Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
hätte. Ich quäle sie nicht, füge ihnen keine Schmerzen zu. Ich zwinge sie zu nichts, sondern verführe und betöre. Sie sind meine kleinen Prinzen und Prinzessinnen und genauso werden sie von mir behandelt. Es fehlt ihnen an nichts. Weder wenn sie sterblich sind, noch, nachdem ich ihnen Das Blut gegeben habe. Was also ist so verwerflich an dem, was ich tue?“
Ich wusste darauf keine Antwort. Weil mir klar war, dass er es mit den Augen eines Vampirs sah, ich hingegen noch immer mit den Augen eines Menschen. Es war mein Fehler, nicht der seine.
„Es kümmert mich wenig, wie du über mich denkst, Melissa. Und ich bin auch nicht hier, um mit dir unsere ach so verschiedenen Moralvorstellungen zu diskutieren oder mein Leben zu rechtfertigen. Ich komme, um meine Hilfe anzubieten. Weil die Zeit drängt und der Drache seine Spielchen mit dir spielt. Meine Söhne und Töchter sind immun gegen seine List. Und sie fürchten sich nicht vor deinem Elixier. Die Gefahren des Serums sind mir bekannt. Lucien sprach davon, dass niemand weiß, wie lange die Wirkung anhält. Aber er sprach auch von der Gefahr der Ewigen Nacht. Und davon, dass euch nicht mehr viel Zeit bleibt, und Dracon im Vorteil ist. Ich kenne den Drachen. Ich weiß um seine schwarze Seele. Siehst du, meine Kinder sind nicht für die Ewigkeit geschaffen. Das Risiko welches dem Serum innewohnt, schreckt sie darum nicht. Sie werden es nehmen und an allen verbleibenden Quellen auf den Drachen warten. Sie werden ihn fassen und festhalten, bis ihr nachkommen könnt.“
Vor allem würden sie sich nicht von ihm einlullen lassen, so wie ich es tat, dachte ich bei mir. Ob dieser Lord wusste, wie stark der Einfluss von Luciens Dunklem Lieblingssohn auf mich war? „Es hat ohnehin keinen Sinn. Er ist schneller als wir. Bis wir das nächste Rätsel entschlüsselt haben, ist er längst dort gewesen. Und wir wissen nicht einmal, welche Quelle er als nächstes aufsucht. Dieser Wettlauf ist aussichtslos für uns. Er hatte Jahrhunderte Zeit, die Reime zu lösen. Wir haben nicht mal Tage.“
„Die brauchtt ihrr auch nichtt“, ertönte eine Stimme von der Tür. Corelus betrat an Franklins Seite den Raum. Der Lycanerfürst musterte Saphyro abschätzend, nickte dann aber. „Ich weisss um euerr Problem. Wirr Lycanerr spüren die wachsende Kraftt des Mondess. Und wirr kennenn die Engel-Legende. Du hastt Eloins Rudel gerettett. Dafürr stehen wirr in deinerr Schuldd, Melissa Ravenwood. Wirr helfen euch.“
„Das ist sehr freundlich, Corelus. Aber wir müssen zuerst die Rätsel lösen, um überhaupt zu wissen, wo Dracon hin will.“
„Die Rätsell spielen keine Rolle fürr uns. Wirr werrden die Engell finden. Führtt unss zu einem der Verwandeltenn. Dann werden wirr seinen Geruchh aufnehmen und die anderen finden. Egal, welchen Engell er als nächstess aufsucht. Ihrr werdett vor ihm da seinn.“
Erleichtert atmete ich tief durch und Hoffnung durchströmte mich. Das könnte klappen.
Brudermord
„Warum bleiben wir hier, Lucien? Sie steht dir doch nahe. Warum helfen wir ihr dann nicht?“
„Du hast gelauscht“, stellte der Lord mit tadelnder Stimme fest. Sein Zögling hatte den Anstand, beschämt den Blick zu senken. „Ja, sie steht mir nahe, Leonardo. Deshalb bleibe ich hier, um ein Auge auf ihre Tochter zu haben, weil sie einer anderen, wichtigeren Aufgabe nachgehen muss.“
„Die Ewige Nacht. Auch wenn ich nicht genau weiß, was damit gemeint ist. Aber sie jagen einen deiner Dunklen Söhne, nicht wahr? Wenn du schon hier bleiben musst, wie du sagst, dann kann ich doch zu Mel gehen und ihr helfen.“
Er empfand Zuneigung für seine Blutschwester. Das gefiel Lucien. Aber er war zu unerfahren, um ihn ziehen zu lassen. Das hätte mehr Ärger als Nutzen gebracht.
„Sie hat alle Hilfe, die sie braucht. Und du bist zu jung, um gerade diesem Vampir nachzustellen.“
„Ich bin zu jung? Die andern sind doch Kinder. Dieser Lord und seine Brut.“
Lucien fuhr knurrend zu ihm herum, drückte seine gekrümmten Finger wie Krallen in Leonardos Kehle, so dass die scharfen Nägel die Haut durchdrangen und kleine rote Rinnsale in den Ausschnitt seines Hemdes liefen. „Pass auf, was du sagst,
asde al djamal
. Mein schöner Löwe. Sprich nicht noch einmal so abfällig von Saphyro und seinen Kindern. Du weißt gar nichts. Außerdem“, fuhr er ruhiger fort, und ließ dem jungen Vampir wieder Luft zum Atmen, „haben sich die Lycaner bereit erklärt, bei der Jagd zu helfen. Und
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