Ruf des Blutes 3 - Dämonenring (German Edition)
konzentriert und angespannt stand, über ihm eine dunkelgraue Wolke voller Regenwasser. Woher …? Doch dann wurde es mir schlagartig klar. Der Brunnen auf dem Petersplatz. Armand hatte meine Idee aufgegriffen und sie mit einer riesigen Menge Wasser umgesetzt. Die Wolke näherte sich dem Sapyrion, der mit drohendem Gebrüll langsam zurückwich. Doch seine Beute lag zwischen ihm und der Wolke. Ohne sie wollte er diesen Ort nicht verlassen. Wir hechteten beide auf die Schatulle zu, ich war schneller, erwischte sie mit dem Fuß und brach mir schmerzhaft die Zehen, als ich sie außerhalb seiner Reichweite stieß. Im selben Moment erreichte uns die Regenwolke und öffnete ihre Schleusen. Das Zischen von hundert Dampfkesseln erfüllte den Raum, der anschließend in undurchdringlichem Dunst lag. Die Schmerzensschreie des Sapyrions hallten von den Wänden, seine Haut nahm eine grauweiße Färbung an, er zitterte und brach auf dem Boden vor dem Altar zusammen. Ich reagierte, ohne nachzudenken, ignorierte den Schmerz in meinen Händen, als ich ihn an den Armen packte, die noch immer heiß waren wie ein aktiver Vulkan, und schleuderte den geschwächten Körper Richtung Altar. Der Sapyrion spreizte seine mächtigen Schwingen genau in dem Moment, in dem sein Torso auf den Überresten des Bronzethrons aufschlug. Ein spitzer Pfahl vom gesplitterten Bischofssitz des Petrus ragte aus seiner Brust, hatte das Herz durchbohrt. Ungläubig starrte der Dämon das blutverschmierte Holz an, seine Klauen umfassten das Ende und rissen es heraus. Blut strömte aus der Wunde, floss zischend zu Boden. Noch einmal schlug der Dämon mit seinen Flügeln, kam mit aufgerissenem Maul auf mich zu, ehe er zusammenbrach. Sein Körper schlug auf dem Steinboden auf, er zuckte noch mal, dann löste sich die Gestalt in Rauch und Nebel auf. Es folgte eine beängstigende Stille.
Suchend blickte ich mich um, sah die offene Steinschatulle unter der halb zerbrochenen Figur der heiligen Veronika. Einige Kristalle waren aus dem Behältnis gefallen. Ich sammelte sie mechanisch ein. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Armand zu der Stelle ging, wo der Sapyrion zusammengebrochen war. Er kniete sich hin und untersuchte den dunkelroten Fleck, der das Ableben unseres Gegners markierte. All das nahm ich nur verschwommen wahr. Mein Blick war auf die schimmernden Kristalle in meiner Handfläche gerichtet. Die Macht, das Schicksal der Welt zu beeinflussen. Meine Hand zitterte, die Tränen schienen zu leben, sie bewegten sich, funkelten in allen Farben, ich konnte sie flüstern hören.
„Wage es, wage es, das Schicksal liegt in deiner Hand.“
Ich hatte nicht gemerkt, dass Armand schon wieder zu mir getreten war. Mit seiner Linken umfasste er sanft mein Handgelenk. Mit der Rechten schloss er meine Finger über den Kristalltränen.
„Denk nicht mal daran. Leg sie zurück und lass uns die Schatulle zu Franklin bringen, ehe die gestreiften Ameisen hier wieder auftauchen. In den Händen der Ashera werden die Tränen sicherer sein und keinen Schaden mehr anrichten.“
Mein Wille geschehe
Hier auf der Plattform zwischen den Welten stand die Zeit still. Licht und Finsternis kämpften nicht länger um eine Vormachtstellung, sondern hatten beide verloren. Es herrschte der Zustand des Nichtseins. Weder laut noch leise, weder kalt noch heiß, weder dunkel noch hell.
Zwei Wesen trafen aufeinander, wie sie unterschiedlicher kaum sein konnten. Herrscher und Diener. Ein langer Umhang verhüllte den Körper der einen Gestalt, die Kapuze so tief ins Gesicht gezogen, dass man nicht erahnen konnte, was sich in ihren Tiefen verbarg. Die Haltung zeugte von Stolz und Selbstbewusstsein. Sie trug keine Waffen, was in diesen Gefilden leicht als Selbstmord galt. Doch ihr drohte keine Gefahr, dessen war sie sich bewusst. Auch wenn niemand wusste, wer sich da verbarg, die Essenz von Dunkelheit und Gefahr hielt selbst die tückischsten Dämonen davon ab, sich zu nähern und den Träger des Umhangs anzugreifen.
Unterwürfig kniete ein Wesen im Staub zu seinen Füßen, das um die Herkunft des Trägers wusste, weil dieser selbst es ihm gesagt hatte. Die Lippen der grotesken Kreatur waren gierig auf den Edelstein gepresst, der vom Blut im Silber des Ringes genährt wurde. Es war widerlich, doch nicht zu ändern. Ohne die Dienste eines Handlangers war der Plan aussichtslos.
„Bring mir die anderen. Und denke daran, es gibt nur einen Weg, wie du sie anlocken kannst. Die beiden anderen
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