Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
Versuch unternimmt, die Ewige Nacht zu erlangen. Ohne darüber nachzudenken, welche Konsequenzen es auch für unseresgleichen hat, wenn die Sonne verlischt. Ein Hitzkopf ist er, dein kleiner Drache. Aber das habe ich immer schon gesagt. Du warst zumindest klug genug, an die Folgen zu denken und diesen Wahnsinn aufzugeben. Doch von ihm kann man diese Weitsicht kaum erwarten. Sieh zu, dass er nicht zu weit geht. Dann will ich ihm und auch deiner kleinen Prinzessin ihre Spielchen lassen. Aber halte dieses Serum im Verborgenen, das sie da gefunden hat. Es wissen noch nicht viele davon, doch für meinen Geschmack sind es bereits zu viele. Es ist gefährlich. Du solltest es vernichten, wenn sie es nicht von selbst tut. Sie scheint mir ja recht vernünftig zu sein, im Gegensatz zu unserem geliebten Rebell.“
„Ganz wie Ihr wollt Majestät“, antwortete Lucien ergeben und verbeugte sich übertrieben tief, sodass seine Stirn beinah ihren Schoß berührte. Leichtfüßig erhob sich die Königin von ihrem Thron, bedachte ihren Dunklen Sohn mit einem zynischen Lächeln, ob seiner vorlauten Anspielung. „Die Menschen sind ja so einfältig, Lozerian. Sie verstehen gar nicht, was geschieht. Dass ihre Sonne vielleicht nie mehr aufgeht. Ein Fest machen sie daraus. Doch was wird geschehen, wenn der Morgen kommt und kein leuchtender Strahl ihre Welt mehr erhellt?“
„Du musst dir keine Sorgen machen, meine Königin. Ich habe alles unter Kontrolle“, versicherte Lucien.
„Gut! Dann kann ich meine Aufmerksamkeit auf Kortigus Anliegen richten und mich darauf verlassen, dass du deine Kinder bändigst. Beide Kinder!“
Es schwang halb Frage, halb Drohung in ihren Worten mit. Lucien presste die Lippen zusammen, doch er würde Kaliste nie offen angreifen. Zumindest jetzt noch nicht. Er würde sich hüten, ihren Zorn zu wecken.
„Es geschieht alles, wie du es wünschst. Darauf hast du mein Wort.“
Das Gericht
Wir betraten die Höhle. Hier brannten jede Menge Fackeln. Weit genug von den Wänden entfernt, um das Eis nicht zu schmelzen. Der Schein brach sich tausendfach an den glatten, schimmernden Kristallwänden.
Da ich als Luciens Gefährtin erschien, verschaffte mir das zumindest ein Minimum an Respekt von Seiten der anderen. Schließlich war er einer der Lords. Doch meine Mitschuld an dem Geschehen wog es nicht auf.
Im Moment standen alle noch in kleinen Gruppen beisammen. Die eigentliche Verhandlung würde erst beginnen, wenn die Geschwister eintrafen. Zielsicher führte Lucien mich durch die Reihen, bis wir vor zwei bekannten Gesichtern stehen blieben. Ein rothaariger Hüne mit dämonisch-grünen Augen, der in seinen schwarzen Pluderhosen und dem weißen Baumwollhemd gut in einen Piratenfilm gepasst hätte. Neben ihm stand eine zarte Frau mit hellblondem Haar und amethystfarbener Iris, gekleidet in ein schlichtes, hellblaues Leinenkleid mit einem weißen Schultertuch. Lemain Vitard und Sophie Duprés. Ich kannte beide schon zu meinen Lebzeiten.
Als Lemain mich begrüßte senkte ich automatisch den Blick. Galant beugte er sich über meine Hand und hauchte einen Kuss darauf. Seit meiner Wandlung waren wir uns nicht wieder begegnet. Wenn man uns so nebeneinander sah, hätte manch einer uns für Geschwister halten können. Wir hatten beide smaragdgrüne Augen und flammendrotes Haar. Auch wenn das seine eine Spur dunkler war. Im sterblichen Leben war er ein Sklave Ägyptens gewesen. Lucien hatte ihn freigekauft. Sein Körper war noch immer gezeichnet vom harten Leben in der Wüste. Stählerne Muskeln, ein kantiges Gesicht mit harten, verschlossenen Zügen, aber unleugbar schön. Auf eine andere Art als Lucien, der mit seinen athletischen Gliedern eher an eine elegante Raubkatze erinnerte. Auch Lemain hatte die fließenden Bewegungen eines solchen Raubtieres, aber das Spiel seiner Muskeln kam dem mächtigen Löwen näher, als dem schlanken Panther, mit dem ich den Lord so gern verglich. Wir waren fest durch Das Blut verbunden, mit dem er mich geheilt und gerettet hatte.
„Es freut mich, Melissa, dich endlich in unseren Reihen zu wissen.“
„Danke.“ Ich wusste nicht, über was ich mit ihm reden sollte. Ich schuldete ihm mein Leben. Aber lange Zeit hatte er meinen Seelenfrieden bedroht. Auf die ein oder andere Weise. Sophie brachte mich aus der Verlegenheit, indem sie auf mich zutrat und mich liebevoll umarmte.
„Melissa, mein Liebes, wie schön disch wiederzuse’en. Und als eine von uns. Isch wusste schon damals,
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