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Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)

Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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beobachtete unablässig Jake, der wie gebannt auf den Kessel blickte. Seine Hände zitterten vor Anspannung. Die Kugel sprang aus ihrer Umlaufbahn, fiel klackend in das erste Feld, sprang weiter ins nächste und ins nächste und noch mal ins nächste … und blieb dann liegen.
    „Sieben, schwarz!“, ließ der Croupier verlauten.
    Es war eine von Luciens Zahlen. Jake entglitten die Gesichtszüge. Für einen Moment flackerten Zorn, Verzweiflung und nackter Hass über sein Gesicht. Doch dann fasste er sich wieder, erhob sich langsam und griff nach seiner Jacke.
    „Zu schade“, sagte Lucien leise. Das Bedauern in seiner Stimme bezog sich weniger auf das Spiel, als viel mehr auf das, was geschehen würde, sobald Jake das Casino verließ und sich schutzlos der Nacht preisgab. Er hatte nicht manipuliert. Das hätte dem Ganzen den Reiz genommen. Die Chancen hatten fifty-fifty gestanden, allein das Schicksal hatte entschieden – gegen Jake.
    „Wollen Sie Ihren Gewinn in bar mitnehmen, Mr. Memphis? Oder darf es noch eine Runde Black Jack im Nebenraum sein?“, fragte Dickens beflissentlich.
    „Nein, Dickens, lassen Sie mal. Wie sagte Jake eben? Für heute ist es genug. Zahlen Sie meinen Gewinn auf mein Konto ein. So viel Bargeld macht mich nervös. Ich ziehe mich für heute zurück.“
    Lächelnd drehte er sich zu dem hübschen Callboy um. „Hier, mein Schöner. Dafür, dass du mir Glück gebracht hast“, sagte er und steckte ihm einige Tausend-Dollar-Jetons zu. Dem Jungen blieb der Mund offen stehen, doch Lucien ging einfach an ihm vorbei und verließ den Roulettraum.
    Draußen vor dem Casino zündete Jake sich eine Zigarette an und fluchte leise. Er sah hinreißend aus in seiner Wut, während er sich fragte, wie er nur so verdammt leichtsinnig hatte sein können? Natürlich glaubte er nicht an ein sauberes Spiel. Er fühlte sich betrogen, und machtlos dabei, weil sein Gegner unantastbar war. Energisch klappte er den Kragen seines Jacketts hoch und machte sich auf den Weg zu seinem Hotel. Lucien folgte ihm lautlos. Als er in eine Seitenstraße abbog, um eine Abkürzung zu nehmen, kam Lucien näher, trat bewusst lauter auf, damit Jake ihn hören konnte. Sofort wirbelte dieser herum. Alarmiert, kampfbereit.
    „Sie, Memphis. Was wollen Sie? Für heute haben Sie doch wirklich alles von mir gekriegt. Gedulden Sie sich also bis zum nächsten Mal.“
    „Es gibt kein nächstes Mal, Jake“, antwortete Lucien und kam langsam näher. „Und darüber hinaus habe ich längst nicht alles von dir bekommen, was ich will.“ Seine Muskeln spannten sich an, wie bei einer Raubkatze kurz vor dem Sprung. Jakes Instinkte funktionierten sehr gut, er wich einen Schritt zurück. Doch Lucien trat unaufhaltsam näher. Als Jake sich umdrehte, um wegzulaufen, schnitt er ihm mit einer schnellen Bewegung den Weg ab.
    Angst breitete sich in Jake aus, weil er nicht verstand, wie es möglich war, dass ein Mensch sich so schnell bewegen konnte. Lucien konnte es riechen. Es stachelte den Jagdtrieb in ihm zusätzlich an. Mit Panik in den Augen versuchte Jake in die andere Richtung zu entkommen. Zurück zu den Lichtern – in die Sicherheit der Menschenmenge. Doch er kam nur zwei Schritte weit. Luciens Hände packten seinen Hals und drückten Jake an die Hauswand. Sein dunkler Umhang umwehte ihn wie die riesigen schwarzen Schwingen eines dämonischen Nachtvogels. Tödliches Glitzern in seinen Augen verriet, dass der Jäger seine Beute gestellt hatte. Ein winziges Butterfly-Messer schimmerte in der Dunkelheit, Jake hielt den Atem an.
    „Bitte mich um dein Leben. Vielleicht gewähre ich es dir.“
    Jake nässte seine Hosen. Er fing an, zu weinen, wie ein Kind und stammelte ängstlich. Flehte darum, dass Lucien ihm nichts tun solle. Versprach, ihn nie wieder herauszufordern. Lucien hörte es sich mit geschlossenen Augen an, genoss die Angst seines Opfers. Sie war für ihn so süß wie Honig. Er konnte sie förmlich schmecken. Ein Spiel, das leider immer viel zu schnell vorüber war. Angst war die Würze im Blut der Verdorbenen. Wenn sie sich einem stärkeren Gegner gegenübersahen, den sie nicht einschüchtern konnten. Dann kehrte die Unschuld in ihre Herzen zurück. Die Angst aus ihren Kindertagen. Die Angst zu versagen. All die tausend Ängste, die sie erst an den Abgrund herangeführt und zu einem schlechten Menschen gemacht hatten. Fast so gut wie echte Unschuld. Lucien wollte noch ein wenig mehr davon in Jakes Blut, ehe er es durch seine Kehle

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