Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
Engelschor einen Tanz zwischen Himmel und Hölle vorgab, dem sie sich nicht zu entziehen vermochten. So wenig wie Leonardo sich der Macht des Vampirlords entziehen konnte.
Und dann explodierte diese trügerische Welt aus Farben und phantastischen Geschöpfen. Ein ganzer Regen aus bunten Lichtern und schillernden Regentropfen fiel auf ihn nieder. Sein Körper bebte, kleine Rinnsale aus Schweiß liefen daran herab, er war nicht mehr Herr seiner Sinne, bis es endlich seinen Mund füllte. Dieses wundervolle köstliche Elixier. Wie ein Ertrinkender klammerte ersich an Lucien, trank aus der Wunde an dessen Kehle, bis er schließlich erschöpft und befriedigt in den starken Armen seines Liebsten der Traumwelt zustrebte.
„Schlaf jetzt,
djamal
“, flüsterte Lucien in seinen schwindenden Geist. „Ich muss für eine Weile fort. Doch wenn ich zurückkomme, erwartet dich ein ganz besonders Geschenk. Bis dahin soll mein Heim auch das deine sein.“
*
Es war eine ungemütliche Novembernacht. Eisig kalt und von einem schlimmen Schneegestöber geprägt. Ich schlug den gefütterten Kragen meines Mantels hoch und zog den Kopf ein. Selbst für einen Vampir war dies kein Wetter, um sich draußen herumzutreiben. Darum war ich dankbar, als wir endlich den kleinen Gasthof erreichten, wo mich der Bürgermeister Andrea Sergo und der Küster Maximilian Bjalev dieser kleinen Gemeinde erwarten sollten. Von draußen sah das Gebäude ein wenig heruntergekommen aus. Aber was hatte ich erwartet in einem Dorf, das kaum dreihundert Einwohner zählte?
Die Tür quietschte in den Angeln. Mit uns kam auch eine Wolke Schnee zur Tür herein. Sofort richteten sich alle Blicke auf uns. Jeder im Raum hielt den Atem an, was mich nicht wunderte, sicher wirkten wir im ersten Moment wie Dämonen aus der Hölle. Ich mit meinen roten Haaren, die mir nass am Kopf klebten, dem langen, schwarzen Ashera-Mantel und der schneeweißen Haut. Und Armand noch viel mehr, mit seiner unwirklichen Aura, der stolzen, fast schon arroganten Haltung und dem schillernden Grau seiner Iris, das den Vampir nicht ganz verbergen konnte. Ich hoffte nur, dass das Fluoreszieren unserer Augen in dem dämmrigen Licht nicht zu sehr auffiel. Sonst würden wir die braven Bürger vermutlich von dannen jagen, noch ehe ich ein Wort mit ihnen gesprochen hatte. Energisch schüttelte Armand den Schnee aus seinem dunklen Kaschmirmantel. Ich hätte fast losgelacht, als die Umstehenden einen Satz rückwärts machten. Mein Liebster hielt mitten in der Bewegung inne und musterte die Dörfler mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Pardon“, sagte er und versuchte ein Lächeln, bemüht seine Fänge dabei nicht zu zeigen.
Das Glück war wohl auf unserer Seite, denn man schien mich bereits ungeduldig zu erwarten. Der Bürgermeister kam auf uns zugeeilt, half uns, die Mäntel abzulegen und führte uns zur Theke, wo zwei Becher mit dampfendem Tee und einem ordentlichen Schuss Rum vor uns hingestellt wurden. Ich dankte dem Mann hinterm Tresen mit einem freundlichen Nicken und nahm den Becher zwischen meine eisigen Hände.
Auch innen sah das Etablissement nicht viel besser aus. Der Boden war schmutzig. Die Theke klebte von Bier- und Schnapsresten. Rauchschwaden waberten durch die Luft. Es stank nach altem Fett und Alkohol. Als Sterbliche hätte ich hier keinen Bissen essen mögen.
„Ich denken, Sie kommen allein.“
„Armand ist ein guter Freund von mir. Er wird bei dieser Sache eine große Hilfe sein.“
Andrea tat es mit einem gleichmütigen Nicken ab. „Sie besser nicht gekommen bei Nacht“, sagte er dann unruhig. „Wir doch nicht wissen, wer sein Werwolf. Darum sehr gefährlich draußen. Vor allem für Frau.“
„Ich passe schon auf Miss Ravenwood auf“, entgegnete Armand. „Dazu bin ich ja da.“
Nicht wissen, wer der Werwolf ist
. Die alte Legende vom Mensch, der sich bei Vollmond verwandelt. Ich schüttelte im Geiste den Kopf über so viel Unfug. Und was die Gefahr für mein Leben anging: Natürlich konnte er nicht wissen, dass er es mit einem übernatürlichen Wesen zu tun hatte. Das war für meine Gesundheit ebenso wichtig wie für seinen Seelenfrieden. Aber er sollte eigentlich genug über den Ashera-Orden wissen, um meine Fähigkeiten, mich gegen solche Wesen zu verteidigen, nicht zu unterschätzen.
„Haben Silberkugeln dabei?“, fragte er nun. Ich sah ihn verblüfft an. „Wir sein armes Dorf. Nur wenig Silber – drei Kugeln.“
Silberkugeln! Der ganz gewöhnliche
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