Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
gar nicht so sicher war. „Wo genau dort finde ich die anderen?“
Er erklärte es ihm und gab ihm eine der Serumphiolen. „Nimm sie nur, wenn die Lycaner anschlagen. Sonst vergeudest du sie. Die Wölfe sind nicht auf die Nacht angewiesen. Sie sind ausgezeichnete Wachhunde.“
*
„Welch unerwarteter Besuch“, begrüßte Lucien Armand. „Ich hätte mit allem gerechnet, aber nicht, dass du dich hierher traust. Was treibt dich in die Höhle des Löwen, die du sonst meidest, wie ein Teufel das Weihwasser?“
„Melissa hat mir erzählt, was geschehen ist. Wegen Ivanka.“
„Und dann kommst du hierher, statt bei ihr zu bleiben und sie zu trösten?“ Luciens Spott war beißend. Irgendetwas schien ihn sehr verärgert zu haben. Armand konnte sich nur nicht genau erklären, was das war. Doch schließlich war es nicht sein Problem.
„Es wird Zeit, dass wir reden und einige Dinge klarstellen. Mel kommt derweil sehr gut allein zurecht. Auch wenn der Schmerz über Ivankas Schicksal ihr Herz betrübt.“
„Versuche nicht, mir etwas vorzumachen, Armand“, warnte der Lord und sein Blick verdunkelte sich. „Du hast dieses blonde Straßenmädchen absichtlich entwischen lassen, weil du es nicht erträgst, deine Liebste mit jemandem zu teilen.“
„Pas avec toi, de toute façon. Jedenfalls nicht mit dir.“
Der Lord schnaubte und schenkte sich ein Glas Wein ein. Dass er ihm keines anbot, sprach Bände.
„Du wirst dir auch nicht gerade ein Bein dafür ausgerissen haben, um sie vor dem Todesspruch zu retten.“ Lucien hielt mitten in der Bewegung inne. Triumphierend registrierte Armand, dass er ins Schwarze getroffen hatte. „Auch du willst sie für dich allein. In Venedig warst du noch auf meiner Seite. Doch nachdem sie auf deiner Insel war … Was ist passiert, Lucien, dass du deine Meinung geändert hast und danach trachtest, sie mir wegzunehmen? Erklär es mir wenigstens. Warum du sogar Franklin missbrauchst, um einen Keil zwischen sie und mich zu treiben.“ Über diese Bemerkung lächelte Lucien. Offenbar hatte er nicht erwartet, dass Franklin auf seinen Vorschlag eingehen würde. „Was geschah auf deiner Burg, ehe du sie nach Paris schicktest, damit ich die Wandlung vollenden konnte, die du bereits begonnen hattest? Wenn du sie so sehr willst, warum hast du es dann nicht gleich selbst getan und sie zu deinem Geschöpf gemacht?“
Lucien lachte leise. Er lachte ihn aus. Das fachte Armands Wut noch mehr an.
„So viele Fragen,
durhan
“, tadelte er. „Sie liebt dich allein, weißt du das nicht, du Narr? Daran konnte ich damals so wenig ändern, wie heute. Und nicht ich war es, der die Wandlung an ihr begann, sondern dein Dunkler Vater – Lemain. Um Dracons Schandtat wieder aus der Welt zu schaffen. Hätte er sie lieber sterben lassen sollen? Nein! Siehst du? Alles was ich getan habe, ist ihr meine Macht anzubieten. Mehr nicht. Doch wer kann der Verlockung von Macht schon widerstehen. Vor allem mit der Angst vor dem Versagen, die in ihrem Herzen lauert.“
„Qui est-ce qui tu veux troper, Sian? Wen willst du täuschen? Ich falle nicht auf deine schönen Worte herein. Dafür war ich zu lange dein Geliebter. Ich kenne deine Spiele.“
„Nennst du mich einen Lügner?“ Drohend stellte Lucien sich vor ihn und fixierte ihn mit starrem Blick.
Armand schüttelte den Kopf. „Non, pas de souci! Je ne suis pas si bête de te provocer. So dumm bin ich nicht. Ich weiß, du würdest nicht zögern, mich zu vernichten. Denn du bist nicht minder eifersüchtig als ich. Aber ich gebe es wenigstens zu.“
„Warum hast du sie dann bei mir gelassen?“
„Ich weiß, was du sie lehren kannst. Das wird es ihr leichter machen. Aber eines kannst du ihr nicht geben.“
„Und das wäre?“
„Das, was sie am meisten braucht. Liebe. Und die wird sie bei mir immer finden.“
Der Lord antwortete ihm mit einem hämischen Lachen. „
Hob
. Warte ab,
hayati
, ob es am Ende noch immer Liebe ist, wonach sie strebt. Wenn Liebe ihr wieder und wieder nichts anderes als Leid gebracht hat. Ich lasse euch eure kostbare Liebe.“ Er spie das Wort angewidert aus. „Aber sie ist ein zu wertvoller Schatz, als dass ich sie gänzlich an dich verschwenden würde.“
Mit dem Gebrüll eines Löwen ging Armand auf seinen einstigen Lehrmeister los, die Hände zu Klauen gekrümmt, die Fänge gebleckt. Seine Beteuerung, den Lord nicht reizen zu wollen, ging unter in der eiskalten Wut, die er über dessen Worte empfand. Er wollte ihn in
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