Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
ich dir Gesellschaft.“
Franklin half mir in meinen Hausmantel. Dann bot er mir seinen Arm, und ich hakte mich bei ihm unter. Im Kaminzimmer stand ein Servierwagen mit Brot, kaltem Braten, Wein und Obst. Franklin hatte schon gegessen, setzte sich aber mit einem Glas Cognac zu mir. Nachdrücklich stellte er auch mir ein Glas der dunkelbraunen Flüssigkeit vor die Nase. Mein Blick antwortete mit einem ‚muss das wirklich sein?’. Franklin nickte entschieden. Und ebenso entschieden reichte er mir ein Mobiltelefon.
„Damit du bei künftigen Ausflügen zumindest erreichbar bist. Oder dich melden kannst, falls es Schwierigkeiten gibt.“
Ich ging davon aus, dass es ihm eher um die Erreichbarkeit ging. Denn in welche Art von Schwierigkeiten sollte ich in Armands Gegenwart kommen, aus denen er mich nicht befreien könnte? Ich sagte nichts dazu, sondern steckte das Telefon ein.
Erst beim Essen merkte ich, wie groß mein Hunger war. Ich ließ nichts übrig. Danach saßen wir uns mit unseren Cognacschwenkern schweigend gegenüber. Franklin sah mich die ganze Zeit über an und suchte nach Worten. Schließlich begann er zu erzählen, was sich während meines Ausflugs ereignet hatte. Es war nicht viel. Zwei Kühe hatten gekalbt. Jones und Danielle waren zu einem Außenauftrag nach Russland unterwegs. Und noch ein paar andere Kleinigkeiten. Ich fragte Franklin, ob die anderen auch von meinem Ausflug mit Armand wussten.
„Camille weiß es, doch sie ist damit weit mehr einverstanden als ich. Sie traut dir offenbar zu, damit umzugehen.“ Ich fragte mich, ob Camille und Franklin mit ‚damit’ dasselbe meinten. „Und Ben weiß es ebenfalls, denn er hat dich gestern gesucht. Wegen deiner Ausarbeitung, die er lesen sollte. Er war sehr zufrieden damit.“
„Mit meinem Ausflug vermutlich weniger.“ Franklin antwortete nicht. Dass Ben von dem Ausflug wusste, war nicht schlimm. „Hast du jemals solche Ausflüge mit Armand unternommen?“
„Sehr oft sogar. Aber nicht für so lange Zeit. Wir sind immer in der näheren Umgebung geblieben. Bis auf eine Ausnahme. Es war meine Schuld. Ich wollte ihm zusehen, wie er jagt.“ Ich vertiefte mich in mein Glas und unterließ es, ihm zu sagen, dass auch ich Armand bei der Jagd zugesehen hatte. „Es war unser letzter gemeinsamer Ausflug.“ Die Frage erübrigte sich, was bei diesem Ausflug geschehen war. Es ging um die Nacht, in der Armand Franklin verführt hatte. Und ich wusste auch, dass Franklin nicht annähernd so freiwillig mit ihm geschlafen hatte wie ich. „Armand hat so seine Art. Ich kann nicht wirklich sagen, dass er mich gezwungen hätte.“ Er wusste sofort, welcher Gedanke mir durch den Kopf ging. Ich spürte, wie mir das Blut ins Gesicht stieg. Noch immer Armands Blut. „Ich habe ihm bei seinem sinnlichen Spiel mit diesem brasilianischen Jungen zugesehen. Und dabei, wie er ihn getötet hat. Danach liebte er mich neben dem Leichnam. Ich war naiv genug, mich verführen zu lassen. Leicht zu manipulieren. Fasziniert, wie ich war von der Welt, in die er mir Einblick gewährte.“
Er sah mich lange und eindringlich an. Ich wurde nervös unter seinem Blick, hatte das Gefühl, dass sich eine sinnliche Spannung zwischen uns aufbaute. Meine Röte vertiefte sich, als ich das Glühen in seinen Augen sah. So hatte er mich noch nie angesehen. Er hegte doch hoffentlich keine Gefühle für mich, die tiefer gingen als die Liebe eines Ashera-Vaters.
Ich räusperte mich verlegen. „Franklin, ich … “
Doch ich wusste im Grunde nichts zu sagen. Er beantwortete die ungestellte Frage mit einem Blick, in dem ein seltsamer Schmerz lag. Nein, Begehren war es nicht unbedingt, was er empfand. Aber etwas anderes. Verlegen tranken wir beide unseren Cognac und sagten kein Wort mehr.
Osira läuft einen schmalen gewunden Pfad durch Heidegras entlang. Immer wieder bleibt sie hechelnd stehen und dreht sich um. So, als fürchtet sie, jemand könnte ihr folgen. Vor einer groben Hütte bleibt sie winselnd stehen. Langsam nähere ich mich ihr. Sie blickt zu mir hoch. ‚Mach sie auf!’, sagen ihre Augen, und ich stoße sachte gegen die hölzerne Tür. Dahinter liegt ein dunkler stickiger Raum. Ich blicke mich um. Eine Frau liegt auf einer schmalen Pritsche. Ihr Bauch wölbt sich stark unter ihren Händen, und sie redet beruhigend auf das Ungeborene ein
.
‚Es wird alles gut werden, mein Schatz. Du musst keine Angst haben. Dir wird nichts passieren. Dir werden sie nichts tun, mein
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