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Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)

Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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kein Tageslicht. Die Ewige Nacht, die ich gerade zu verhindern suchte, herrschte hier momentan. Zumindest für einige Monate. Der ideale Ort für einen Vampir. Nur das Nahrungsangebot war karg. Aber da Entfernungen für unseresgleichen ein Kinderspiel sind, ein Problem, das man vernachlässigen konnte.
    Zum Gericht waren die Ältesten erschienen. Den Vorsitz hatten die Urgeschwister Kaliste und Tizian. Die Urteile selbst wurden vom Rat der Ältesten gefällt. Von den Lords und Ladys der sechsundzwanzig Familien.
    Einige der Ratsmitglieder hatten Nachkommen dabei. Die meisten aber waren allein. Meine Anwesenheit war erforderlich, weil meine dunkle Tochter die Gesetze gebrochen hatte. Die düsteren Blicke, die mir manche der Anwesenden zuwarfen, als ich an Luciens Seite die Eishöhle am Polarkreis betrat, zeigten deutlich, dass man die Schuld auch bei mir sah. Ich war verantwortlich.
    „Überlasse die Verteidigung mir,
thalabi
. Auf dich werden die Ratsmitglieder ohnehin nicht hören, weil du selbst noch so jung bist. Wenn sie überhaupt eine Chance hat, dann durch meinen Zuspruch. Aber es wird auch davon abhängen, wie der Älteste aus dem Clan ihres Liebhabers das sieht. Und ich kenne Kortigu. Er ist kalt und stur und klebt an den alten Vorstellungen wie eine Fliege am Misthaufen. Die Chancen für dein Mädchen stehen nicht gut.“
    Durch einen anderen Eingang kam eine Gruppe junger Männer herein. In ihrer Mitte ein hochgewachsener Hüne mit rotem lockigem Haar, das einzelne schmale Zöpfe aufwies und fast bis zu seinen Hüften reichte. Er hatte einen Bart, in den ebenfalls kleine Zöpfe geflochten waren und große graublaue Augen. In seinen speckigen Wildlederhosen und dem braunen Wams mit einem tannengrünen Umhang wirkte er wie ein Wikinger aus der alten Zeit. Auch seine Statur entsprach der eines solchen Nordmannes. Üppige Muskelberge wohin man sah.
    „Das“, erklärte Lucien, „ist Demions Dunkler Vater. Lord Kortigu. Und die beiden anderen Rothaarigen sind seine leiblichen Söhne Zolut und Wotan. Er hat sie gleich nach seiner eigenen Wandlung zu sich geholt. Der Rest gehört ebenfalls zu seinem Clan. Doch ohne nähere verwandtschaftliche Bande.“
    Kortigu musterte mich abfällig, als er unserer gewahr wurde. Dann stapfte er entschlossen weiter, ohne uns noch einmal anzusehen.
    „Komm mit“, raunte Lucien. „Wir werden zu Kaliste gehen und schauen, ob ich ein Gespräch zwischen dir und deiner Tochter erwirken kann, ehe die Verhandlung morgen beginnt.“
    Kaliste thronte auf einer Ottomane aus Eis. Kortigu und Lucien verneigten sich vor ihr. Eigentlich hätte ich das wohl auch tun sollen, doch meine Aufmerksamkeit wurde von vier merkwürdig aussehenden Kreaturen abgelenkt, die rechts und links der Vampirkönigin standen. Ich hatte solche Geschöpfe nie zuvor gesehen.
    Sie waren an die zwei Meter groß und sahen aus wie aufrecht gehende Fledermäuse. Jedenfalls hatten sie fledermausartige Flügel auf dem Rücken mit gekrümmten Klauen an den Enden. Ihre Arme und Beine waren stark bemuskelt und mit dichtem Pelz bewachsen. Anstelle der Finger und Zehen hatten sie lange, scharfe Krallen. In der rechten Hand hielten sie einen Speer aus einem merkwürdigen, grünschimmernden Gestein. In der linken ein Schild, das ebenso wie die Rüstung, die ihren restlichen Körper umgab, aus Elektrum zu bestehen schien. Das vermutete ich, weil das Metall den gleichen Schimmer aufwies, wie der Altar der Göttin, den ich während meiner ersten Initiationsvision gesehen hatte. Das Schrecklichste an diesen seltsamen Wesen aber war ihr Kopf. Er erinnerte an einen Drachen oder auch ein Krokodil. Mit langen spitzen Hörnern, die sicherlich jedem Gegner eine tödliche Wunde zufügen konnten. Der Hals war so beweglich, dass sie den Kopf um fast 180 Grad drehen konnten. Die Schnauze ragte weit nach vorn, mit Reißzähnen bewehrt. Am Ende lagen zwei leicht erhöhte Nasenflügel, die sich unabhängig voneinander bewegen konnten, um die Gerüche aus jeder Richtung aufzunehmen. Ihre großen Augen schimmerten wie grünes Glas, pupillenlos. Die Ohren ragten wie Trichter seitlich vom Kopf weg und drehten sich unablässig in alle Richtungen. Diesen Wesen entging nichts. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie auch die Gedanken aller Anwesenden mit einem zusätzlichen, verborgenen Sinnesorgan wahrgenommen hätten.
    „Was sind denn das für Dinger?“, flüsterte ich Lucien zu.
    „Ghanagouls“, antwortete er. „Die Leibwache der Urmutter.

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