Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
rinnen ließ.
„Was würdest du tun, damit ich dich leben lasse?“, fragte er und strich mit dem Butterfly über die weiche Haut der Kehle. Jake keuchte, einige Tropfen Blut quollen aus dem feinen Schnitt.
„Alles!“
„Dann küss mich, mein Schöner.“
Er schob seine Zunge zwischen Luciens Lippen, kostete die Süße die dahinter lag. Lucien spürte, wie heiße Erregung sein Opfer durchflutete, als er den Kuss erwiderte. Ja, Jake, dachte er, schließlich hast du schon weitaus Schlimmeres getan, als dich für einen Mann zur Hure zu machen.
Mit einem glockenhellen Sirren schnellte das Butterfly durch die Luft und schlitzte Jakes Kehle auf. Die schreckgeweitete Augen brachen, wurden matt. Ungläubiges Entsetzen. Mit einem gurgelnden Geräusch stieg das Blut in seinen Mund. Fand von dort den Weg in Luciens Kehle. Heißes, süßes Blut. „Ja, gib es mir. Gib mir alles. Gib mir all deine Sünden, das Böse, das in dir lauert. Gib es mir, ja.“
Bilder kamen und gingen. Betrug, Schlägereien, Drogen. Alles nahm Lucien in sich auf. Saugte fester, wollte mehr. Wollte den Abgrund dieser Seele in sich aufnehmen. Und dann war er da. Der Mord. Das Auto, das mit quietschenden Reifen die unschuldige Seele stellte. Die Pistole blitzte auf, krachend fielen die Schüsse, das Blut strömte aus dem am Boden liegenden Körper, der grotesk zuckte. Und dann war alles dunkel. Jakes Herz schlug noch einmal schwer und langsam und kam dann zum Stehen. Lucien gab die toten Lippen frei. Er spürte, wie dieses verdorbene Blut ihn durchdrang. Spürte es durch seine Adern rasen und sein Herz schneller schlagen. Das Warten hatte sich gelohnt. Für einen kurzen Moment fühlte er Bedauern, dass es so schnell vorüber war. Dass er nicht länger mit Jake gespielt hatte. Ihn gelockt und verführt. Der Kuss war zuwenig gewesen, nach den Monaten des Wartens. Aber dann lächelte er. Da gab es einen, der das Verlangen stillen würde, das Jake in ihm zurückgelassen hatte. Ein besonderer Edelstein, der auf ihn wartete.
Das erschrockene Aufkeuchen in seinem Rücken ließ Lucien herumfahren. Keine fünf Schritte von ihm entfernt stand dieses Juwel. Der junge Mann von heute Abend, der sich ihm so offenkundig angeboten hatte. Dieser wunderschöne Dressman mit den kastanienbraunen Locken und diesen perfekten Lippen.
„Haben Sie … ich meine … ist er tot?“
Lucien nickte. „Er hat bezahlt für seine Sünden. Und du hast alles gesehen?“
Ein Hauch von Angst wehte von Leonardo zu ihm herüber, und er spürte den Impuls des jungen Mannes, wegzulaufen. Doch Lucien war bei ihm, ehe er diesem Gedanken nachkommen konnte und zog ihn in eine heiße, sinnliche Umarmung.
„Bitte, ich werde nichts sagen. Wirklich nicht.“
„Scht! Hab keine Angst, mein Freund. Du wirst nicht sterben.“ Sein Blick senkte sich tief in die Seele des jungen Mannes. Flüsternd vernahm er die Stimme des Lords in seinem Kopf. „Du bist erwählt. Für das Geschenk der Nacht. Vertrau mir.“
Die Anspannung in den kräftigen Muskeln ließ nach. Er verfiel dem sanften Timbre der Stimme. Dem Nebel, den Lucien um seine Seele legte. Dem Verlangen, das er schon im Casino gespürt hatte. Bei jedem Blick, bei jeder Berührung.
„Kommst du mit mir, Leon?“
Ein stummes Nicken war die Antwort. Er würde einen netten Zeitvertreib haben, während seine Füchsin in der Ferne weilte.
Berühmte letzte Worte
Etwas Weiches streichelte mein Gesicht. Ich zuckte im Schlaf zusammen. Instinktiv hob ich die Hand, um mich zu schützen, doch da war nichts. Benommen schlug ich die Augen auf. Dunkelheit. Armand lag ruhig atmend neben mir. Offenbar hatte ich wieder geträumt. Aber diesmal konnte ich mich weder an Blut, noch an eine schwarze Sonne erinnern. Ich konnte mich an gar nichts erinnern. Vielleicht hatte ich von Camille geträumt. Die Beerdigung war erst zwei Tage her. Natürlich hatte ich ihr nicht beiwohnen können, aber ich hatte das frische Grab noch am selben Abend besucht und für sie zur Großen Mutter gebetet.
Seufzend schloss ich wieder die Augen. Draußen war es noch heller Tag, das spürte ich. Besser noch eine Weile schlafen. Doch im selben Moment als ich das dachte, streifte dieses Etwas erneut mein Gesicht. Behutsam schob ich Armands Arm beiseite und erhob mich von unserem gemeinsamen Lager. Etwas flatterte direkt vor mir durch den Gang. Zögernd folgte ich dem Geräusch. Meine Augen waren an die Dunkelheit gewöhnt, dennoch nahm ich nur schemenhaft wahr, was sich vor
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