Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
Franklin den Atem aus. Im Grunde froh, dass die Entscheidung, was er tun sollte, von selbst gefallen war. „Er sagte, dass Melissa nicht stark genug sei für den Dämon. Armand, ich habe dieses Ding gesehen, das ihr in euch tragt.“
„Ich weiß, wie dieses Ding aussieht.“ Armand klang kalt und gekränkt.
„Nun, ich weiß, ich hätte gar nicht erst darüber nachdenken sollen. Aber ich bin ihr Vater. Ich habe Angst um sie, verstehst du das nicht? Er versprach mir, dafür zu sorgen, dass sie nicht daran zugrunde geht. Aber dafür müsse ich einen Keil zwischen euch beide treiben. Dich von ihr fern halten. Damit er freie Bahn hat, sozusagen.“
„Sozusagen. Und als Überzeugungshilfe sollst du deinen Körper einsetzen. Das ist es, wovon Lucien etwas versteht. Wie man mit Sex seinen Willen durchsetzt. Oder den Willen anderer bricht. Ich hätte nicht gedacht, dass du darauf hereinfällst, Franklin.“
„Verzeih mir, bitte.“
Armand winkte ab. „C’est bon. Schon gut! Es gibt nichts zu verzeihen. Ich verstehe dich, denn ich kenne den Lord. Aber versuch es nie wieder, Franklin. Sie ist aus freien Stücken zu mir zurückgekommen. Keine Macht der Welt kann sie mir jetzt wieder nehmen. Ich würde über Leichen gehen, damit ich sie nie wieder verliere.“
*
Die silberne Schneide blitzte auf und Leonardo zuckte instinktiv zurück. Lucien schlug die Augen nieder und lächelte verschwörerisch. Als sich der Blick des Vampirs wieder hob, ließ er sich einfangen von diesem besonderen Glitzern, das er inzwischen allzu gut kannte.
„Vertrau mir,
gawharate
“, flüsterte er ihm zu.
Vertrauen. Er hätte ihm sein Leben anvertraut. Jederzeit. Darum fürchtete er die Damaszenerklinge nicht. Es war nur ein Impuls gewesen, nichts weiter. Die gewohnte Scheu vor solch scharfen Klingen und den Verletzungen, die sie zu bringen vermochten. Aber nicht, wenn Lucien sie führte. Ganz sicher nicht. Und ein Hauch von Schmerz war mehr als erwünscht. Kühl strich der Stahl über seine Kehle, glitt in die kleine Vertiefung unter seinem Adamsapfel. Lucien drehte das Messer geschickt und ritzte die Haut über dem Schlüsselbein. Ein Stöhnen entrang sich Leonardos Kehle. Sein Geliebter beherrschte dieses Spiel so gut. Mit dem Schmerz, der Lust bereitete. Grenzenlose Lust. Beim nächsten Schnitt floss Blut. Die kühle Zunge, die es aufleckte, linderte das Brennen, steigerte zugleich das Verlangen.
„Mein dunkler Engel“, raunte Leonardo zärtlich und suchte Luciens Mund für einen Kuss.
Er ergriff die Hand, die das Messer hielt und führte sie mit leichtem Druck über seine Brust. Der Schnitt war tiefer als Lucien ihn gesetzt hätte. Aber das Blut reizte den Vampir. Genau das wollte Leonardo erreichen.
Im nächsten Moment senkten sich die Fangzähne tief in das feste Fleisch. Lustvoll bog er seinen Körper dem saugenden Mund und der suchenden Zunge entgegen. Sein Verstand war benebelt vom Blutwein. Ein einmaliger Rausch. Besser als jede andere Droge. Na ja, fast jede. Luciens Blut war natürlich noch besser. Aber nicht so leicht zu bekommen. Sein Gönner war äußerst zurückhaltend, was das anging. Erst ein einziges Mal hatte er ihn das reine Blut kosten lassen. Seitdem konnte Leonardo an kaum etwas anderes denken. Jedes Mal, wenn der Helikopter ihn in Las Vegas abholte, wo Lucien ihm ein teures Zimmer im Luxor zur Verfügung stellte, hoffte er darauf, noch einmal seine Lippen auf die weiche Kehle legen zu dürfen, um den zähen, würzigen Strom zu kosten.
Als sich Luciens Lippen der Stelle zwischen seinen Beinen näherten, brach ihm der Schweiß aus. Das Messer ritzte noch einmal die Innenseite seines Oberschenkels, ehe es klirrend zu Boden fiel. Langsam glitt Luciens Zunge über den tiefen Schnitt. Das Prickeln, als das Fleisch zu heilen begann, war unerträglich gut.
Leonardos Blick hob sich zur Decke des exquisiten Schlafzimmers seines unsterblichen Geliebten. Die Engel und Dämonen, die Lucien mit eigener Hand dort niedergemalt hatte, wurden lebendig, während er tiefer und tiefer in diesen Strudel aus Lust und Verlangen fiel. Orange und gelb tanzten die Flammen. Teufel mit rot- oder purpurfarbener Haut drehten sich im Kreis. Engel in weißen Gewändern, mit blonden Locken, die ihre rosigen Gesichter umrahmten, hielten sich an den Händen oder spielten Harfe und ließen die himmlischen Hörner erklingen. Er hörte die Musik. Spürte die Vibration, die von den stampfenden Füßen der Dämonen rührte, denen der
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