Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
unabsichtlich dabei seinen Schoß streifte und dort ein deutliches Zeichen seiner Erregung spürte, wich ich mit einem überraschten Laut zurück.
„Ich dachte, Vampire können nicht lieben.“
„Woher haben Sie denn diese Weisheit?“, fragte er mit zynisch hochgezogener Augenbraue und sichtlich enttäuscht darüber, dass sich der Kuss damit fürs Erste erledigt hatte. „Ich dachte, mittlerweile hätten Sie gelernt, dass all die Dinge, die über meinesgleichen verbreitet werden, nur wenig mit der Wahrheit zu tun haben.“ Touché. Was wusste ich schon von Vampiren? „Aber seien Sie unbesorgt, ma chère. Ich habe nicht die Absicht, mit Ihnen zu schlafen. Jedenfalls nicht gleich heute. Und abgesehen davon können wir keine Kinder zeugen. Sie sehen, zumindest in Bezug auf eine ungewollte Schwangerschaft gibt es nichts was sicherer wäre als Sex mit einem Vampir. Allerdings ist er in einem anderen Punkt weit weniger ungefährlich.“ Er schaute mich mit einem Glitzern in den Augen an, dass mir heiß und kalt wurde. In seiner Iris spiegelte sich wilder Hunger. Nervös fuhr ich mir mit der Zungenspitze über die Lippen. Er lächelte sanft. Ganz so, als seien seine letzten Worte ohne Bedeutung. Doch ich wusste es besser. Er schien sich darüber zu amüsieren, ich war verunsichert. Wie immer, wenn er in meiner Nähe war, kam ich mir vor wie ein verschrecktes Kind. Vermutlich redete ich dummes Zeug. Es fiel mir nur nicht auf. „Alors, wollen Sie mir jetzt nicht ein wenig von Ihren ersten Erfahrungen in Gorlem Manor erzählen, mon amour?“
Ein Windhauch bauschte die Vorhänge in seinem Rücken. Es sah gespenstisch aus. Er sah gespenstisch aus. Dunkel, unwiderstehlich, geheimnisvoll. Und gefährlich. Ja, zweifellos auch das. Ich hatte Angst vor ihm, wie er so dasaß und mich ansah. Mit einem Blick, der mich von innen nach außen drehte. Darauf wartend, dass ich ihm erzählte, was mir auf der Seele brannte.
„Sie wissen doch sicher schon alles.“ Schließlich war er mit Franklin befreundet. Die beiden sprachen vermutlich über mich, weil Armand mich hierher gebracht hatte.
„Naturellement! Aber du möchtest darüber reden, und ich werde gern zuhören.“
Mich durchströmte ein ungeahntes Gefühl von Wärme, als er zum ersten Mal die Förmlichkeit ablegte und ‚du’ sagte. Ich ertrank in seinem Blick. Er hielt mich damit gefangen. Fast konnte ich hören, wie er nach mir rief. Verzaubert von dieser Kraft, schloss ichdie Augen, lehnte mich an seine starke Schulter. Es brauchte keine Worte mehr. Nur Nähe. Ich war Zuhause. In Gorlem Manor – und auch bei ihm.
„Armand?“, fragte ich nach einer Weile.
„Ja?“
„Woher kommst du überhaupt? Ich meine, als du noch sterblich warst.“
„Aus Frankreich. Wie die meisten ‚Neugeborenen’ meiner Zeit, denke ich. Aber das weißt du doch.“
„Ja, aber Frankreich ist groß. Wo genau?“
„Aus Paris.“
„Paris?“
„Der französische Adel um Versailles war wohl sehr verlockend für Vampire. Soweit ich weiß, waren Frankreich und die Neue Welt die Orte, an denen man uns zu dieser Zeit am häufigsten fand. Paris war eine üppig gedeckte Tafel für einen Vampir. Und durch die französischen Kolonien in der Neuen Welt siedelten mit den Sterblichen auch die Unsterblichen dorthin über. Manche auf der Flucht, manche aus Abenteuerlust. Ganz so wie die Sterblichen auch.“
„Und heute?“
„Wir sind über die ganze Welt verstreut. Ich selbst lebe in London und habe einen zweiten Wohnsitz in New Orleans. In diesen beiden Städten fühle ich mich am wohlsten. Ich hätte auch Miami in Betracht gezogen, aber dort ist die Vampirpopulation im Augenblick zu groß. Überwiegend junge Vampire, kaum hundert Jahre alt, haben dort ihr Jagdrevier. Nur ein paar von den Ältesten können unter diesen Umständen ungestört dort leben. Nur sie können sich die Jungen vom Hals halten.“
Ich überging diese Bemerkung, obwohl ich gern mehr über die ‚Ältesten’ erfahren hätte. Aber meine Neugier Armand selbst betreffend war größer. Das andere konnte warten. „Warum bist du aus Paris weggegangen?“
„Es war keine Abenteuerlust.“ Also war er geflohen. Wovor? Ich wollte ihn fragen, doch er legte mir einen Finger auf die Lippen. Sanft drückte er mich in die Kissen. „Ich meide Paris, weil dort zu viele schmerzliche Erinnerungen sind. An meinen
Dunklen Vater
. Und eine Zeit voller Seelenqual.“
„Dein
Dunkler Vater
? Heißt das, es war ein Mann, der dich
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