Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
Schwäche oder Unwohlsein. Als ich ihre Hand ergriff und übermütig lachend losrannte, tat sie es mir gleich. Wir überquerten die nur wenig befahrene Straße, schlenderten durch den Central Park, der nicht allzu weit vom Mutterhaus entfernt lag, bis wir uns schließlich ein kleines Straßencafé suchten, wo wir eine Tasse Cappuccino tranken, ehe wir wieder zurückgehen würden.
Nachdenklich betrachtete ich meine Hand, die im Tageslicht einen ungewöhnlichen Schimmer zeigte. Ähnlich wie Perlmutt. Ich wirkte sicher fremdartig auf die Menschen um uns. Das konnte ich an ihren Blicken erkennen. Aber die meisten hielten es für den Effekt eines neuartigen Makeups oder dachten gar nicht erst weiter darüber nach. Unauffällig wären wir ganz sicher nicht, wenn wir mit Hilfe dieses Serums am Tag zwischen den Sterblichen herumlaufen würden. Für den nächsten Ausflug sollte ich getönten Kompakt-Puder als Tarnung benutzen.
„Lass uns zurück gehen, Mel. Es macht keinen Sinn, die Wirkung bis zum Schluss auszureizen.“
Das wollte ich auch nicht. Es genügte mir für den Anfang, mich einige kostbare Stunden wie ein ganz normaler Mensch gefühlt zu haben. Schließlich hatte ich die Möglichkeit, es jederzeit zu wiederholen.
Im Gamblers House lud ich Bernhard Glöckner ein, uns ins Labor zu begleiten. Ich zeigte ihm die Ergebnisse der Forschungen, doch als er darum bat einige Proben von Pettras Blut in den Archiven verwahren zu dürfen, lehnte sie das energisch ab. Ich verstand Glöckners Anliegen, doch ebenso gut verstand ich, warum es für Pettra nicht in Frage kam. Mir vertraute sie. Dem Orden deshalb noch lange nicht. Keinen Einfluss mehr darauf nehmen zu können, was fremde Menschen mit ihrem Blut taten, behagte ihr nicht. Es enttäuschte den Ordensvater, doch er respektierte ihren Wunsch, wie es die Ashera immer tat. Zumindest in schriftlicher Form würden die Tests im Zentralrechner abrufbar bleiben. Dagegen hatte sie nichts. Ich stellte auch einige Bilder aus den Mikroskopen dazu. Anschließend verarbeitete ich die vorhandenen Blutproben zu insgesamt achtunddreißig Serumampullen und schloss alles in einen kleinen Tresor, dessen Schlüssel ich sicher verwahren würde, bis ich damit nach London zurückkehrte. Pettra gönnte mir die Freude an einigen kleinen Ausflügen. Trotzdem wollte sie keine weiteren Ampullen herstellen lassen. Was sie hatte wissen wollen, wusste sie nun. Das Serum war ihr Dankeschön an mich. Mehr würde es nicht davon geben.
Über Nacht verlor sich die Wirkung dieser ersten Dosis. Wenn ich also noch einmal einen Spaziergang in der Sonne machen wollte, würde ich dazu eine weitere Ampulle benötigen. Ich nahm mir vor, sorgsam damit umzugehen. Sie nicht leichtfertig zu verschwenden.
Da Armand und ich uns entschieden, länger in New York zu bleiben und das Bett neben dem Labor zweckdienlich für die Tagesruhe, aber wenig bequem für alles andere war, mieteten wir uns eine Suite im Waldorf-Astoria für genussvolle Abende. In der Tiefgarage fanden wir schnell ein brauchbares Plätzchen für den Tag. Während der Nacht konnten wir alle Vorzüge des Fullservice genießen.
Das Luxus-Hotel war sündhaft teuer, aber das Zimmer schlicht ein Traum. Den Boden bedeckte ein hochfloriger roter Teppich, die Sitzmöbel waren aus edelstem Leder und das Bett ein herrliches großes Wasserbett, in dem wir gleich zu Anfang eine ausgelassene Kissenschlacht veranstalteten, ehe wir uns ein heißes Bad einließen und beim Zimmerservice den besten Champagner des Hauses bestellten, den sogar mein Liebster zur Feier des Tages und mir zum Gefallen trank.
„Das ist geradezu dekadent“, gluckste ich.
„Sieh es als unsere zweiten Flitterwochen“, meinte Armand schmunzelnd und schlang seine Arme um meine Taille, um mich im dampfenden Wasser fester an sich zu ziehen. Dabei schwappte ein wenig Champagner aus meinem Glas und traf kalt und prickelnd auf meine nackte Haut, sodass ich kurz aufkeuchte. Das Spiel seiner Bauchmuskeln in meinem Rücken, die sich vor Erregung anspannten, ließ ein erwartungsvolles Zittern durch meinen Körper laufen. Ich ließ Champagner, Champagner sein – das Glas zerbarst klirrend auf den Marmorfließen – und drehte mich um, sodass sich meine Hüften gegen seine Lenden schmiegten. Dekadente Flitterwochen – oh ja! Wir lagen in der riesigen Badewanne aus grauem Marmor, Schaumkronen schwammen neben Rosenblüten auf der Wasseroberfläche. Die Wärme des Sprudelbades perlte über uns hinweg,
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