn er das nächste Mal in die Wohnung kam. Hoffentlich zerschnitt er sich ordentlich die Füße, dachte sie und nahm eine Vase vom Tisch. Ein weiterer Knall, Porzellanscherben gesellten sich zu Glassplittern.
    Als sie sich nach weiteren zerbrechlichen Gegenständen umsah, bemerkte sie einen Tropfen auf ihrer Hand. Verwirrt schaute sie nach oben. Woher kam er? Durch die Decke jedenfalls nicht, sie war vollkommen trocken. Sie leckte an ihrer Hand und schmeckte Salz.
    Tränen.
    Sie weinte. Ihre Finger zitterten, als sie ihre feuchten Wangen berührte. Sie weinte nicht zum ersten Mal. In dem dunklen Raum, in dem Ming sie begraben hatte, hatte sie viele Tränen vergossen. Aber diese hier waren etwas anderes. Rein. Wütend. Zielgerichtet. Diesmal war sie kein Opfer, sondern eine

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