Ruf der Vergangenheit
anderes bereden.“ Er berichtete über die dunklen Flecken im Medialnet, vorgeblich in seiner Funktion als Ratsmitglied, das den engsten Kontakt zum Netkopf hatte. In Wahrheit beobachtete er die anderen genau. Jeder von ihnen würde auf die Nachricht anders reagieren, und wenn der Zeitpunkt gekommen war, würde diese Reaktion über Leben oder Tod eines jeden entscheiden.
36
Es war bereits dunkel, als das Flugzeug landete, denn sie waren langsam geflogen, damit Katyas innerer Kompass sich ausrichten konnte. In der eisigen Kälte im Süden von Alaska gab Katya das Signal zur Landung. Zum Glück hatte Michel Dev mit entsprechender Kleidung ausgeholfen, und Katya trug einen dicken Schal und eine viel zu große Jacke. Warm genug für den Anfang, dachte Dev, aber weiter nach Norden würde er sie so nicht lassen.
„Morgen früh besorgen wir dir vernünftige Sachen zum Anziehen“, sagte er und griff nach den Schlüsseln für das Allrad-Fahrzeug, das ihm Maggie nach seinem Anruf besorgt hatte. „Die Hütte, die Maggie für uns gebucht hat, gehört zu einer Lodge. Da wird es sicher einen Laden geben.“
Katya machte ein reumütiges Gesicht. „An die Kälte hier oben habe ich nicht gedacht, als ich weglief.“
Sein Beschützerinstinkt sprang sofort an, als er daran dachte, in welche Gefahr sie sich begeben hatte, und er ergriff ihre Hand. „Für die Fahrt wird es schon reichen.“
Zwanzig Minuten später waren sie am Ziel.
„Deine Sekretärin ist tüchtig“, sagte Katya, als Dev die Tür zu ihrer Unterkunft öffnete und ihr Blick auf eine nagelneue Reisetasche auf der Kommode fiel. Darin war alles, was sie für die nächsten Tage brauchen würde – auch die richtige Kleidung.
„Sonst würde ich sie ja auch nicht so gut bezahlen.“ Er stellte seine eigene Tasche ab und lächelte sie zum ersten Mal an diesem Tag an. Erst jetzt merkte sie, wie sehr ihr das gefehlt hatte.
„Es ist wunderschön hier.“ Sie warf einen Blick auf das große, bequeme Bett im linken Schlafzimmer. „Aber ich habe immer noch das Gefühl, wir müssten weiter.“
„Du fällst fast um vor Erschöpfung, und ich bin auch nicht gerade in der besten Verfassung – trotz des Nickerchens, das ich dir zu verdanken habe.“
Sie richtete sich auf. „Ich werde mich nicht schuldig fühlen.“
„War mein Fehler, dass ich dich nicht durchsucht habe.“ Er runzelte die Stirn. „Wir werden ein paar Stunden schlafen und uns dann mit klarem Kopf auf den Weg machen. Dann kommen wir bestimmt besser voran.“
Trotz des Gefühls von Dringlichkeit, das sie einfach nicht abschütteln konnte, fand sie keine Gegenargumente. „In Ordnung.“ Sie sah nach rechts in das zweite Schlafzimmer, biss sich auf die Lippen. „Dev?“
„Hmm?“ Er ließ seine Jacke aufs Sofa fallen und bückte sich, um die Stiefel auszuziehen.
Sie hatte Jacke und Schal bereits abgelegt. „Welches Zimmer willst du?“ Eigentlich hatte sie etwas anderes fragen wollen, aber der Mut hatte sie im letzten Augenblick verlassen.
„Links oder rechts, ist mir ganz egal.“ Er zuckte die Achseln und richtete sich auf, ein großer Mann mit Bartstoppeln … und heißem Verlangen im Blick. „Solange klar ist, dass wir im selben Bett schlafen.“
Der Boden unter ihren Füßen brach weg. „Ich weiß nicht recht“, sagte sie. „Willst du mich wieder quälen?“
„Könnte sein.“ Spielerische Worte, aber ein entschlossenes Gesicht. „Diesmal kannst du so laut werden, wie du willst – die anderen Gäste sind über Nacht unterwegs, und die Rezeptionistin ist ein Mensch.“
Er sprach ganz ruhig … machte aber keinerlei Anstalten, seine Erregung zu verbergen.
„Ich muss duschen.“ Das stimmte, kam aber viel zu schnell aus ihrem Mund.
„Beeil dich.“ Er knöpfte sein Hemd auf. „Damit du noch zum Schlafen kommst.“
Vollkommen überwältigt griff sie nach der Tasche und verschwand im Badezimmer. Das Wasser spülte den Schmutz ab, doch ihre Haut brannte immer noch. Sie trocknete schnell ihr Haar und wollte gerade in Fleecehosen und Sweatshirt steigen, als ihr einfiel, wie Dev sie an die Wand gedrückt hatte, heiß und voll geballter männlicher Kraft.
Jede Zelle pulsierte.
Sie schluckte und zog nur ein langärmliges Wollhemd über ihren nackten Leib. Wenn Dev sie wollte, würde sie ihm keine Steine in den Weg legen. Sie sehnte sich nach seiner Berührung. Als sie in ihrem Krankenhausbett erwacht war, hatte sie geglaubt, jede Berührung wäre nur gut. Aber jetzt dachte sie
Weitere Kostenlose Bücher