Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
Geschwistern erweckt, der sich nun durch das Blut immer weiter vererbt. So es sein soll, bis ans Ende aller Zeit.“
„Wo sind sie jetzt? Die Zwei? Wo leben sie?“
„Ich weiß es nicht. Ich selbst habe sie nach meiner Wandlung nur ein einziges Mal gesehen. In einer großen Eishöhle am Polarkreis beim Rat der Ältesten, als unsere Gesetze beschlossen wurden.“
„Wer gehört zu den Ältesten?“
„Alle, die von den Geschwistern selbst erschaffen wurden. Al Melok – die Lords und Ladys.“
Ich war noch immer benommen von dem inneren Kampf der Blutdämonen. Versuchte, mit der Hand die Müdigkeit aus meinen Augen zu wischen und alles, was ich gerade gehört hatte, mit dem, was ich vorher zu wissen glaubte, in Einklang zu bringen.
„Als ich damals zu dir kam, sterblich, da hast du doch gesagt, du wärest der Anfang von uns allen. Und jetzt erzählst du mir von den Geschwistern.“
Er lachte leise. „Ich habe ein klein wenig übertrieben. Weil ich dich beeindrucken wollte,
thalabi
. Verzeih mir diese Angeberei. Schließlich war es doch nicht ganz gelogen, da ich einer der Ältesten bin. Also tatsächlich Anfang und Ende für jene, die von meinem Blute sind, zu meinem Clan gehören.“
Ein weiterer Schauer rann durch meinen Körper. Lucien fasste mich an den Schultern und warf noch einmal einen prüfenden Blick in meine Augen, ehe er zufrieden nickte. Ich hatte keinen Schaden bei dem kleinen Zweikampf davongetragen.
„Wird das wieder passieren? Dass diese beiden Wesen in mir aufeinandertreffen?“
„Das denke ich nicht.“
„Jetzt verstehe ich, warum manche von uns wahnsinnig werden. Wenn wir etwas in uns tragen, dass unsere Seele zerfetzen könnte.“
„Normalerweise geschieht das nicht, weil man bei der Wandlung nur das Blut eines Geschwisterteils erhält.“
„Und wenn es doch geschieht? Dass sich der Dämon gegen uns wendet?“
Er seufzte, weil ich immer nur Fragen stellen konnte. „Es ist heilbar. Dieser Wahnsinn. Wenn es jemanden gibt, der dir dabei hilft. So wie ich dir eben geholfen habe. Und ehe du die nächste Frage stellst, sei lieber still und hör zu. Ich habe zuvor noch nie jemandem von dieser Schwäche erzählt, aber dir werde ich es erzählen. Ich hoffe, du weißt es zu schätzen, wenn ich dir mein dunkelstes Geheimnis anvertraue.“
Ich nickte stumm.
„Ich war 33 Sommer alt, als ich das eldam el aswad erhielt. Lozerian Amunep, ein reicher Kaufmann, mit einer wunderschönen Frau, zwei kräftigen gesunden Söhnen und einer zauberhaften Tochter, die gerade Laufen lernte. Eines Nachts kehrte ich aus dem Geschäft meiner Familie nach Hause zurück, nicht ahnend, dass es der letzte Abend meines sterblichen Lebens war. Kaliste wartete in den Schatten auf mich, hatte mich beobachtet seit vielen Nächten schon und ihre Wahl getroffen. Sie gab mir ihren Blutkuss und ließ mich dann allein zurück. Narimi, mein Weib fand mich bleich und leblos im Hof unseres Anwesens, sie beugte sich weinend und verzweifelt über mich, erweckte durch den süßen Duft ihres jungen Blutes den Dämon in mir zu neuem Leben. Sie wurde mein erstes Opfer. Als mein Hunger gestillt war, und ich sah, was ich getan hatte, floh ich für immer von meinem Zuhause und verfiel aus Verzweiflung über meine Tat in diesen gefährlichen Wahnsinn. Verzweiflung und Angst sind Gefühle, die dir deine Stärke rauben. Ohne Stärke kannst du den Dämon in dir aber nicht kontrollieren. Ich war ein Tier, ein Monster, ein Seelenräuber. Wo immer es nach Hass und Blut roch, suchte ich mein Jagdrevier. Ging des Nachts auf den Schlachtfeldern der Kriege auf Beutezug, eine reich gedeckte Tafel. Dann kam der Ruf der Königin, ob ich wollte oder nicht, die Bestie in mir konnte sich dem Befehl nicht widersetzen. Aber ich war anders als alle anderen Lords und Ladys, ein Raubtier ohne Seele, ohne Verstand. Die Königin ließ mich in Ketten legen, weil ich jeden attackierte, der in meine Nähe kam. Niemand wagte es, sich mir zu nähern, bis auf einen. Ein wunderschöner junger Vampir mit androgynem Antlitz, ein Tempelschüler zu Lebzeiten, der es geschafft hatte, sich die Reinheit seiner Seele über die Wandlung hinaus zu erhalten. Er war meine Rettung. Mit denselben Worten, mit denen ich deinen Dämoneben zum Schweigen gebracht habe, tat er dies einst bei mir. Beschwörungsformeln aus uralten Schriften. Er gab mir seinen Blutkuss, mit dem er mich an sich band. Danach folgte ich ihm wie ein junger Hund, schloss mich ihm an, lernte von ihm
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