Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
istt ess ja. Wertvolless Gut. Ich weiss diess zu schätzen, mein Freundd.“
Mich wunderte, dass er es nicht öffnete. Er vertraute Franklin, was den Inhalt anging. Doch er ließ es nicht mehr aus den Augen, bis wir uns schließlich verabschiedeten.
„Du kannst sicher sein, dass er es gründlich prüfen wird, sobald wir außer Sicht sind“, ließ Franklin mich wissen, weil er meine Verwunderung bemerkt hatte.
„Was war denn in dem Päckchen?“
„Das Lycandinum.“
„Das was?“
„Es ist so etwas wie ihre Bibel. Die Geschichte ihrer ganzen Art ist dort niedergeschrieben. Es wurde vor mehr als einem halben Jahrtausend gestohlen. Vor kurzem fiel es durch einen günstigen Zufall in unsere Hände.“
„Warum behält die Ashera ein solch wertvolles Buch nicht?“
„Wir haben Kopien gemacht. Aber wir beanspruchen das Original auf keinen Fall für uns. Das hätte schlimme Folgen. Wir mussten es den Lycanern zurückgeben. Ihre Loyalität ist bedeutend wertvoller als dieses Buch. Die Menschheit kann sich keinen Krieg mit ihrem Volk leisten. Und eine Verweigerung der Herausgabe wäre in Corelus’ Augen einer Kriegserklärung gleichgekommen. Jedes kleinste Scharmützel zwischen seiner Art und unserer ist eine gefährliche Bedrohung für den ohnehin sehr labilen Frieden, den die Ashera mit den Lycanern ausgehandelt hat. Zum Schutz der Menschheit wie auch zum Schutz der Werwölfe. Corelus weiß, was auf dem Spiel steht. Solange wir seine Zusicherung haben, dass der Pakt Bestand hat, wird sein Volk nicht in den Kampf ziehen. Aber er ist sehr misstrauisch.“
„Er weiß von Armand, nicht wahr? Er hat ihn an mir gerochen.“
Franklin zögerte, ob er mir darauf antworten sollte, doch schließlich nickte er. „Corelus kennt Armand sehr gut. Er war der Unterhändler, als vor etwa fünfundzwanzig Jahren ein Krieg zwischen Lycanern und Menschen kurz bevorstand. Wegen des Lycandinums. Lange Zeit hieß es, das Lycandinum sei von Dämonen entwendet worden. Doch dann erfuhr Corelus, dass es sich in Menschenhand befände. Er rief seine Rudel überall auf der Welt zur Jagd nach dem Buch auf. Die Situation stand kurz vor der Eskalation. Ein Mensch hätte sich dem Leitwolf zu dieser Zeit niemals nähern können. Armand ging damals schon ein und aus in Gorlem Manor. Er bot Carl, unserem Vater, seine Hilfe an. Wir verdanken es ihm, dass der Pakt zustande kam. Eine Bedingung des Vertrages besagte aber, dass wir das Lycandinum ausfindig machen und an Corelus zurückgeben müssten, ehe das Jahrtausend zuende geht.“
Dann war unser Besuch bei dem Lycaner-Fürst wohl kurz vor knapp gewesen. Ein Krieg. Gegen solche Kreaturen. Gebe die Göttin, dass so etwas nie geschehen würde!
In der Höhle des Löwen
Ich hatte Sehnsucht nach Armand. Er war seit ein paar Tagen nicht nach Gorlem Manor gekommen. Sicher würde er mich doch finden, wenn ich nach London ging und dort nach ihm rief. Er hatte mich schließlich auch in Bylden Wood gefunden. Ohne, dass ich ihn gerufen hatte. Noch nie zuvor hatte ich das Mutterhaus allein verlassen. Abgesehen von dem Besuch bei Corelus eigentlich überhaupt nicht. Auf leisen Sohlen schlich ich die Treppen hinunter.
„Darf ich erfahren, was du hier unten suchst?“ Ich zuckte zusammen, als ich Franklins Stimme hinter mir vernahm.
„Ich dachte, ich meine, ich wollte …“
„Eine Nacht in Freiheit“, stellte er sachlich fest.
„So ungefähr.“
„Du weißt, dass du dafür meine Erlaubnis brauchst?“ Zunächst dachte ich, er wäre wütend, als er mich so durchdringend anstarrte, aber dann lächelte er. „Weißt du denn, wo du Armand findest?“ Zerknirscht schüttelte ich den Kopf. Peinlich, dass er genau wusste, wohin es mich zog. „Es ist nicht gut, wenn sich ein junges Mädchen allein in den Londoner Vororten herumtreibt. Ich werde dir ein Taxi rufen, das dich zur Arvingen Road bringt. Von dort ist es nicht mehr weit. Nur drei Straßen weiter und dann links. Er wird um diese Zeit vielleicht noch auf der Jagd sein, aber er spürt, wenn ein Sterblicher sein Haus betritt.“
„Du erlaubst mir, ihn zu besuchen?“
Jetzt konnte ich schon wieder schmunzeln. Genau wie Franklin. Seufzend schüttelte er den Kopf über mein Verhalten und hob tadelnd den Finger, während er mit der anderen Hand in die Tasche seiner Weste griff und einen Zettel hervorholte.
„Ich hatte damit gerechnet, dass du es früher oder später versuchen würdest. Sei vor der Morgendämmerung zurück, verstanden? Ich
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