Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)

Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
Vom Netzwerk:
noch einmal um und erwiderte ihn. Da spürte ich diese innere Verbindung zwischen uns so stark, dass es mir im ersten Moment unerklärlich schien, doch dann verstand ich. Er war nicht länger mein Feind und Peiniger, sondern nur mein Dunkler Bruder. Innerlich waren wir beide einander ähnlicher, als ich bislang angenommen hatte. Ich fühlte seinen Schmerz, seine Sehnsucht, ganz tief in meinem eigenen Herzen.
    „Kaliste, warte!“ Sie blieb stehen und Dracon, der sich ohnehin nicht vom Fleck gerührt hatte, wollte ihr stummes Einverständnis nutzen, um mir ein Stück entgegen zu kommen. Sofort kreuzten die Wächter ihre Speere vor ihm. Ich näherte mich dem Trio äußerlich ohne Furcht, obwohl mir das Herz beim Anblick der Dämonenkrieger in die Hose rutschte. Mein flehender Blick zu Kaliste wurde erhört, sie winkte ihre Garde zu sich. Auge in Auge standen wir voreinander. Ich musste meinen Kopf heben, um ihm in die Augen zu sehen. Da war kein Hass mehr, kein Zorn, keine Gier. Nicht die geringste Spur des blinden Wahnsinns, der ihn auf der Engelsuche geleitet hatte.
    „Ich verstehe dich“, sagte ich leise. „Ich weiß, was du fühlst, wovor du dich fürchtest und wonach du dich sehnst.“ Meine Hand zitterte, als ich sie ausstreckte und seine Wange berührte. Sein Blick huschte verwundert zu meinen Fingern und wieder zurück zu meinem Gesicht. „Ich verzeihe dir, was du in New Orleans getan hast und auch, dass du das Serum gestohlen hast.“
    „Warum?“
    „Weil Verzeihen menschlich ist“, antwortete ich. Dann stellte ich mich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu drücken. Dabei ergriff ich seine Hand, und als ich sie wieder los ließ, blieb Ivankas Strähne darin zurück. „Leb wohl und viel Glück.“
    „Danke.“ Seine Augen zeigten immer noch ungläubiges Staunen, aber der Hauch eines Lächelns spielte um seine Lippen. Er nickte mir zu, ob als Gruß oder als Friedensangebot, wusste ich nicht zu sagen.
    Kaliste nahm unseren schwarzen Engel mit sich. Ich konnte mir nicht helfen, irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es keine Strafe für Dracon geben würde. Dass ihr Eingreifen einzig und allein dazu gedacht war, Lucien zu erniedrigen und auf seinen Platz zu verweisen. Ein Blick in das Gesicht meines Mentors zeigte mir, dass er dieselben Gedanken hatte, und dass er außerdem sehr wütend über das war, was ich zu Dracon gesagt hatte. Vielleicht hätte er mich diese Wut sogar vor Saphyros Kindern und den Lycanern spüren lassen, doch gerade, als er einen Schritt auf mich zu tat, kam der Engel aus seiner Höhle und hob den Blick gen Himmel. Wir taten es ihm gleich und beobachteten staunend, wie sich aus dem Schwarz des Himmels eine graue Gestalt löste, gleich einem Wolkenfetzen. Die Wolke kam näher, das Grau begann, in allen erdenklichen Farben zu schillern, wie feinste Wassertröpfchen, in denen sich die Sonne bricht. Aber wo war hier die Sonne? Ich hielt den Atem an, bekam eine Gänsehaut. Was um alles in der Welt war das?
    Die Wolke steuerte auf den Engel zu, änderte dann aber ihren Kurs, bis sie direkt vor Luciens Füßen landete.
    „Shalom“, erklang eine samtig-dunkle Stimme, der Schleier hob sich, gab den Blick auf das Innere des Nebelgebildes preis. Ein weiterer Engel mit den stechendsten goldenen Augen, die ich je gesehen hatte. Sie schienen geradezu die zerstörerische Kraft der Sonne wiederzuspiegeln. Der siebte Engel der dreizehnten Garde. Seine Züge waren wie aus Eis gemeißelt, kalt und hart. Sein blauschwarzes Haar wurde von unzähligen weißen Strähnen durchzogen. Wie Wasser flossen die Falten seines hellblauen Gewandes um seinen grazilen Körper. Auf seiner Brust schimmerte dunkel und bedrohlich ein schwarzer Kristall, dessen Glanz mir in die Augen stach.
    „Begehrst du es noch immer?“, fragte er, während er auf Lucien zuschritt und ganz offensichtlich den Kristall meinte.
    Mein Lord streckte seine Hand aus und berührte ehrfürchtig das Amulett. Doch dann schüttelte er den Kopf. „Ich gab dir zurück, was ein anderer stahl. Warum hätte ich das tun sollen, wenn ich es noch immer begehrte?“
    Prüfend schaute der Engel ihm ins Gesicht, dann nickte er, wandte sich ab, hüllte sich erneut in seinen Nebelschleier und verschwand in der Höhle, wo er seinen Dienst in diesem Mondzyklus begann. Der Engel der zwölften Garde hingegen war verschwunden.

Lebewohl, geliebtes Kind
     
    Ich überließ Lucien die restlichen Phiolen. Mein Vertrauen zu ihm war ungebrochen,

Weitere Kostenlose Bücher